von Monja » Montag 27. Juli 2009, 14:07
Hallöle
Aus meiner früheren Drogenarbeit als Streetworker weiß ich,
dass viele ganz allein durch kalten Entzug wieder clean ge-
worden sind, ohne jede Hilfe von außen, haben heute Familie,
Firma etc. Viele sind an-ge-fixt worden, ganz besonders junge
Mädchen, sie hatten keine Wahl. Auch bei mir hatte man es in
sehr jungen Jahren versucht, zum Glück hatte ich ein sehr freches
Mundwerk, was mich schützte.
Was den Entzug betrifft, man weiß inzwischen, dass es fast genau so
schwer ist, von den Kippen loszukommen, wie von der Nadel. Niemand hat
uns als junge Menschen gewarnt, was durch Rauchen auf uns zukommt, denn
die Erwachsenen, besonders Eltern, haben ja auch geraucht. Und damals
gabs ja auch noch im TV Zigaretten- Werbung und alle in den Filmen waren
am qualmen. Wie soll ein junger Mensch wissen, dass das alles Kranke sind?
Anders sieht es für mich jedenfalls aus mit der Sauferei und der Tabletten-
sucht, Säufer gehören für mich zwangsweise weggesperrt und zur körperlichen
Arbeit verdonnert, bis sie aufhören. Aber nee, der Staat schenkt ihnen ja
die Droge mit dem Sozialgeld und den Gesetzen.
Aber so hat eben jeder seine Favoriten und eigenen Meinungen, die man wohl
akzeptieren muss. Ich habe auch oft genau wie Clarissa geschimpft, wir haben
unsere MCS schließlich nicht selbst verursacht. Aber ich denke, viele Süchtige
haben auch am Anfang nicht gewusst, was sie da tun.
Wenn der Staat oder die Krankenkassen oder wer auch immer, mal eine ECHTE
Hilfe anbieten würden, z.B. vom Nikotin loszukommen, dann weiß ich auf Anhieb
dutzende Leute, die aufhören würden. Aber wer diese Sucht hat weiß, dass die
Nerven durchgehen über viele Wochen oder Monate, wenn man den Glimmstengel weg
lässt. Bei mir ist jedenfalls MCS ausgebrochen während eines langen Nikotin-
Entzugs; das nur mal so am Rande.
Zeigt deutlich, dass es nicht zu unterschätzen ist, was da beim Entzug passiert.
Mein Beweggrund war aber nicht nur Vernunft, sondern weil ich meine Amalgamzähne
ziehen lassen wollte und es mir peinlich gewesen wäre, dabei nach Kippe beim
Zahnarzt zu riechen und auch, damit die Zahnwunden sich nicht entzünden.
Tja, das ist leider nach hinten losgegangen. Alles hat seine zwei Seiten,
immer gut, wenn man beide betrachtet. Ich glaube inzwischen jedenfalls an ein
vorbestimmtes Karma/Schicksal, ich kann einfach nicht mehr anders. Dazu gehört
für mich auch Sucht oder Krankheit und überhaupt alles, auch alles Schöne. Naja,
das Thema GLAUBE haben wir ja in Seelchens Thread schon. Ich sehe auch die zweite
Seite der MCS oder jeder schweren Krankheit. Es passiert eine gewaltige Ent-
wicklung in einem, egal ob negativ oder posetiv, auf jeden Fall ganz und gar
anders, als wäre man gesund geblieben. Und das muss meines Erachtens einen Sinn
haben. Für mich den Sinn zu kämpfen und eine große Liebe für die kranken Geschöpfe
der Erde zu entwickeln. Wer weiß, vielleicht wäre ich ohne MCS auch eine von diesen
nichtswissenden Parfüm- Tussis geworden, oberflächlich und außen- bezogen, ego-
istisch und geldgeil.
Ich werde nie den Satz meiner damals großen Liebe vergessen, ein weitaus jüngerer
Mann, als ich sagte: wenn ich im Alter faltig werde, dann habe ich 2 Möglichkeiten,
entweder mich liften zu lassen oder in Würde weise zu werden. Er antwortete:
Ich hoffe, letzteres. Diesen Wunsch möchte ich ihm erfüllen, daran arbeite ich.
Bin noch
weit entfernt davon, aber habe zumindest schonmal den Weg eingeschlagen. MCS ist
für mich auf diesem Weg nur eine weitere Stufe, die es zu erklimmen gilt. Man
kann keine Reife und Weisheit entwickeln aus dem Nichtstun heraus, man muss schon
kämpfen, jeden Tag aufs neue, und versuchen besser zu werden, Stück für Stück.
Und Rückschläge gehören auch dazu, sonst wäre es ja zu einfach. Was sind schon
leicht errungene Siege? Schnell vergessen und nicht hart erkämpft.
Herzlichst Monja
niemals aufgeben, alles versuchen...!
- Editiert von Monja am 27.07.2009, 14:35 -