Protest gegen Hexachlorbenzol - Transport und Verbrennung in Deutschland
Australier protestieren gegen Entsorgung im eigenen Land - Deutschland springt ein
Liebe Mitstreiter,
Eure tatkräftige Mithilfe ist von Nöten:
Hexachlorbenzol gehört zu den toxischsten Chemikalien überhaupt und wurde deswegen verbannt. Die Chemikalie gehört zum so genannten "Dreckigen Dutzend".
In Australien lagern 22.000 Tonnen Hexachlorbenzol Sondermüll, den dort niemand entsorgen kann und will. Die australische Bevölkerung protestierte erfolgreich gegen den Bau einer Verbrennungsanlage um das Supergift loszuwerden. Nun soll der hochtoxische Gefahrstoff nach Deutschland gebracht und hier verbrannt werden.
Alleine der Transport über diese große Distanz ist vom Gefahrenpotential her für Mensch und Umwelt nicht abschätzbar. Jeder Arbeiter, der durch den langen Transportweg damit zwangsläufig in Kontakt gebracht wird, ist einem enormen Risiko ausgesetzt, für den Fall, dass ein Fass undicht wird, herunterfällt, etc. Ein Unfall hätte u.U. verheerende Folgen. Die Verbrennung mitten in Deutschland ist unverantwortlich, auch wenn behauptet wird, es bestünde keine Gefahr, weil die Verbrennungsanlagen einen hohen Standart besitzen.
Weitere Details können den angefügten Artikeln aus dem Kölner Stadtanzeiger und der TAZ entnommen werden.
Wir vertreten die Auffassung, dass dieser Hexachlorbenzol-Entsorgungsimport nach Deutschland gestoppt werden muss und bitten um Eure tatkräftige Mithilfe. Im Folgepost findet Ihr einen von Christine Paschetag geschriebenen Protestbrief, den Ihr übernehmen könnt, sofern Ihr nicht selbst etwas verfassen möchtet.
Der Protest sollte an die im nachfolgenden Post genannten Personen gemailt werden. Hierzu braucht Ihr lediglich den Link anzuklicken und den Protestbrief aus der Folgemail in das sich öffnende Mailformular einzukopieren. Bitte vergesst nicht die Anrede und auch Euren Namen jeweils einzusetzen.
Wir danke auch insbesondere im Namen von Christine Paschtag für Eure tatkräftige Unterstützung.
Es wäre nett, wenn Ihr uns in einer kurzen Mail mitteilen könntet, dass Ihr unseren Protest unterstützt habt. Dies gibt uns Rückmeldung wie viele Proteste erfolgten, was zahlenmäßig bei weiterer Vorgehensweise gegen diesen Skandal wichtig sein kann.
Herzliche Grüsse
Silvia K. Müller
CSN- Chemical Sensitivity Network
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Weitere Infos:
Warnung vor Giftmüll-Import
VON THOMAS KÄDING, 16.01.07
Kölner Stadtanzeiger
Der Import von 22 000 Tonnen Abfall, die mit dem hochgiftigen Hexachlorbenzol (HCB) belastet sind, schlägt landesweit Wellen. Gestern forderte der nordrhein-westfälische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einen Stopp des Müllgeschäfts, das von den Bezirksregierungen in Köln, Düsseldorf und Münster genehmigt werden muss.
Der australische Chemiekonzern Orica will den Sondermüll nach Deutschland verschiffen und verbrennen lassen. Gut die Hälfte soll in Brunsbüttel verbrannt werden; die restlichen knapp 10 000 Tonnen in den Sondermüllverbrennungsanlagen von Bayer in Leverkusen und Dormagen sowie im Hertener Rohstoff-Rückgewinnungszentrum.
BUND und die „Coordination gegen Bayer-Gefahren" warnen in einem Brief an Landesumweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) vor den ökologischen und gesundheitlichen Folgen. Es sei nicht hinnehmbar, dass eine dicht besiedelte und ohnehin mit Umweltproblemen konfrontierte Region wie NRW zum Ziel internationaler Giftmülltransporte wird. Auch der Landtagsabgeordnete Johannes Remmel (Grüne) sieht das Geschäft kritisch und hat daher für heute eine aktuelle Viertelstunde im Ausschuss für Umwelt und Naturschutz beantragt.
HCB gehört zum „dirty dozen" gefährlicher Stoffe, die durch die Stockholmer Konvention weltweit verboten worden sind. In Deutschland ist es seit 1981 als Pflanzenschutzmittel nicht mehr zugelassen; früher wurde es vielfältig eingesetzt: in der Arzneimittel- und Düngemittelproduktion, als Pflanzenschutz- und Desinfektionsmittel. Der Chemiekonzern Orica hat den Export seiner teils seit Jahrzehnten gelagerten HCB-belasteten Abfälle nach Deutschland beantragt, weil es in Australien keine geeigneten Verbrennungsanlagen gibt. Bemühungen, in der Heimat eine Anlage zu errichten, waren am Widerstand der Bevölkerung gescheitert.
Nach den derzeitigen Plänen sollen die 10 000 Tonnen Giftmüll, die nicht am deutschen Zielhafen Brunsbüttel verbrannt werden können, per Bahn ins Leverkusener Bayerwerk gebracht und dann mit Lastwagen auf die Anlagen in Herten, Dormagen und Leverkusen-Bürrig verteilt werden. Letztere soll nach Angaben eines Unternehmenssprechers ab Mitte des Jahres das meiste des Bayer-Anteils von 4500 Tonnen verarbeiten. Nach Berechnungen des Betreibers dauert es rund zwei Jahre, bis der Giftmüll-Import in Rauch aufgegangen ist.
http://www.ksta.de/html/artikel/1162473274608.shtml
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Dirty Dozen aus Down Under
TAZ
5.000 Tonnen hochgiftiges Hexachlorbenzol sollen in der Müllverbrennungsanlage Herten entsorgt werden. Nicht alle halten das für logisch, denn der Abfall kommt aus Australien
VON KLAUS JANSEN
Wenn Werbetexter Müll anpreisen, klingt das so: "Sie sind Feuer und Flamme für Herten. Wir sind heiß auf ihre Gewerbeabfälle." Mit diesem Zweizeiler wirbt die Entsorgungsfirma AGR für ihren Müllverbrennungsstandort Herten. Nun ist das Buhlen der Tochterfirma des Regionalverbands Ruhrgebiet (RVR) erhört worden - im fernen Australien. Von dort aus will der Sprengstoffhersteller Orical in den kommenden zwei Jahren 5.000 Tonnen Sondermüll an den nördlichen Rand des Reviers verfrachten, um ihn dort zu verbrennen.
Bei der umstrittenen Fracht handelt es sich um hochgiftiges Hexachlorbenzol (HCB). In Europa ist die Chemikalie seit 1981 verboten, in den australischen Orical-Werken liegen jedoch noch belastete Holz- und Betonreste herum. Die sollen jetzt per Schiff und Bahn nach Herten geschafft werden. "Wir können damit umgehen. Uns ist egal, ob der Müll aus Herne oder sonst woher kommt", sagt AGR-Sprecher Heinz Struszczynski. Die Australier zahlen gut, und in Herten sind Kapazitäten frei.
Bürgerinitiativen und Umweltschützer fürchten dagegen Belastungen für die Anwohner. "HCB gehört zum dreckigen Dutzend der Ultra-Gifte", sagt Dirk Jansen, Sprecher des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in NRW. Bei der Verbrennung würden giftige Dioxine freigesetzt. Dies passiere vor allem dann, wenn nicht genügend Hitze erzeugt werde. Die Hertener Anlage kommt nur auf gut 950 Grad, normalerweise wird HCB bei über 1.100 Grad verbrannt. "Es ist skandalös, dass Nordrhein-Westfalen zum Klo für den weltweiten Sondermüll wird", sagt Jansen. Sein Verband prüft bereits Klagen für den Fall, dass der Transport erlaubt wird.
Die 16.000 Kilometer lange Reise ist deshalb ein Politikum, zumal die AGR als Tochterfirma des RVR umstritten ist. Gegründet als Stadtwerke-Ersatz für den Zusammenschluss der Ruhrkommunen, sollte sie sich ursprünglich um den Müll der Bevölkerung vor Ort kümmern. Aber weil das Geschäft mit dem Müll lukrativ ist, spielt die Firma seit Jahren auf dem internationalen Abfallmarkt mit. Nun wird wieder der Vorwurf laut, das Unternehmen denke nur ans schnelle Geld und vernachlässige Risiken.
Aus Sicht der AGR ist die Entsorgung des australischen Mülls bloß Tagesgeschäft. "Unsere Anlage ist für solche Stoffe ausgelegt", sagt Sprecher Struszczynski. Tatsächlich gelten deutsche Müllverbrennungsanlagen als weltweit führend, weshalb auch Kritiker des Mülltourismus in einem Dilemma stecken. "Es ist besser, wir entsorgen den Giftmüll bei uns, als dass er von irgendwelchen Mafiosi in Afrika oder auf dem Atlantik verklappt wird", sagt der Chef der Grünen in der RVR-Verbandsversammlung, Martin Toennes. Dennoch sieht er in dem Australien-Geschäft einen schweren Imageschaden für die AGR und auch für die Ruhrkommunen. "Man kann gar nicht genug Geld verdienen, um das wieder gutzumachen", sagt er.
Heute soll der Umweltausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags über den Transport debattieren. Viel Unterstützung vom zuständigen Minister Eckhardt Uhlenberg (CDU) können die Müllverbrenner dort nicht erwarten. Der Minister bekam gestern einen Brief vom BUND und der Coordination gegen Bayer-Gefahren, in dem die Organisationen ein Verbot des Giftmüllimports fordern. In den Abfallverbrennungsanlagen der Bayer AG in Leverkusen und Dormagen sollen nämlich weitere 6.000 Tonnen des australischen Mülls entsorgt werden. Es sei jedoch nicht hinnehmbar, dass eine dicht besiedelte Region wie NRW zum Ziel internationaler Giftmülltransporte werde, so die Umweltschützer. "Wir verstehen die Bedenken", sagt eine Ministeriumssprecherin. Verhindern könne man den Transport aber nicht. Dies sei Sache der Bezirksregierungen.
In Münster wartet man dort nur noch auf letzte Unterlagen aus Australien. "Wenn die da sind, werden wir sehr wahrscheinlich eine Genehmigung erteilen", sagt Jost Brintrup vom zuständigen Abfalldezernat. Wenn die Landespolitik nicht interveniert, könnte der Mülltransport nach Herten also schon im Februar anlaufen. Dem dortigen Bürgermeister Uli Paetzel (SPD) scheinen die abfälligen Geschichten über die AGR langsam peinlich zu sein. Er verstehe seine Bürger, könne sich in der Angelegenheit aber noch nicht positionieren, teilte er mit. Echte Müll-Werbetexter hätten sicher schönere Worte für einen der größten Arbeitgeber der Stadt gefunden.
taz NRW Nr. 8177 vom 17.1.2007, Seite 2, 153 TAZ-Bericht KLAUS JANSEN
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Australischer Müll für NRW
Weil die Leute down under gegen Entsorgung protestierten, wird HCB jetzt exportiert
DÜSSELDORF
taz Noch lagert die brisante Fracht in Australien, demnächst soll sie nach Deutschland verschifft werden: 22.000 Tonnen mit dem hochgiftigen Hexachlorbenzol (HCB) belastete Abfälle. Ein Vorgang, der schon etwas "ärgerlich" sei, so der nordrhein-westfälische Umweltminister Eckhard Uhlenberg. Und er wolle auch "deutlich sagen", dass die Landesregierung dagegen sei. "Australischen Sondermüll in Nordrhein-Westfalen: Kein Mensch will das", sagte der Christdemokrat in der gestrigen Sitzung des Umweltausschusses des Düsseldorfer Landtags. Aber leider gebe es genehmigungsrechtlich keine Handhabe, das Geschäft noch zu verhindern.
Der gefährliche Abfall stammt von dem umsatzstärksten australischen Chemieunternehmen Orica. Der Konzern stellt vorrangig Anstrichfarben, Sprengstoffe, Düngemittel und Bergbau-Chemikalien her, darunter auch Zyanid für den Goldabbau. Das HCB stammt aus einer ehemaligen Produktionsstätte im südlich von Sydney gelegenen Botany Bay. In Down Under gebe es keine geeigneten Verbrennungsanlagen, um den Giftmüll zu entsorgen, heißt es in dem Orica-Exportantrag. Der Bau einer entsprechenden Verbrennungsanlage sei leider am anhaltenden Protest der Bevölkerung gescheitert. Zum Glück gibt es jedoch Deutschland.
Das zur Gruppe der Organochlorverbindungen gehörende HCB gehört zu jenen organischen Ultragiften, die die Stockholmer Konvention 2001 weltweit verbot. Früher wurde HCB in der Arzneimittel- und Düngemittelproduktion, als Pflanzenschutz- und Desinfektionsmittel und auch zur Herstellung chlorierter Lösemittel eingesetzt. Es steht in starkem Verdacht, erbgutverändernd und krebserzeugend zu wirken. In der Bundesrepublik ist es bereits seit 1981 nicht mehr zugelassen.
Jetzt kommt es im Frühling zurück nach Deutschland: HCB-Zielhafen ist Brunsbüttel. In der dortigen Sonderabfallverbrennungsanlage, die zum Abfallkonzern Remondis gehört, soll vor allem der hoch mit HCB belastete Müll verbrannt werden, rund 10.000 Tonnen. Der Rest soll dann ins Leverkusener Bayerwerk gebracht und von dort mit Lastwagen verteilt werden: 5.600 Tonnen in die Bayer-Verbrennungsanlagen Dormagen und Leverkusen-Bürrig, 5.000 Tonnen ins Rohstoffrückgewinnungszentrum in Herten.
Für Umweltverbände ein Skandal: Nordrhein-Westfalens BUND und die Coordination gegen Bayer-Gefahren (CBG) fordern in einem Brief Minister Uhlenberg auf, die für die Genehmigung zuständigen Bezirksregierungen anzuweisen, den Giftmüllimport zu unterbinden. Nordrhein-Westfalen dürfe nicht "zum Müllklo des gesamten Globus werden", so BUND-Sprecher Dirk Jansen. Protest kommt auch von den Grünen: "Es ist nicht hinnehmbar, dass eine dicht besiedelte Region wie NRW, die bereits eine hohe Umweltbelastung aufweist, zum Ziel internationaler Giftmülltransporte wird", empört sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtags-Grünen, Johannes Remmel.
PASCAL BEUCKER
taz Nr. 8178 vom 18.1.2007, Seite 7, 101 TAZ-Bericht PASCAL BEUCKER
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