BUND zu Nanopartikel in Lebensmittel

BUND zu Nanopartikel in Lebensmittel

Beitragvon Maria » Dienstag 11. März 2008, 20:18

11. März 2008
Nanopartikel in Lebensmitteln: unsichtbar, kaum auf Risiken geprüft, gesetzlich ungeregelt. Bundesregierung muss Verkaufsstopp beschließen

Berlin: Obwohl es eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Belege für mögliche Gesundheits- und Umweltgefahren gibt, werden nach Recherchen des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) im Lebensmittelbereich nachweislich in rund einhundert zum Teil auch in Deutschland verkauften Produkten Nanomaterialien eingesetzt. Die Hersteller dieser Produkte, dabei handelt es sich neben Lebensmitteln vor allem um Nahrungsergänzungsmittel, Küchenartikel, Verpackungen und Agrochemikalien, verschweigen oft die Verwendung von Nanomaterialien. Zudem fehlen gesetzlich vorgeschriebene Tests, um Verbraucher und Umwelt ausreichend vor den Risiken zu schützen, die besonders im Lebensmittelbereich von den winzigen Nanopartikeln ausgehen können. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der ersten umfangreichen Studie zur Anwendung synthetischer Nanomaterialien im Lebensmittelsektor, die der BUND heute gleichzeitig mit seinen Partnerorganisationen von \"Friends of the Earth\" in Australien, Europa und den USA veröffentlicht hat.

Zu den Firmen, die Nanopartikel für den Lebensmittelbereich herstellen, gehören BASF und Evonik (vormals Degussa). Nanopartikel messen nur wenige hundert Nanometer und sind damit etwa 50000 Mal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Sie wirken chemisch und physikalisch zumeist stärker als größere Teilchen des gleichen Stoffes und können leichter in Zellen, Gewebe und Organe eindringen. Ihre stärkere biologische Reaktionsfähigkeit kann auch zur höheren Toxizität führen. Beispielsweise kann der sonst unbedenkliche Lebensmittelzusatz Titandioxid in Nanogröße die DNS sowie Zellfunktionen schädigen und so die Abwehrkräfte von Immunzellen beeinträchtigen. Mit der Nahrung aufgenommene Nanopartikel können die Darmwände durchdringen und ins Blut übergehen. Sie können in verschiedene Organe gelangen und die Blut-Hirn-Schranke überwinden. Außerdem werden sie mit zunehmenden Fällen der entzündlichen Darmkrankheit Morbus Chron in Verbindung gebracht.

\"Die Lebensmittelindustrie nimmt die Risiken des Einsatzes von Nanomaterialien in ihren Produkten offenbar nicht ernst\", sagt Wilfried Kühling, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des BUND. \"Weltweit sind schätzungsweise bereits bis zu 600 Lebensmittel mit Nanozusätzen auf dem Markt. Weil es aber keine Kennzeichnungspflicht gibt, weiß man nicht, in welchen Produkten Nanomaterialien enthalten sind. Selbst die zuständigen Behörden haben keine ausreichenden Informationen darüber. Und die Verbraucher haben kaum Chancen, die Aufnahme von Nanopartikeln über die Lebensmittel zu vermeiden.\"

Nanomaterialien sind z. B. in verschiedenen Ketchups, Gemüsebrühen oder in Puderzucker enthalten, um deren Fließ- und Rieseleigenschaften zu verbessern. In Nanogröße verkapselte Geschmacks-, Farb- und Konservierungsstoffe werden bei der Wurstherstellung eingesetzt, in Nanokapseln eingeschlossene Mineralstoffe und Vitamine sollen den Nährwert von Backwaren und Erfrischungsgetränken steigern. Zunehmend kommen außerdem Frischhalteboxen und Kühlschränke mit antibakteriell wirkenden Nano-Silberionen auf den Markt. Nanomaterialien halten auch Einzug in die Landwirtschaft: Über die Anwendung in Düngern und Pestiziden können sie in die produzierten Lebensmittel und in die Umwelt gelangen.

Patricia Cameron, BUND-Expertin für Chemikalienpolitik und Nanotechnologie: \"Die mithilfe der Nanotechnologie erzeugten neuen Stoffeigenschaften werden im Lebensmittelbereich bei immer mehr Produkten genutzt. Die möglichen Gefahren sind jedoch kaum untersucht. Der Gesetzgeber sieht bisher keinen Handlungsbedarf. Das Vorsorgeprinzip muss aber für alle Technologien gelten: Wenn wir nicht wissen, wie groß die Gefahren sind, müssen solche Anwendungen untersagt und zuerst die Risiken umfassend untersucht werden.\"

Die Bundesregierung müsse den Verkauf von Lebensmitteln, Verpackungen, Küchenartikeln und Agrochemikalien, die Nanomaterialien enthalten, sofort stoppen. Solche Produkte dürften nicht vermarktet werden, solange keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege über eine Unbedenklichkeit vorlägen. Erforderlich seien zudem gesetzliche Regelungen, die Verbraucher und Umwelt vor möglichen Risiken schützen. Dazu gehöre auch eine Kennzeichnungspflicht beim Einsatz von Nanomaterialien, damit Verbraucherinnen und Verbraucher sich entscheiden könnten, ob sie Nanoprodukte kaufen wollten oder nicht.

http://www.bund.net/nc/bundnet/presse/pressemitteilungen/detail/zurueck/pressemitteilungen/artikel/nanopartikel-in-lebensmitteln-unsichtbar-kaum-auf-risiken-geprueft-gesetzlich-ungeregelt-bundesr/
- Editiert von Maria am 11.03.2008, 19:19 -


- Editiert von Maria am 11.03.2008, 19:20 -
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BUND zu Nanopartikel in Lebensmittel

Beitragvon Juliane » Dienstag 11. März 2008, 23:32

Und man auch Duftstoffe drin "verpacken", Maria.
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BUND zu Nanopartikel in Lebensmittel

Beitragvon Juliane » Sonntag 16. März 2008, 12:56

"Eine Einschätzung, die sich auch mit einer aktuellen Darstellung des Bundesinstituts für Risikoforschung deckt: Die toxikologischen Risiken "können derzeit in vielen Bereichen noch nicht beurteilt werden", die Folgen könnten großteils "noch nicht beurteilt werden". Und: Weder in der Chemikaliengesetzgebung noch im Lebensmittelrecht, hält das Bundesinstitut fest, sind die Nanos bisher erfasst. Es gebe, zumal aus Verbraucherschutzsicht, "dringenden Forschungsbedarf" zur Frage, wie die Nanomaterialien auf den Menschen wirken.

Einige Auswirkungen sind aus Versuchen bekannt, schreiben die Autoren: Zink-Nanopartikel könnten Blutarmut und Organschäden verursachen, Nanos aus Silber wirkten hochgiftig auf Keimzellen von Mäusen und Leberzellen von Ratten, und die erhöhte Aufnahme von den Minipartikeln stehe im Verdacht, zur chronischen Darmentzündung Morbus Crohn beizutragen."


Die kleinen Helfer aus der Labor-Küche
VON STEPHAN BÖRNECKE
http ://fr-aktuell.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=1304070
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Re: BUND zu Nanopartikel in Lebensmittel

Beitragvon Kira » Freitag 21. August 2015, 15:37

Nanomaterialien in Lebensmitteln – eine Kennzeichnung ist notwendig!

Seit Dezember 2014 müssen die Regelungen der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) verbindlich angewendet werden. So sollen alle Zutaten gekennzeichnet werden, die in Form technisch hergestellter Nanomaterialien im Lebensmittel vorliegen.

Ein positiver Schritt in die richtige Richtung, denn die Risiken von Nanomaterialien sind noch nicht ausreichend erforscht. Damit VerbraucherInnen bewusste Kaufentscheidungen treffen können, setzt sich der BUND für eine allgemeine Kennzeichnungspflicht für Nanoprodukte ein.

Nanomaterialien in Lebensmitteln erkennen

Nanomaterialien werden nach unsere Kenntnis bereits in verschiedenen Lebensmitteln eingesetzt. Zum Beispiel in Kochsalz, Gewürzmischungen, Tütensuppen oder Kaffeeweißer. In der Zutatenliste müsste hinter der Bezeichnung der jeweiligen Zutat, wie etwa beim als Rieselhilfe eingesetzten Siliziumdioxid (E551), das in Klammern gesetzte Wort "Nano" eingefügt werden.

Aus Sicht der Lebensmittelindustrie gibt es jedoch noch Unklarheiten, ab wann und auf Basis welcher Definition eine Zutat als Nanomaterial einzustufen ist. Die Folge: es gibt derzeit kaum gekennzeichnete Produkte!

Einige der fraglichen Zutaten werden aktuell von der europäischen Zulassungsbehörde neubewertet. Dabei wird geprüft, ob sie als technisch hergestellte Nanomaterialien gelten und gekennzeichnet werden müssen.

Der BUND vertritt die grundsätzliche Auffassung, dass auch nano-strukturierte Materialien, wie etwa Aggregate des Siliziumdioxids, zu kennzeichnen sind. Er fordert daher eine sofortige Umsetzung der Vorgaben.

Nano – was ist das eigentlich?
...

http://www.bund.net/themen_und_projekte ... bensmittel
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(Jupp Müller, deutscher Schriftsteller)

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