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Als das Bundesgesundheitsamtes verschwand

BeitragVerfasst: Donnerstag 16. Juni 2011, 09:28
von Juliane
Aus dem Archiv der ZEIT 28.1.1994

"Zur Erinnerung: Anfang Oktober vergangenen Jahres waren dem Minister eine Reihe ihm bis dahin verborgen gebliebener Verdachtsfälle bekanntgeworden, bei denen Bluter mit aidsinfizierten Blutprodukten behandelt worden waren - Ergebnis krimineller Machenschaften der Hersteller. Weil die Beamten des für die Arzneimittelsicherheit zuständigen BGA, allen voran Behördenchef Dieter Großklaus, zunächst nur unr befriedigende und widersprüchliche Erklärungen für den zum „Aids Skandal" hochstilisierten Vorgang fanden, sah Seehofer Gefahr im Verzug — vor allem für die eigene Person. Eine empörte Öffentlichkeit hätte die mangelnde Sensibilität der Berliner beim Umgang mit dem tödlichen Virus leicht dem Minister selbst zur Last legen können. Kurzentschlossen entließ Seehofer den Präsidenten des Amtes sowie den für die BGA Aufsicht zuständigen Abteilungsleiter im eigenen Haus. Zugleich verkündete er die Auflösung der Behörde.

Das Kalkül des zupackenden Ministers ging fürs erste auch auf. Weil die unbestritten hohe Kompetenz der 3000 Berliner Gesundheitsexperten wiederholt im Dickicht einer imkompetenten Leitungsbürokratie verlorengegangen war, fand Seehofers Schnellschuß den ungeteilten Beifall der aufs höchste alarmierten Öffentlichkeit. Vor wenigen Tagen nun verabschiedete das Kabinett den Gesetzesentwurf, mit dem die Amtsauflösung umgesetzt werden soll. Seehofer zum Zweck seiner Radikalkur: „Wir müssen die Informationswege verkürzen, die unmittelbaren Verantwortlichkeiten der Institute stärken und Bürokratie abbauen, damit es insgesamt zu überschaubaren Arbeitseinheiten kommt Künftig soll es nur noch drei selbständige Institute geben, die unmittelbar dem Gesundheitsminister zugeordnet sind. Ein Institut, das für Wasser, Boden- und Lufthygiene, wird an den Umweltminister abgegeben.

Mittlerweile ist der Beifall verrauscht, und die Kritik wird lauter......


Gleichwohl hält Horst Seehofer an seinem Plan fest. Das BGA Neuordnungsgesetz soll notfalls sogar im Gewaltakt durchs Parlament gepeitscht werden. Erst unlängst wurde der Vermerk eines Seehofer Beamten bekannt, in dem die Leiter der sechs Institute und der amtierende Vizepräsident des BGA aufgefordert wurden, der CDUCSU Fraktion mit Argumentationshilfen zuzuarbeiten. Für die geplante parlamentarische Anhörung nationaler und internationaler Experten sollen die Abgeordneten einen „Katalog möglicher Fragen" wie „eine Liste ausgewählter Sachverständiger" bekommen, die „über besondere Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit dem bisherigen BGA sowie dessen Instituten verfügen und ein konstruktives Urteil über die geplante Neustrukturierung des Amtes erwarten lassen". Die Absicht ist eindeutig. Die Experten auf die konstruktive Auflösungslinie des Ministers zu programmieren dürfte nicht schwerfallen. In der Regel genügt ein diskreter Hinweis auf die mögliche Vergabe neuer Forschungsprojekte, um die überwiegend auf staatliche Mittel angewiesenen Wissenschaftsgremien positiv einzustimmen
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http://www.zeit.de/1994/05/seehofer-bleibt-stur



Auflösung des Bundesgesundheitsamtes wurde wirksam - Aufgaben gingen auf Nachfolgeinstitute über

http://www.wernerschell.de/Rechtsalmanach/Gesundheitswesen/bundesgesundheitsamt.php