"Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor drei Jahren 75 000 Euro Schmerzensgeld zu.....
Die Frankfurter Richter scheint das nicht zu beeindrucken."
Psychiatrie-Opfer klagt gegen Uniklinik Gießen Kunstfehler verjährt
Die Behandlung war "nicht sonderlich geschickt". Das immerhin hat Anwalt Michael Möller am Dienstag vor dem Frankfurter Oberlandesgericht eingeräumt. Dennoch wird die krasse Fehlbehandlung des Psychiatrie-Opfers Waltraud Storck für die Gießener Uniklinik wohl folgenlos bleiben.
Das Gericht unter Vorsitz von Richterin Ingelore König-Ouvrier betrachtet die Vorwürfe gegen den Landeswohlfahrtsverband als Träger der Gießener Psychiatrie als verjährt. Einwände ihres Anwalts, Storck habe Jahre gebraucht, um die Folgen des unfreiwilligen Psychiatrie-Aufenthalts zu verarbeiten, fruchteten nicht. Auf Schmerzensgeld kann die heute 49-Jährige nun nicht mehr hoffen, allenfalls auf Schadenersatz.
Storck wurde als Kind auf Betreiben ihrer Eltern in der Frankfurter Psychiatrie festgehalten und trotz vorheriger Kinderlähmung mit Psychopharmaka behandelt. Als Erwachsene folgte eine Odyssee durch Kliniken in Wiesbaden, Bremen und Gießen. Heute leidet sie unter dem Postpolio-Syndrom und sitzt im Rollstuhl. Nachdem der Gang zu den Gerichten erfolglos verlief - nur die Frankfurter Uniklinik zahlte 20 000 Mark -, erkannte ihr der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vor drei Jahren 75 000 Euro Schmerzensgeld zu.
Die Frankfurter Richter scheint das nicht zu beeindrucken. In Gießen war Storck von 1979 bis 1980 gegen ihren Willen stationäre Patientin. Die Ärzte vertrauten der früheren Diagnose Schizophrenie, die sich später als falsch erwies. Wie der Gutachter Hinderk Emmrich (Hannover) feststellte, war die Dosierung der Medikamente "für einen gesunden Menschen viel zu hoch".
"Man konnte mit ihr sprechen wie mit jedem anderen auch", erinnerte sich die Zeugin Margarete Emig aus Ilbenstadt, die Storck damals aus der Klinik herausholte. "Sie hat mir so leid getan, weil sie immer so viel geweint hat."
Das Urteil wird am 7. Oktober verkündet (AZ 8 U 146/06). "
http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/hessen/?em_cnt=1578218