Wirtschaftskriminalität im Lebensmittelbereich

Wirtschaftskriminalität im Lebensmittelbereich

Beitragvon Kira » Sonntag 15. November 2015, 09:12

Wirtschaftskriminalität im Lebensmittelbereich


Donnerstag, 26.11.2015 - 18:15 Uhr

Sind wir alle Opfer? Wahrnehmung und Bewertung von Risiken im Lebensmittelbereich aus Verbrauchersicht.

Vortrag von Dr. Pamela Kerschke-Risch, Fachbereich Sozialwissenschaften, Universität Hamburg, Allende-Platz 1 D-20146 Hamburg

Vortragsreihe Winter 2015

Abstract

In der kriminologischen Forschung sind bislang in erster Linie Gewalt- oder Eigentumsdelikte untersucht worden, während der Bereich der Wirtschaftskriminalität nur wenig empirisch erforscht wurde. Eine Besonderheit stellen dabei Delikte im Zusammenhang mit Lebensmitteln dar, die in der Kriminologie bislang so gut wie gar keine Beachtung gefunden haben. Obgleich Lebensmittelskandale und Delikte im Lebensmittelbereich kein neues Phänomen sind und weltweit auftreten, ist über die Opfer, ihre Wahrnehmungen und Reaktionen, so gut wie nichts bekannt.
In dem Vortrag werden Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Studie „Geschlechtsspezifische Aspekte bei der Lebensmittelwahl“, in der u.a. auch Viktimisierungserfahrungen deutscher Konsumenten im Lebensmittelbereich erhoben wurden, vorgestellt.
Ein wichtiges Ergebnis ist, dass Konsumenten als Opfer ähnlich reagieren wie Opfer klassischer Delikte: Sie versuchen subjektive Risiken zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Während Gewaltopfer z.B. dunkle Plätze meiden, verändern Konsumenten ihr Einkaufsverhalten oder verzichten auf bestimmte Produkte.
Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass nur ein sehr geringer Anteil aller Delikte im Lebensmittelbereich bekannt bzw. von den Konsumenten wahrgenommen wird, was aber trotzdem zu Unsicherheiten und entsprechenden Handlungskonsequenzen führen kann.

http://www.hsfs.org/de/Info/termine.php?we_objectID=143

Kerschke-Risch, Pamela

Wirtschaftskriminalität im Lebensmittelbereich - Globalisierung, Recht und Kontrolle am Beispiel belasteter Futtermittel

16:45

Pamela Kerschke-Risch

Wirtschaftskriminalität im Lebensmittelbereich - Globalisierung, Recht und Kontrolle am Beispiel belasteter Futtermittel

SPEAKER: Pamela Kerschke-Risch


ABSTRACT. Gegenstand kriminologischer Forschungen sind bislang in erster Linie Gewalt- oder Eigentumsdelikte gewesen, während der Bereich der Wirtschaftskriminalität nur wenig empirisch erforscht wurde. Eine Besonderheit stellen dabei Delikte im Zusammenhang mit Lebensmitteln dar. Am Beispiel eines Lebensmittelskandals aus dem Jahr 2013 wird exemplarisch aufgezeigt, wie trotz der strengen EU-Gesetze aflatoxinbelastetes Futtermittel aus einem Nicht-EU-Land, nämlich Serbien, in die Bundesrepublik Deutschland importiert und in Verkehr gebracht werden konnte. Aflatoxin ist ein hochgiftiger, weltweit natürlich vorkommender karzinogener Schimmelpilz, der z.B. über Futtermittel in die Milch übergehen kann, die dadurch belastet ist. Diese belastete Milch sowie die daraus weiterverarbeiteten Produkte können dann insbesondere für Babys und Kleinkinder eine ernstzunehmende, im schlimmsten Fall tödliche Gesundheitsgefährdung darstellen. Aufgrund extremer Wetterbedingungen zur Erntezeit im Jahr 2012 und fehlender Trocknungsanlagen war serbischer Futtermais stark von dem Schimmelpilz befallen und hätte nicht in Mitgliedsländer der EU exportiert werden dürfen, da die dort geltenden Höchstwerte um ein Vielfaches überschritten wurden. In der EU existiert für derartige Probleme im Zusammenhang mit Lebens- oder Futtermitteln ein gut funktionierendes Schnellwarnsystem. Somit ist davon auszugehen, dass, obwohl alle Beteiligten frühzeitig über die Kontamination mit Aflatoxin und die in der EU geltenden Grenzwerte informiert gewesen sein müssen, das belastete Futtermittel wissentlich in Umlauf gebracht wurde. D.h., die Akteure werden sich nach entsprechender Risikokalkulation auf Grund des erwarteten wirtschaftlichen Nutzens bewusst dazu entschieden haben. Illegale Praktiken im Lebens- und Futtermittelbereich sind zwar kein neues Phänomen, jedoch begünstigen die im Zusammenhang mit der Globalisierung immer unüberschaubareren internationalen Warenströme nicht rechtskonforme Wirtschaftsaktivitäten gerade auch bei Lebensmitteln. Es wird angenommen, dass die typischen Motive im Bereich von White-collar Crime im Allgemeinen, nämlich finanzieller Gewinn bzw. die Vermeidung wirtschaftlicher Verluste, denen im Bereich der Lebensmittelkriminalität gleichen und somit nicht das Ergebnis unglücklicher Umstände sind. Am Beispiel dieses Skandals lässt sich zeigen, dass die in der EU bestehenden Gesetze zwar ausreichend sind, nicht aber die Kontrollen. Somit sind Lebensmittelskandale weder als ein individuelles oder nationales, sondern ein über Grenzen hinausgehendes und damit auch weltweites Problem anzusehen. Ziel soll es dabei nicht sein zu kriminalisieren, sondern das Rechtsbewusstsein zu fördern, um damit auch den Verbraucherschutz zu stärken und Verbraucherverunsicherungen entgegenzuwirken.


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