Umweltpolitik in Deutschland

Umweltpolitik in Deutschland

Beitragvon Kai Uwe » Montag 17. Oktober 2005, 19:23

Umwelt/BDI
Juergen Trittin: BDI verkennt die Zeichen der Zeit

Zu einer Meldung „BDI – Umweltpolitik muss sich nach Wirtschaftspolitik richten“ erklaert Bundesumweltminister Juergen Trittin:

In den Verbaenden von Wirtschaft und Industrie haelt man den Zeitpunkt fuer gekommen, endlich zum grossen Revirement in der Umweltpolitik zu blasen. Das ist spaetestens seit den rueckstaendigen Thesen des BDI zum Klimaschutz unverkennbar und dem ungeschminkten Verlangen des DIHK nach einer vollstaendigen Unterordnung der Umweltpolitik unter privatwirtschaftliche Interessen. Mit seiner Forderung, dass sich die Umweltpolitik an der Energie- und Wirtschaftspolitik ausrichten muesse, recycelt BDI-Praesident Thumann erneut Argumente, die laengst von der Realitaet widerlegt sind.

Die Behauptung, verbindliche Ziele des Kyoto-Protokolls gefaehrdeten die Wettbewerbsfaehigkeit der deutschen Wirtschaft, ist ein Griff in die Mottenkiste. Dieser Vorwurf ist voellig abwegig. Gerade der Emissionshandel, den die Bundesregierung eingefuehrt hat, ist Motor der Technologiefoerderung und der Arbeitsplatzsicherung -- mit dem Ergebnis, dass wieder in moderne, effiziente Kraftwerkstechnik investiert wird. Nach Jahren der Investitionsabstinenz werden zur Zeit von der deutschen Elektrizitaetswirtschaft ueber 15.000 MW neue Kraftwerkskapazitaet geplant, die Haelfte davon auf der Basis effizienter Gas- und Dampfturbinen-Technik. So zeigt sich, wie man gerade durch das Klimaschutzinstrument „Emissionshandel“ Innovation und Wettbewerbsfaehigkeit befoerdert. Wer einer Verlaengerung der Laufzeiten abgeschriebener Atomkraftwerke das Wort redet, setzt diesen Modernisierungsprozess aufs Spiel und gefaehrdet Tausende Arbeitsplaetze.

Umweltpolitik ist moderne Industriepolitik und sichert Wettbewerbs- und somit Zukunftsfaehigkeit. Wir stehen vor einer doppelten, einer oekologischen und einer oekonomischen Herausforderung. Wir muessen den Klimawandel bremsen und in einer globalisierten OEkonomie mit einer wachsenden Nachfrage nach sehr begrenzten Rohstoffen wettbewerbsfaehig bleiben. Potenziale fuer Wachstum und Beschaeftigung erschliessen sich nur fuer jene Unternehmen, die das Thema Umwelt offensiv und kreativ angehen und rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkennen und nach innovativen Loesungen suchen.

Pressedienst Nr. 279/05
Berlin, 17. Oktober 2005
Kai Uwe
 

Umweltpolitik in Deutschland demnächst

Beitragvon Kai Uwe » Montag 17. Oktober 2005, 19:26

In Berlin lichtet sich allmählich der Nebel nach der Bundestagswahl vom 18. September und es zeichnet sich eine große Koalition zwischen der Union und der SPD ab. Angela Merkel wäre dann Kanzlerin und das Umweltminsterium fiele an die SPD. Doch was heißt das für den Umweltschutz in Deutschland? Aufklärung dazu gab uns Stefan Krug, Leiter der politischen Vertretung von Greenpeace in Berlin.


Greenpeace-Online: Angela Merkel wird Kanzlerin - steht es jetzt gut um den Umweltschutz?

Stefan Krug: Wenn man die Ankündigungen der Union vor der Wahl betrachtet, ist das weniger ermutigend. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Umweltschutz nur eine untergeordnete Rolle spielt. So als sei Umweltpolitik ein Luxus - erst kommen wichtigere Themen wie Wirtschaft.

Dieses antiquierte Denken ist bei der Union immer noch anzutreffen. Es widerspricht jedoch völlig dem Nachhaltigskeitsgedanken auch in der Politik. Danach sollte Umweltpolitik gleichwertig mit anderen Bereichen sein. Dann würde man beispielsweise die Wirtschaftspolitik viel stärker auf ökologische Gesichtspunkte abklopfen und diese berücksichtigen.

Greenpeace-Online: Was erwartet Greenpeace von einem SPD-geführten Umweltministerium?

Krug: Die Umweltpolitik darf nicht unter die Räder der Wirtschaftspolitik geraten. In der rot-grünen Regierung bestand ein Dauerkonflikt zwischen Umwelt- und Wirtschaftsressort. Aber auch weitere Neben-Umweltminister waren auszumachen: Manfred Stolpe als Verkehrsminister glänzte beim eng mit dem Verkehr verbundenen Thema Umweltschutz durch Untätigkeit, während Renate Künast als Verbraucherministerin immer mal wieder umweltpolitisch mitlenken wollte.

Entscheidend dürfte die Personalwahl sein: Gibt es einen farblosen Umweltminister, werden wir wohl nicht viel vom Umweltschutz hören. Bei einer Person mit Format wird das natürlich anders sein.

Greenpeace-Online: Wo sieht Greenpeace die heißesten Eisen der Umweltpolitik?

Krug: Zuallererst bei der Atompolitik: Die CDU hat sich für die Laufzeitverlängerung bei den Atomkraftwerken ausgesprochen. Das lässt sich mit einem Atomausstieg überhaupt nicht in Einklang bringen. Ein weiteres bedeutendes Thema wird die Gentechnik sein.

Greenpeace-Online: Was ist denn bei der Gentechnik zu erwarten?

Krug: Eine offene Frage stellen die Haftungsregelungen bei dem Einsatz von Gen-Pflanzen dar. Die CDU will Schäden durch die Produkte der Gentechnik-Industrie, die von Landwirten auf den Acker gebracht wurden, durch einen Fonds auffangen lassen. Die Union will damit auch den Steuerzahler zur Kasse bitten.

Besser wären effektive Haftungsregelungen. Wenn beispielsweise der Alleinverursacher einer Verseuchung mit genmanipulierten Pflanzen nicht ermittelt werden kann, dann müssen alle in Betracht kommenden Bauern, die Gen-Pflanzen in der Region angebaut haben, sich an der Schadensbegleichung beteiligen.

Die CDU legt wenig Wert auf die Koexistenz zwischen der Gentechnik einsetzenden Landwirtschaft und der Bio-Landwirtschaft. Doch Bio-Bauern können nur arbeiten, wenn sie vor der Ausbreitung von Gen-Pflanzen bewahrt werden. So wird die Union zum Totengräber des Bio-Landbaus. Und ohne Koexistenz gibt es auch keine Wahlfreiheit mehr für die Verbraucher bei den Produkten der Landwirtschaft.

Greenpeace-Online: Wie sieht es denn auf dem Gebiet der Chemikalienpolitik aus?

Krug: Das ist auch ein ganz zentraler Punkt. Auf EU-Ebene tut sich da zurzeit einiges. Ich meine die Chemikalienreform REACH. Hier verhielt sich die SPD bisher schon deutlich industriefreundlich. Die CDU ist da noch viel rückschrittlicher.

Dabei geht es um das Problem, dass wir über den allergrößten Teil der chemischen Substanzen, die auf dem Markt sind, kaum etwas wissen. REACH soll da Abhilfe schaffen, indem Daten erhoben werden müssen. Doch mit Rücksicht auf die Klagen der Industrie wird die Reform aufgeweicht.

Greenpeace-Online: In den nächsten Jahren muss ein Teil des Kraftwerksbestands in Deutschland ersetzt werden. Welche Bedeutung hat das für die Umweltpolitik?

Krug: Es muss eine Energiewende geben: Weg vom Öl und den fossilen Brennstoffen generell, aber besonders weg von der Kohle. Ziel sind die Erneuerbaren Energien. Und für eine Übergangsphase muss Erdgas zum Einsatz kommen. Das hat eine deutlich bessere Ökobilanz als Kohle. Falsch wäre es, nach dem geeignetesten technischen Weg zur Beseitigung des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu suchen. Besser ist es, weniger oder gar kein CO2 zu produzieren. Denn die technischen Lösungen werden noch lange auf sich warten lassen und sind sehr fragwürdig.

Die Chance für die Energiewende haben wir jetzt, denn jetzt werden die Weichen für die nächsten 30 bis 50 Jahre gestellt: So lange werden die jetzt oder in nächster Zukunft gebauten Kraftwerke im Betrieb sein. Und setzt man nun auf Kohle, dann ist das eine Entscheidung für die nächsten Jahrzehnte.

Greenpeace-Online Auch dem Verkehr kommt eine bedeutende Rolle beim Umweltschutz zu...

Krug: Da sprechen die Prognosen eine deutliche Sprache: Der Flugverkehr soll sich in den kommenden Jahren verdoppeln, der LKW-Verkehr in den nächsten 10 Jahren um 70 Prozent anwachsen. Hier sollten endlich eine Kerosinsteuer und die Mehrwertsteuer für Inlandsflüge eingeführt werden. Und für den Straßenverkehr muss eine Reduktion des Spritverbrauchs erreicht werden. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass das nur mit Vorgaben der Politik an die Industrie zu machen ist. Auch sollte ein Umweltminister Anreize für die Senkung des Spritverbrauches schaffen, indem die Menge der produzierten Schadstoffe und die CO2-Menge als Grundlage der KfZ-Steuer dienen.

Autor: Greenpeace e.V
Kai Uwe
 

Umweltpolitik in Deutschland

Beitragvon Kai Uwe » Montag 17. Oktober 2005, 19:27

Der frühere niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel wird neuer Bundesumweltminister. Stefan Krug, Leiter der Politischen Vertretung von Greenpeace in Berlin, kommentiert die Ankündigung der SPD. Greenpeace gratuliert Sigmar Gabriel zu seiner Nominierung. Wir sind gespannt darauf, ob er verhindern kann, dass die deutsche Umweltpolitik immer weiter unter die Räder wirtschaftlicher Interessen kommt.

Gabriel gilt als durchsetzungsstarke Persönlichkeit. Bei den anstehenden, weit reichenden Entscheidungen über Klimaschutz, den Atomausstieg oder die Verbreitung von Gentechnik in der Landwirtschaft wird sich zeigen, ob er auch für den Schutz der Umwelt kämpfen wird.

In der großen Koalition wird Umweltpolitik nur dann eine Chance haben, wenn Gabriel bereit ist, ein unbequemer und kämpferischer Minister zu sein, der sich nicht scheut, seiner Kanzlerin und etlichen Kabinettskollegen die Stirn zu bieten.

Autor: Greenpeace e.V.
Kai Uwe
 


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