Non-Hodgkin-Lymphome: Persistierende Organochlorverbindungen als Auslöser?
SEATTLE. Der Nachweis von persistierenden Organochlorverbindungen (POP) im Blut war in einer Fall-Kontroll-Studie in Cancer Research (2005; 65: 11214-11226) mit einem erhöhten Risiko verbunden, an einem Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) zu erkranken.
Das NHL gehört zu den Krebserkrankungen, deren Häufigkeit in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat. Umweltmediziner vermuten seit langem einen Zusammenhang mit der gestiegenen Belastung durch POP in der Umwelt. Zu diesen POP gehören beispielsweise synthetische polychlorierte Biphenyle (PCBs), die seit mehr als einem Vierteljahrhundert nicht mehr produziert werden, die aber noch in der Umwelt vorhanden und auch im menschlichen Blut nachweisbar sind. Ebenfalls zu den POP gehören Furane. Diese entstehen bei der Müllverbrennung und anderen industriellen Prozessen. Die Umweltbelastung ist aber geringer als bei den PCB.
Anneclaire de Roos und Mitarbeiter des Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle haben jetzt bei hundert Patienten mit noch unbehandeltem NHL und bei hundert Kontroll-Personen die Konzentration verschiedener PCB sowie von Furanen, Dioxinen und Pestiziden im Blut bestimmt. Viele Werte waren bei den NHL-Patienten deutlich erhöht. Für die coplanaren PCB 156, 180 und 194 wurden Odds Ratios (Vergleich der Patienten im obersten und untersten Viertel der Belastung) von 2,7 bis 3,5 gefunden mit signifikantem Trend. Auch die untersuchten Furane waren mit dem NHL-Risiko assoziiert.
Für die Gesamtkonzentration der Furane wurde ein um den Faktor 3,5 erhöhtes Risiko gefunden. Die Forscher legten ihrer Analyse einen „toxic equivalency quotient (TEQ)“ zugrunde, der die dioxinartigen Eigenschaften der einzelnen Furane angibt. Jeder Anstieg der Furane um 10 TEQ pg/g Fett erhöhte das Risiko auf ein NHL um 35 Prozent (Odds Ratio 1,35; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,02-1,79).
Da bereits frühere Untersuchungen ähnliche Ergebnisse gezeigt haben, erscheinen die Ergebnisse eindeutig. Dennoch ist der Zusammenhang nicht bewiesen, da es Gegenbeispiele gibt. So ist das NHL-Risiko bei Arbeitern mit einer erhöhten arbeitsmedizinischen Belastung mit PCB nicht erhöht. De Roos fordert deshalb weitere Untersuchungen. Dies könnten prospektive Beobachtungsstudien sein, in denen zunächst die Belastung bei Gesunden bestimmt wird, um dann zu untersuchen, ob die exponierten Personen häufig erkranken.
5. Dezember 2005
Deutsches Ärzteblatt
Non-Hodgkin-Lymphome: Persistierende Organochlorverbindungen als Auslöser?