Pfalz: Ludwigshafen
Chronisch krank durch Schadstoffe in der Schule?
Berufungsverfahren am Oberverwaltungsgericht Koblenz
LUDWIGSHAFEN (höj). Eine fehlerhaft verarbeitete Silikonfuge war der Übeltäter, der einen Studienrat krank gemacht haben soll (wir berichteten). Nachdem im Ludwigshafener Carl-Bosch-Gymnasium neue Fenster eingebaut worden waren, traten erhöhte Schadstoffmengen aus.
Nun will der Lehrer die Anerkennung seiner Krankheit als DIENSTUNFALL erklagen. Vor einem Jahr scheiterte er damit vorm Verwaltungsgericht Neustadt, seine Berufung verhandelte nun das Oberverwaltungsgericht in Koblenz.
Über pelzartigen Mundbelag, Brennen in Augen, Mund und Hals, Schwindel, Ermüdung, Übelkeit, Hautreizungen und Sehkraftschwächung klagte der Studienrat, nachdem er sich im Jahre 2005 mehrfach kurzzeitig den Ausdünstungen im Unterrichtsraum ausgesetzt sah. Eine Raumluftmessung ergab denn auch eine ERHÖHTE Konzentration von Stoffen, die in Lösungs- und Holzschutzmitteln enthalten sind.
Unzählige Arztbesuche hat der Lehrer bereits hinter sich und ebenso unzählige Atteste legte er vor. Dennoch ergaben die AMTSÄRZTLICHEN Untersuchungen, dass kein Zusammenhang zwischen der Schadstoffausdünstung und dessen anhaltenden Körperschäden bestehe. Nun sollte ein weiteres GUTACHTEN Aufschluss bringen.
Dem Gerichtssaal blieb der Kläger fern, fürchtete er doch "von der Presse bestürmt" zu werden. Dafür hatte sein Verteidiger Mathias Hehr gleich einen ganzen Fragenkatalog zusammengestellt, den das Gericht mit Gerhard TRIEBIG, Direktor des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Heidelberg, durcharbeitete.
Jener hatte das erneute Gutachten erstellt, nachdem der Kläger im Mai 2009 nochmals untersucht worden war.
Auch Triebig kam zu dem Schluss, dass die damaligen Beschwerden in direkter Folge der Belastung "durchaus nachvollziehbar" seien. Die anhaltende Nervenschädigung allerdings, über die der Lehrer klagt, könne nicht dadurch verursacht worden sein, so Triebig.
Wäre diese Schädigung toxisch verursacht, würde sie sich VERMINDERN, wenn man den Schadstoffen nicht mehr ausgesetzt ist.
Ein früheres amtsärztliches Urteil ergab zudem, dass die Konzentration der ausgetretenen Chemikalien zu gering gewesen sei, um selbst bei längerem Kontakt damit dauerhafte Beschwerden zu verursachen.
Der Lehrer klagt jedoch dreieinhalb Jahre nach dem Vorfall immer noch über Symptome.
Wie aus der Neustadter Urteilsbegründung hervorgeht, hatten laut den Angaben des Klägers damals auch andere KOLLEGEN und Schüler "erhebliche Befindlichkeitsstörungen" gezeigt.
Dem SCHULLEITER hingegen kamen zwar Beschwerden über die schlechte Raumluft zu, allerdings keine Krankheitsmeldungen. Auch bei der Unfallkasse seien keine Vorfälle bekannt.
Dem Studienrat wurde über einen längeren Zeitraum Dienstunfähigkeit attestiert.
Seit einiger Zeit kann er mit vermindertem Stundenumfang wieder unterrichten - heute jedoch an einem anderen Gymnasium in der Vorderpfalz.
Verteidiger Hehr bestand nach der Besprechung des Gutachtens von Triebig auf ein erneutes Gutachten, das allerdings vom Gericht abgelehnt wurde. Das Urteil ergeht in den kommenden Wochen.