falsche Empfehlungen in Leitlinien durch Studien

falsche Empfehlungen in Leitlinien durch Studien

Beitragvon Juliane » Donnerstag 17. Dezember 2009, 19:44

"Veröffentlichte Daten zu Arzneimitteln spiegeln keineswegs den tatsächlichen Nutzen eines Produkts wider", sagt Wolfgang Becker-Brüser, Herausgeber des pharmaktischen Arznei-Telegramms. Therapiefehler, also "Fehlentscheidungen auf der Basis manipulierter Daten", könnten die Folge sein. Seine kritischen Worte beziehen sich auf das Epilepsie-Medikament Gabapentin.

Vor fast genau einem Jahr, im Dezember 2008, berichtete sein Blatt über mögliche Manipulationen von Studiendaten. Das Blatt berief sich auf US-amerikanische Wissenschaftler. Dieselben Forscher haben jetzt im New England Journal of Medicine (NEJM) weitere Details zu Gabapentin nachgereicht und damit den Manipulationsverdacht erhärtet. Von 20 klinischen Studien verschwanden die acht mit eher negativen Ergebnissen in der Schublade. Außerdem stimmten Entwürfe und veröffentlichte Studien vielfach nicht überein.

Beate Wieseler vom Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in Köln ist empört: "Die Folge dieser Praxis ist, dass der Nutzen eines Präparats überschätzt und der Schaden untertrieben wird. Ärzte bekommen so einen falschen Eindruck." Fatal sei auch, dass dadurch falsche Empfehlungen in Leitlinien entstehen können.......


Nur auf rund 60 Prozent der Anfragen bei den Herstellern habe das Institut die vollständigen Unterlagen schließlich erhalten. "Was dem Verkauf schaden könnte, bleibt unter Verschluss." Jüngstes Beispiel ist das Antidepressivum Reboxetin. Der Hersteller Pfizer hatte dem IQWiG unveröffentlichte Daten so lange vorenthalten, bis der Druck zu groß wurde. Nun, wo das Institut Einblick in alle Daten erhalten hat, kommt es zu dem Schluss: Ein Nutzen ist insgesamt nicht belegt.

Das IQWiG pocht auch deshalb auf Einsicht in die Original-Unterlagen, weil es andere Fragen als die Zulassungsbehörde verfolgt: Während die Behörde lediglich die Wirksamkeit eines Medikaments überprüft, sprich: ob es der "Zuckerpille" überlegen ist, untersucht das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (G-BA), ob das neuere Präparat tatsächlich dem älteren überlegen ist.

Das Institut fordert daher ein Gesetz wie in den USA, das Registrierung samt Veröffentlichung von Studien zur Pflicht macht. Bei der EU-Kommission sei pikanterweise aber ausgerechnet das Kommissariat für "Unternehmen und Industrie" verantwortlich. "Als Speerspitze des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes hat es sich bisher nicht hervorgetan", sagt IQWiG-Sprecherin Anna-Sabine Ernst.

http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wissen_und_bildung/aktuell/?em_cnt=2150541&em_cnt_page=1
Juliane
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