Rapsöl - Wie umweltschädlich der Biokraftstoff ist

Rapsöl
Wie umweltschädlich der Biokraftstoff ist
Autor: Holger Balodis
MDR, Dienstag, 3. April 2007
Bei Ludger Ferner stehen 1.000 Liter Rapsöl in der Garage. Die braucht er nicht für den grünen Salat zum Mittag, sondern zum Tanken. Denn Familie Ferner fährt mit Rapsöl statt Benzin: \"Wir fahren jetzt schon zwei Jahre damit, völlig sorgenfrei. Wie ein Serienauto.\"
80 Cent zahlt Ludger Ferner für einen Liter Rapsöl. Ein Liter Diesel kostet im Vergleich dazu 1,10 Euro. Doch nicht nur privat fährt Ferner erfolgreich mit dem Biokraftstoff. Mit seiner Firma verkauft er Rapsöl im Großhandel, baut Tankstellen und verantwortet die Umrüstung von Motoren. In den letzten Jahren ist die Nachfrage enorm gestiegen, erzählt Ferner: \"Wir haben einen regelrechten Hype auf die Technik erlebt, nachdem wir beweisen konnten, wir sind seriennah. Wir haben 300 Tankstellen in Deutschland inzwischen. Der Markt wächst, wächst, wächst.\"
Mit Ludger Ferners Erfolg könnte es schon bald vorbei sein, vermutet der Toxikologe Jürgen Bünger vom Forschungsinstitut der Berufsgenossenschaften. Gemeinsam mit der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, der Universität Göttingen und der Fachhochschule Göttingen hat er Rapsölabgase getestet. Dabei wurden Abgaspartikel von Rapsöl mit denen von normalem Diesel verglichen. Das Ergebnis ist eindeutig. Das Krebsrisiko, ist viel zu hoch, wenn Rapsöl im Dieselmotor verbrennt, berichtet Bünger. \"Unsere Messungen ergaben in der ersten Testreihe ein mindestens zehnfach erhöhtes Risiko. In der zweiten Testreihe waren die Ergebnisse noch schlechter, das heißt die krebserregenden Substanzen waren noch höher.\"
Der Toxikologe Jürgen Bünger wollte wissen, wie stark die Gesundheit des Menschen tatsächlich gefährdet ist. Dazu hat er Proben von Rußpartikeln entnommen und auf Salmonellenstämme aufgetragen. Dort haben die Rußpartikel Mutationen im Erbgut auslöst. An der Anzahl der Mutationen konnte der Wissenschaftler das Krebsrisiko für den Menschen ablesen. Während bei normalem Diesel knapp 50 Mutationen pro Liter nachgewiesen werden konnten, gab es beim Rapsöl 1.400 Mutationen. Das ist ein dreißigfach erhöhtes Risiko. Diese hohen Werte finden sich ausschließlich bei nativem Rapsöl, mit dem tausende LKWs in Deutschland fahren.
[plusminus hat beim Umweltbundesamt erfragt, wie ernst die Ergebnisse genommen werden. Das erhöhte Krebsrisiko sei besorgniserregend, sagt Axel Friedrich vom Umweltministerium. Außerdem würden die mit Rapsöl betriebenen Fahrzeuge zulässige Stickoxidgrenzen überschreiten. \"Wenn die Daten sich bestätigen, dann muss man hier Maßnahmen treffen, dass solche Fahrzeuge nicht mit reinem Rapsöl betrieben werden\", fordert Friedrich.
[plusminus hat sich bei den führenden LKW-Herstellern erkundigt: DaimlerChrysler, MAN, Scania und Renault teilten mit, dass sie keine Freigabe für Rapsöl erteilen würden. Und dennoch sind weiterhin tausende LKW mit Rapsöl unterwegs. Das zu regeln ist Aufgabe des Bundesverkehrsministeriums. Ein Interview hat [plusminus nicht bekommen, wurde aber daraufhingewiesen, dass eine Anpassung der Vorschriften noch geprüft werde.
An der Studie beteiligt war auch das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Der zuständige Staatminister Gert Lindemann sieht jedoch noch keinen Handlungsbedarf: \"Man bewertet im Einzelfall, wie hoch das Risiko ist. Und wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass das Risiko gegen Null tendiert, dann muss man mit solchen Risiken leben.\"
[plusminus konfrontiert den Staatssekretär daraufhin mit den Zahlen aus der Studie der eigenen Bundesbehörde. Der Toxikologen Jürgen Bünger hatte von einem dreißigfachen Wert im Vergleich zu Dieselabgas gesprochen. Doch Gert Lindemann hält die Ergebnisse klein. \"Das Problem ist, von welchem Ausgangswert man ausgeht. Wenn der Wert für normales Diesel dicht bei Null liegt, dann ist das Dreißigfache immer noch relativ dicht bei Null.\"
Eine kleine Rechnung widerlegt das Urteil des Staatsministers: Der dreißigfache Wert der Mutationen lag bei 1.400. Dieser Wert ist weit von der Null entfernt. Doch Umwelt- und Verkehrsministerium halten sich zurück. Sie wollen Rapsöl als Treibstoff derzeit nicht verbieten. Im Gegenteil: Rapsöl als Kraftstoff wird steuerlich begünstigt. Während auf Normaldiesel 47 Cent Steuern anfallen, bekommt das Finanzministerium für Rapsöl derzeit zwei Cent pro Liter.
Gegen das Rapsöl zum Salat spricht jedoch nichts. Als Lebensmittel ist es völlig unbedenklich.
http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,ivskaseqxl2odscn~cm.asp
Wie umweltschädlich der Biokraftstoff ist
Autor: Holger Balodis
MDR, Dienstag, 3. April 2007
Bei Ludger Ferner stehen 1.000 Liter Rapsöl in der Garage. Die braucht er nicht für den grünen Salat zum Mittag, sondern zum Tanken. Denn Familie Ferner fährt mit Rapsöl statt Benzin: \"Wir fahren jetzt schon zwei Jahre damit, völlig sorgenfrei. Wie ein Serienauto.\"
80 Cent zahlt Ludger Ferner für einen Liter Rapsöl. Ein Liter Diesel kostet im Vergleich dazu 1,10 Euro. Doch nicht nur privat fährt Ferner erfolgreich mit dem Biokraftstoff. Mit seiner Firma verkauft er Rapsöl im Großhandel, baut Tankstellen und verantwortet die Umrüstung von Motoren. In den letzten Jahren ist die Nachfrage enorm gestiegen, erzählt Ferner: \"Wir haben einen regelrechten Hype auf die Technik erlebt, nachdem wir beweisen konnten, wir sind seriennah. Wir haben 300 Tankstellen in Deutschland inzwischen. Der Markt wächst, wächst, wächst.\"
Mit Ludger Ferners Erfolg könnte es schon bald vorbei sein, vermutet der Toxikologe Jürgen Bünger vom Forschungsinstitut der Berufsgenossenschaften. Gemeinsam mit der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft, der Universität Göttingen und der Fachhochschule Göttingen hat er Rapsölabgase getestet. Dabei wurden Abgaspartikel von Rapsöl mit denen von normalem Diesel verglichen. Das Ergebnis ist eindeutig. Das Krebsrisiko, ist viel zu hoch, wenn Rapsöl im Dieselmotor verbrennt, berichtet Bünger. \"Unsere Messungen ergaben in der ersten Testreihe ein mindestens zehnfach erhöhtes Risiko. In der zweiten Testreihe waren die Ergebnisse noch schlechter, das heißt die krebserregenden Substanzen waren noch höher.\"
Der Toxikologe Jürgen Bünger wollte wissen, wie stark die Gesundheit des Menschen tatsächlich gefährdet ist. Dazu hat er Proben von Rußpartikeln entnommen und auf Salmonellenstämme aufgetragen. Dort haben die Rußpartikel Mutationen im Erbgut auslöst. An der Anzahl der Mutationen konnte der Wissenschaftler das Krebsrisiko für den Menschen ablesen. Während bei normalem Diesel knapp 50 Mutationen pro Liter nachgewiesen werden konnten, gab es beim Rapsöl 1.400 Mutationen. Das ist ein dreißigfach erhöhtes Risiko. Diese hohen Werte finden sich ausschließlich bei nativem Rapsöl, mit dem tausende LKWs in Deutschland fahren.
[plusminus hat beim Umweltbundesamt erfragt, wie ernst die Ergebnisse genommen werden. Das erhöhte Krebsrisiko sei besorgniserregend, sagt Axel Friedrich vom Umweltministerium. Außerdem würden die mit Rapsöl betriebenen Fahrzeuge zulässige Stickoxidgrenzen überschreiten. \"Wenn die Daten sich bestätigen, dann muss man hier Maßnahmen treffen, dass solche Fahrzeuge nicht mit reinem Rapsöl betrieben werden\", fordert Friedrich.
[plusminus hat sich bei den führenden LKW-Herstellern erkundigt: DaimlerChrysler, MAN, Scania und Renault teilten mit, dass sie keine Freigabe für Rapsöl erteilen würden. Und dennoch sind weiterhin tausende LKW mit Rapsöl unterwegs. Das zu regeln ist Aufgabe des Bundesverkehrsministeriums. Ein Interview hat [plusminus nicht bekommen, wurde aber daraufhingewiesen, dass eine Anpassung der Vorschriften noch geprüft werde.
An der Studie beteiligt war auch das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Der zuständige Staatminister Gert Lindemann sieht jedoch noch keinen Handlungsbedarf: \"Man bewertet im Einzelfall, wie hoch das Risiko ist. Und wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass das Risiko gegen Null tendiert, dann muss man mit solchen Risiken leben.\"
[plusminus konfrontiert den Staatssekretär daraufhin mit den Zahlen aus der Studie der eigenen Bundesbehörde. Der Toxikologen Jürgen Bünger hatte von einem dreißigfachen Wert im Vergleich zu Dieselabgas gesprochen. Doch Gert Lindemann hält die Ergebnisse klein. \"Das Problem ist, von welchem Ausgangswert man ausgeht. Wenn der Wert für normales Diesel dicht bei Null liegt, dann ist das Dreißigfache immer noch relativ dicht bei Null.\"
Eine kleine Rechnung widerlegt das Urteil des Staatsministers: Der dreißigfache Wert der Mutationen lag bei 1.400. Dieser Wert ist weit von der Null entfernt. Doch Umwelt- und Verkehrsministerium halten sich zurück. Sie wollen Rapsöl als Treibstoff derzeit nicht verbieten. Im Gegenteil: Rapsöl als Kraftstoff wird steuerlich begünstigt. Während auf Normaldiesel 47 Cent Steuern anfallen, bekommt das Finanzministerium für Rapsöl derzeit zwei Cent pro Liter.
Gegen das Rapsöl zum Salat spricht jedoch nichts. Als Lebensmittel ist es völlig unbedenklich.
http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,ivskaseqxl2odscn~cm.asp