Bremen, 09.06.2005: Doris Münster (45) aus Speyer und ihre Tochter Carolin (16) sind dem Aufruf des WWF zum europaweiten Familien-Bluttest gefolgt. Sie möchten herausfinden, welche synthetischen Chemikalien sich in welcher Konzentration in ihrem Blut angereichert haben. Dazu geben sie heute im hessischen Dietzenbach eine Blutprobe ab, die im Auftrag des WWF auf rund 100 verschiedene Industriechemikalien überprüft wird.
Die Ergebnisse werden Anfang Oktober vorliegen. Hintergrund der Aktion: Der WWF möchte mit Familie Münster die EU-Parlamentarier auffordern, sich für ein besseres Chemikaliengesetz einzusetzen.
Derzeit wird in Brüssel hart um die Chemikalienreform REACH (Registrierung, Evaluierung, Autorisierung von Chemikalien) gerungen. Die aktuelle Gesetzesvorlage reicht nach Ansicht des WWF nicht aus, um die durch Schadstoffe drohenden Gefahren für die Umwelt und die menschliche Gesundheit abzuwenden. Um das öffentliche Bewusstsein zu wecken und die Entscheidung der Abgeordneten zu beeinflussen, hat der WWF in mehreren europäischen Ländern zu einem Bluttest aufgerufen. Familie Münster nimmt stellvertretend für Deutschland daran teil. Die Familie war aus mehr als 30 Bewerbern ausgewählt worden.
Doris Münster, Mutter von drei Kindern, möchte mit der Teilnahme an dem WWF-Bluttest dazu beitragen, dass nur gesundheitlich unbedenkliche Chemikalien in der Industrie eingesetzt werden: "Meine Kinder sollen nicht in einer belasteten Umwelt aufwachsen. Schadstoffe haben in unserem Blut einfach nichts zu suchen.“ Um Klarheit darüber zu erhalten, wie stark die seit Jahrzehnten verwendeten Industriechemikalien bereits verbreitet und in ihrem Blut nachweisbar sind, stellen sich drei Mitglieder der Familie Münster als Testpersonen zur Verfügung. Neben Doris und Carolin Münster macht auch Großmutter Elfriede Hemminger mit.
Die Blutprobe wird von einer Umweltmedizinerin aus Dietzenbach abgenommen. Sie wird die Familie während der WWF-Kampagne ärztlich betreuen. Die Blutproben aller Familien aus ganz Europa werden in den nächsten Wochen in einem niederländischen Labor untersucht. Sobald die Ergebnisse vorliegen, werden Familie Münster und die Teilnehmer aus den anderen Ländern im Oktober nach Brüssel reisen und mit den Abgeordneten des EU-Parlaments über die anstehende Chemikalienreform sprechen.
Industriechemikalien gelangen aus ganz alltäglichen Produkten wie Lebensmittelverpackungen, Möbeln, Kleidung, Elektrogeräten, Waschmitteln und Kosmetika in die Umwelt. Chemikalien, die langlebig sind und sich in der Umwelt anreichern, können mittlerweile im Blut jedes Menschen nachgewiesen werden - die Langzeitwirkungen sind unbekannt. Mit dem Bluttest möchte der WWF zeigen, wie weit die chemische Belastung bereits vorangeschritten ist.
Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, sondern sollen die Problematik aufzeigen. WWF-Chemikalienexpertin Ninja Reineke: „Die Chemikalienreform REACH muss sicherstellen, dass die besorgniserregendsten Stoffe durch ungefährliche Alternativen ersetzt werden. Die Politiker in Brüssel haben in den aktuellen Verhandlungen über ein starkes Chemikaliengesetz die Chance, die Menschen in Europa langfristig vor weiteren Belastungen zu schützen."