Hormone im Singrausch
Der Grund dafür liegt vermutlich in den körperlichen Veränderungen, die das Singen mit sich bringt. Verschiedene Studien an Erwachsenen haben gezeigt, dass sich Singen vor allem im Gehirn auswirkt. Es aktiviert das Belohnungssystem und sorgt dafür, dass Oxytocin ausgeschüttet wird. Das Kuschelhormon ist unter anderem an Gedächtnisprozessen beteiligt und stärkt die Fähigkeit, soziale Bindungen einzugehen. Zudem senkt der Gesang den Testosteron- und Kortisol-Gehalt im Körper. Diese beiden Substanzen sind verantwortlich für aggressives Verhalten und Stressanfälligkeit.
Das bekommen auch die Mitmenschen zu spüren. "Singen macht, überspitzt gesagt, friedfertiger", weiß Blank. Daran sind neben den hormonellen Veränderungen aber auch neurobiologische Vorgänge beteiligt. Denn ein ausgeglichener Mensch fühlt sich gar nicht erst bedroht. Dadurch kann man besser auf sein gegenüber eingehen und offener mit ihm kommunizieren. "Diese Fähigkeiten bewirken, dass unterm Strich die sozialen Beziehungen zu anderen Menschen besser werden", bestätigt Blank.
Nur hören hilft wenig
Regelmäßige Singen macht aber nicht nur entspannt und friedfertig, sondern wirkt sich auch positiv auf das Immunsystem und das allgemeine Befinden aus. Frankfurter Wissenschaftler hatten festgestellt, dass die Konzentration des Immunglobulin A im Speichel von Chorsängern nach einer einstündigen Probe deutlich höher war als davor. Immunglobuline sind Eiweiße, die an der Abwehr von Viren und Bakterien beteiligt sind. Der Gesang stärkt offenbar die Abwehrkräfte des Körpers und macht ihn widerstandsfähiger. Auch die Stimmung der Sänger war nach der Probe deutlich gestiegen. Ein Vergleich zeigte aber: Das bloße Hören des gesungenen Musikstücks hatte weder auf die Stimmung noch auf das Immunsystem der Chorsänger einen entscheidenden Einfluss.
Ausschlaggebend für die positive Wirkung ist also, dass man selbst singt. "Nur Zuhören bewirkt wenig", bestätigt Blank. Vollkommen egal ist es aber, welches Stück man von sich gibt. Denn das innbrünstig vorgetragene Kirchenlied in der Chorprobe funktioniert genauso wie der unter der Dusche geträllerte Song von Shakira. Auch die Stimme, ob gut oder vermeintlich schlecht, spielt keine Rolle.
"Wichtig ist nur, dass das Singen freiwillig und ohne Leistungsdruck passiert", rät Blank. "Und je häufiger, desto besser, also immer dann, wenn einem danach ist." In diesem Fall sollte man allerdings gegen die komischen Reaktionen seiner Mitmenschen gewappnet sein. Denn singende Passanten auf der Straße oder in der U-Bahn ernten neben verständnislosem Kopfschütteln auch mal böse Blicke. Vielleicht ist das aber auch die perfekte Gelegenheit, das Sing-Trauma aus Schulzeiten zu überwinden.
http://www.netdoktor.de/Magazin/Singen- ... 11422.htmlThank You For The Music
http://www.youtube.com/watch?v=AC44AElJ5Tg&NR=1