Gefährdungspotential in der Textilindustrie
Arbeiter einer Textilfabrik, die gegenüber Titandioxid, Acrylaten, Ammoniumäther, Gerbsäure, Zeolit, Nylonfasern, Alkohol-Ammoniumsulfat-Gemischen, Öl und Bioaerosolen exponiert waren und ständige Atemwegssymptome zeigten, wurden Lungenfunktionstests, Blutanalysen, Röntgen-Thoraxaufnahmen und einer hochauflösenden Computertomographie unterzogen. Eingehende klinische Untersuchungen erfolgten bei 42 der derzeit 148 Beschäftigten. In acht Fällen (7 Männer, 1 Frau; Durchschnittsalter 43 ±12 Jahre) wurde die Diagnose Flock-Worker's Lung gestellt. Zwei von ihnen litten an chronischem trockenen Husten und Atemnot, sechs klagten über eine progredierende Verschlechterung des trockenen Hustens und der Atemnot. Zwei berichteten über intermittierende atypische Brustschmerzen. Die durchschnittliche Latenzzeit bis zu den ersten Symptomen betrug sechs Jahre. Lediglich zwei Betroffene berichteten über arbeitsplatzbezogene Symptome. Die Lungenfunktion war bei einem Arbeiter normal, bei zwei geringfügig obstruktiv; fünf wiesen eine mittel- bis schwergradige Atemwegsobstruktion mit eingeschränkter Diffusionskapazität auf.
Die Autoren machen auf ein bis jetzt weitgehend unbekanntes Risiko für die Entwicklung von interstitiellen Lungenerkrankungen in der Textilindustrie aufmerksam und bringen Nylonfaserstäube mit diesem Krankheitsbild in einen ursächlichen Zusammenhang. Auch eigene Einzelfallbeobachtungen sind damit vereinbar. Es bedarf zusätzlicher, v. a epidemiologischer, Untersuchungen, um diese ersten Beobachtungen zu bestätigen, die zugrundeliegenden Pathomechanismen aufzudecken und geeignete Präventionsstrategien zu entwickeln.
Kern DG, Crausman RS, Kate TH, Durand MHS, Nayer A, Kuhn C: Flock workers. s lung: chronic interstitial lung disease in the nylon flocking industry. Ann Intern Med 1998;129:261-272