"Mit bald 300 Mrd. € Umsatz zählt das deutsche Gesundheitswesen zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren des Landes. Seit Jahren schon gilt die Gesundheitswirtschaft als profitable Wachstumsbranche. Auf kaum noch versteckte Weise versuchen private Leistungsanbieter Anteile aus dem "sozialen Eigentum" der gesetzlich Krankenversicherten herauszuschlagen – und dies offenbar mit Erfolg! Stolz vermeldete der Krankenhausbetreiber "Rhön-Klinikum AG" kürzlich eine Gewinnsteigerung um 15%, der börsennotierte weltweit tätige Medizinkonzern "Fresenius" einen bereinigten Überschuss von 14%, der Pharma-Multi "Bayer HealthCare", der zuletzt eine eher schlechte Zeit hatte, ein Anwachsen der Gewinne vor Steuern und Abschreibungen um immerhin 12%. Es sind gesunde Gewinne, die aus solchen Zahlen sprechen; Gewinne, die Anteilseignern eine hohe Dividende sichern, aber keineswegs auch eine bessere Gesundheitsversorgung bedeuten. Denn in der Versorgung selbst regiert der Rotstift, und das haben vor allem die chronisch Kranken, die Alten und all jene, die sich keine private Zusatzversicherung leisten können, zu spüren: Menschen, die bekanntlich keine Lobby haben. Auf 7,8 Mrd. € wird das Defizit im deutschen Gesundheitsfonds für das nächste Jahr geschätzt. Es ließe sich mit einem Schlag um 3,3 Mrd. € auf nahezu die Hälfte senken, wenn hierzulande Medikamente nur so teuer wären wie in Großbritannien. Sogar 20 Mrd. € pro Jahr ließen sich einsparen, wenn die Anwendung sinnloser Gerätediagnostik und unsinniger Medikamente gestoppt würde. Und noch einmal 8 - 24 Mrd. € müssten nicht verloren gehen, wenn endlich dem notorischen Abrechnungsbetrug und der unterdessen großflächig im Gesundheitswesen zu beklagenden Korruption der Riegel vorgeschoben würde.
Die Zustände, die im deutschen Gesundheitswesen herrschen, haben eben nichts von "versteckter Planwirtschaft", aber leider viel von organisierter Kriminalität."
Zitat aus
medico Rundschreiben 04/2009
Der Medizinisch-industrielle Komplex
http://www.medico.de/material/rundschreiben/2009/04/der-medizinisch-industrielle-komplex/