Nanoröhrchen wirken ähnlich wie Asbest

Nanoröhrchen wirken ähnlich wie Asbest

Beitragvon Clarissa » Mittwoch 21. Mai 2008, 09:59

Bessere Kleber, härtere Oberflächen, kleinere Computer - in die ultrafeinen Nanoröhrchen mit den erstaunlichen Eigenschaften setzen Materialforscher große Erwartungen. Aber die kleinen Röhrchen sind gesundheitsschädlich, wie Forscher nun an Mäusen zeigen konnten.

Sie gelten als eine der interessantesten Entwicklungen der Nanotechnologie: Nanoröhrchen oder Nanotubes genannt - hochfeine, aus Kohlenstoffatomen zusammengesetzte Röhren mit einem Durchmesser von nur wenigen Milliardstel Metern. Die kleinen Röhren haben erstaunliche Eigenschaften: sie sind extrem stabil und elektrisch leitfähig. Materialforscher setzen große Hoffnungen in die winzigen Gebilde, sie könnten einmal als Oberflächenbeschichtung, für die Herstellung stabiler Gewebe oder als Klebstoffe eingesetzt werden. Auch in der Elektronik und Computertechnologie könnten sie einmal eine wichtige Rolle spielen.

Nanoröhrchen: Interessante Eigenschaften aber gesundheitsschädlich

Weil die Nanoröhrchen so winzig sind, standen sie bisher im Verdacht auch Zellmembranen passieren zu können und möglicherweise gesundheitsschädlich zu sein - ähnlich wie feine Asbestfasern beim Einatmen Lungengewebe schädigen. Nun haben Ken Donaldson von der Universität in Edinburgh und seine Kollegen tatsächlich nachgewiesen: Nanoröhrchen können im Körper eine ähnliche Wirkung entfalten wie lungenschädigende Asbestfasern. Die Forscher hatten die Nanoröhrchen bei Mäusen in die Bauchhöhle injiziert.

Die Tiere zeigten daraufhin ähnliche Reaktionen wie Mäuse einer Kontrollgruppe, die Asbestfasern ausgesetzt waren. \"Die Ergebnisse sind ein Alarmsignal für die Nanotechnologie im Allgemeinen und die Nutzung von Nanoröhrchen im Besonderen\", kommentieren die Wissenschaftler ihre Beobachtungen. Es seien dringend weitere Studien nötig, ehe Nanoröhrchen eine breite Anwendung in der Technik fänden, schreiben Ken Donaldson von der Universität in Edinburgh und seine Kollegen im Fachmagazin \"Nature Nanotechnology\".

In ihren Experimenten arbeiteten die Wissenschaftler mit Nanoröhrchen unterschiedlicher Länge, die sie in die Bauchhöhle der Versuchstiere einbrachten. Damit wollten sie das Eindringen von Nanoröhrchen über die Atemwege simulieren. Die Forscher vermuteten eine ähnliche Reaktion wie bei Asbest, dessen lange, extrem feine Fasern nach dem Einatmen ins Lungengewebe und das Brustfell eindringen können und dort dauerhafte Schäden bis hin zum Lungen- und Brustfellkrebs verursachen können.

Tatsächlich reagierten die Versuchstiere bei den Tests mit langen Nanoröhrchen ähnlich wie die Mäuse, die Asbestfasern verabreicht bekamen: Entzündungsherde entstanden im Gewebe, und es bildeten sich kleine Knötchen, sogenannte Granulome. Verwendeten die Wissenschaftler hingegen kürzere Nanoröhrchen, waren solche Reaktionen nur in einem einzigen Fall zu beobachten. Das bedeute jedoch nicht, dass dieser Typ von Nanoröhrchen völlig ungefährlich sei, denn es könnten sich mit anderen Versuchsmodellen gleichfalls kritische Reaktionen ergeben, sagen die Forscher. In weiteren Tests müsse zunächst allerdings geklärt werden, ob und in welcher Menge Nanoröhrchen in der Praxis überhaupt über die Atemwege in die Lunge eindringen könnten und ob sie krebserregend sind oder nicht.

Vor einer generellen und voreiligen Verurteilung der Nanotechnologie warnen die Forscher: \"Auf die Vorteile dieses unglaublichen Materials kann die Gesellschaft nicht verzichten\", betont Andrew Maynard, einer der beteiligten Wissenschaftler. Es gelte jedoch, nicht die gleichen Fehler wie beim Asbest zu machen.

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,554383,00.html
- Editiert von Clarissa am 21.05.2008, 10:03 -
Und allen Leugnern zum Trotz, im DIMDI
ICD-10-GM Version 2018 - Stand Oktober 2017 ist MCS immer noch im Thesaurus unter
T 78.4 zu finden und wirklich nur dort und an keiner anderen Stelle!
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Gesundheit und Umwelthygiene

Beitragvon Maria » Donnerstag 22. Mai 2008, 22:40

Hallo Clarissa,

danke für diesen interessanten Bericht.
Um die möglichen Risiken von Nanopartikel zu unterstreichen möchte ich eine Meldung des Umweltbundesamts hier einstellen. Dieser Bericht bestätigt den weiteren Forschungsbedarf bzgl. Nanopartikel.

Liebe Grüsse
Maria

Gesundheit und Umwelthygiene
Nanopartikel

Letzte Änderung: 22.03.2007

Nanotechnologie bezeichnet die Herstellung, Untersuchung und Anwendung von Strukturen, die in mindestens einer Dimension kleiner sind als 100 Nanometer. Das sind etwa Teilchen oder Schichten, die über 1.000 Mal dünner sind als der Durchmesser eines Menschenhaares. Nanoteilchen – oder auch Nanopartikel – sind derzeit vor allem für die Elektronikbranche, die Pharmazie, die Medizin, die Kosmetik, die Flächenveredelung und die Chemie von großem Interesse. So enthalten zum Beispiel Sonnenschutzmittel Titan- und Zinkoxidpartikel. Bislang müssen Herstellerinnen und Hersteller Produkte, die Nanopartikel enthalten, nicht kennzeichnen. Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren daher nicht, in welchen Produkten Nanoteilchen enthalten sind.

Die Nanotechnologie ist eine zukunftsträchtige Technologie, mit deren rasanter Entwicklung in den nächsten Jahren zu rechnen ist. Die Zahl der Produkte, in denen synthetische, also künstlich erzeugte Nanopartikel enthalten sind, steigt stetig. Daher ist damit zu rechnen, dass Mensch und Umwelt künftig verstärkt synthetischen Nanopartikeln ausgesetzt sind.
Über Risiken ist wenig bekannt

Über die Wirkung von Nanoteilchen auf die Menschen und die Umwelt ist bisher sehr wenig bekannt. Die Partikel sind entweder fest in einen Stoff eingebunden oder liegen in freier Form vor. Die größten Risiken für Mensch und Umwelt können nach Ansicht des Umweltbundesamtes diejenigen Nanomaterialien bergen, die als freie Teilchen in Produkten enthalten sind - zum Beispiel in Sprays - und unkontrolliert freigesetzt werden. Sie können sich über die Luft verbreiten. und über die Atemwege aufgenommen werden. Unklar ist, ob giftige Substanzen, die den Teilchen anhaften könnten, über die Haut in den Körper gelangen können.

Durch den Mund zugeführte Nanopartikel - zum Beispiel in Arzneimitteln - können über den Darm aufgenommen werden. Von dort können sie ins Lymphsystem gelangen und ins Blut übertreten.

Solange Nanopartikel fest in Materialien eingebunden sind und nicht freigesetzt werden, ist nach Ansicht des Umweltbundesamtes eine Gefährdung von Mensch und Umwelt kaum zu erwarten. Über die Freisetzung ursprünglich fest eingebundener Teilchen aus Produkten durch Alterungs- oder Abbauprozesse liegen bisher keine Informationen vor.

Über Umweltwirkungen von Nanopartikeln gibt es bisher nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen.
Aktivitäten des Umweltbundesamtes

Zum Thema „Synthetische Nanopartikel“ organisierte das Umweltbundesamt im Herbst 2005 eine gemeinsame Veranstaltung mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Das Treffen diente dazu, den aktuellen Wissensstand zu bündeln und nicht nur die Chancen, sondern auch mögliche gesundheitliche Risiken synthetischer Nanopartikel rechtzeitig zu erkennen. Die Interessenvertreterinnen und –vertreter wollten den Dialog fördern sowie einen Forschungs- und Handlungsbedarf konkretisieren. Die Veranstaltung verdeutlichte, dass zwar Hinweise auf mögliche gesundheitliche Auswirkungen durch synthetische Nanopartikel vorliegen, eine abschließende Risikobewertung jedoch aufgrund der unzureichenden Datenlage zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist.

Eine zukünftige Aufgabe des Umweltbundesamtes wird die Klärung der Frage sein, welche Wirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt mit dem Einsatz synthetischer Nanopartikel verbunden sind. Das Umweltbundesamt gründete deshalb einen Arbeitskreis, der sich mit den Chancen und Risiken der neuen Technologie auseinandersetzt.


Weitere Informationen

* Linksammlung
* Publikationen

http://www.umweltbundesamt.de/gesundheit/stoffe/nanopartikel.htm
Maria
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Sind Nanoröhrchen das neue Asbest?

Beitragvon Kira » Mittwoch 12. Juli 2017, 19:18

01.10.2012


Werkstoffe:

Sind Nanoröhrchen das neue Asbest?

Nanotubes könnten wie Asbestfasern Entzündungen und Krebs auslösen - wenn die Länge stimmt. Mit diesem Wissen ließen sich aber vielleicht auch risikoärmere Fasern produzieren.

von Christian Meier

Kohlenstoffnanoröhrchen sind das Werkmaterial der Hightech-Welt. Weil die lang gestreckten Moleküle etwa 30-mal zugfester sind als Stahl, mischt man sie Kunststoffen als Stärkung bei: Sie sollen Tennisschläger, Surfbretter oder Fahrradrahmen stabiler machen; und der Flugzeughersteller Lockheed verbaut sie deshalb sogar in seinem Kampfjet F-35. Die gerne auch mit ihrem englischen Ausdruck bezeichneten Nanotubes werden also langsam zu einem immer größeren Wirtschaftsfaktor, und allein das Chemieunternehmen Bayer stellt in seinem Leverkusener Werk jährlich rund 200 Tonnen des Nanomaterials her.

In die Euphorie mischt sich jedoch ein Wermutstropfen: Forschungsdaten nähren langsam den Verdacht, dass die Kohlenstoffnanoröhrchen mit Asbestfasern nicht nur die lang gestreckte Form, sondern auch die Gesundheitsgefahren teilen.
...

http://www.spektrum.de/news/sind-nanoro ... st/1166359


Tückische Partikel
Menschliche Zelle verschluckt sich an Nanoröhrchen

Von Wolfgang W. Merkel | Veröffentlicht am 21.09.2011

Was macht Nanopartikel und Asbest für Menschen so gefährlich? US-Forscher haben erstmals die Ursache geklärt: Die Partikel führen die Zellen in die Irre.
...

https://www.welt.de/dieweltbewegen/arti ... rchen.html

19.09.2011

Nanoforschung

Abgeschnittener Asbest ist weniger schädlich

Asbest und Nanoröhren schädigen die Lunge und andere Organe - jetzt können Wissenschaftler erklären, wie dies passiert: Körperzellen verschlucken sich an den Fasern. Sie abzuschneiden wäre ein Mittel gegen die Gefahr, haben die Experten herausgefunden.
...

http://www.spiegel.de/wissenschaft/tech ... 86937.html

Suchanfrage: nanoroehrchen search.php?keywords=Nanor%C3%B6hrchen
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