Uranhexafluorid rollt durch die Gegend und keiner

Uranhexafluorid rollt durch die Gegend und keiner

Beitragvon Kira » Dienstag 16. November 2010, 09:45

Radioaktiv und streng geheim

http://www.volksfreund.de/nachrichten/region/trier/Heute-in-der-Trierer-Zeitung-Radioaktiv-und-streng-geheim;art754,2600558

Von unserem Redakteur Jörg Pistorius
Transporter mit hochgiftigem und radioaktivem Uranhexafluorid rollen durch die Region, aber die betroffenen Kommunen werden darüber nicht informiert. Die Grünen wollen im Stadtrat einen Notfallplan beantragen, und auch Triers Feuerwehrdezernent Thomas Egger (FDP) fordert Aufklärung.
Trier. Tausende von Atomkraftgegnern haben die Castor-Transporte ins Zwischenlager Gorleben mit Demonstrationen und Sitzblockaden behindert, 20 000 Polizisten waren im Einsatz. Auf den Autobahnen und Bundesstraßen der Stadt Trier und des Landkreises Trier-Saarburg rollen dagegen immer wieder Gefahrguttransporter mit Uranhexafluorid. Niemand weiß davon, auch die beiden Verwaltungen werden nicht informiert.

Unfall auf der A 1 in Höhe von Mehring


Damit sind Demonstrationen und Krawalle, die im Fall der Castor-Transporte dieses Mal so extrem waren wie seit Jahren nicht mehr, zwar ausgeschlossen. Aber auch die Feuerwehren der Kommunen erfahren erst dann von einem Urantransport, wenn er in einen Unfall verwickelt wird - so wie es am 12. Oktober auf der A 1 bei Mehring der Fall war (der TV berichtete mehrmals).

Es war ein leichter Zusammenstoß zwischen einem Auto und dem Gefahrguttransporter. Niemand wurde verletzt, die Behälter mit Uranhexafluorid wurden nicht beschädigt. Dennoch wurde dieser Unfall zum Ausgangspunkt einer immer intensiver geführten und weiterhin andauernden Diskussion über die Notwendigkeit und Sicherheit von Uranhexafluorid-Transporten auf den Straßen der Region. Denn offenbar hatten die für den Katastrophenschutz vor Ort zuständigen Kommunen keine Ahnung, was über ihre Straßen rollt, und auch das Umweltministerium in Mainz kennt laut eigener Aussage weder Start noch Ziel der Transporte. "Dazu liegen uns keine Informationen vor", sagt Pressesprecherin Tanja Girke.

Die Stadt Trier weiß, dass sie nichts weiß. "Weder die Berufsfeuerwehr noch die Polizei oder die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sind informiert, wenn Uranhexafluorid-Transporte im Raum Trier unterwegs sind", sagt Jürgen Backes vom Presseamt. Das gehe so nicht, meint Feuerwehr-Dezernent Thomas Egger (FDP): "Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt müssen über solche gefährlichen Transporte im Vorfeld informiert werden, damit wir im Fall der Fälle schon bei Alarmierung genauer Bescheid wissen und reagieren können."

Der Landkreis Trier-Saarburg verweist auf den Gefahrstoffzug der Feuerwehr, der an mehreren Standorten im Kreisgebiet - in Kasel, Freudenburg, Kirf, Saarburg, Beurig, Bekond, Rodt und Wincheringen - über Mittel und Kräfte verfügt, die für einen Einsatz mit radioaktiven Stoffen notwendig sind. "Wir sind hier sehr gut aufgestellt", betont Markus Justen, Geschäftsbereichsleiter und verantwortlich für die Ämter Sicherheit, Ordnung, Straßenverkehr und Umwelt. Ein Zwischenlager in Ellweiler (Verbandsgemeinde Birkenfeld) könne radioaktive Stoffe aufnehmen, nachdem die Feuerwehr die Lage unter Kontrolle gebracht habe.

Das Umweltministerium des Landes räumt ein, weder Transportzeiten noch Routen zu kennen. "Uranhexafluorid wird in Rheinland-Pfalz in Zusammenhang mit der Anreicherung von Uran sicher transportiert", sagt Sprecherin Tanja Girke. Doch wie sicher ist sicher? Girke: "Zum Transport werden in Übereinstimmung mit den Anforderungen der internationalen Gremien zugelassene Druckbehälter aus speziellem Stahl und mit großer Wandstärke verwendet, die sowohl bei der Fertigung als auch bei den alle fünf Jahre wiederkehrenden Prüfungen den strengen Prüfbedingungen für Druckbehälter unterliegen." Eine Freisetzung der hochgiftigen Verbindung durch einen Unfall sei "sehr unwahrscheinlich". Weltweit, so Tanja Girke, sei kein einziger Fall einer solchen Freisetzung bekannt.

Das Innenministerium des Landes bestätigte bereits 2009 auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulrike Höfken (Die Grünen), dass Transporte mit Uranhexafluorid nicht angekündigt werden müssten. Es handle sich bei dieser Verbindung schließlich noch nicht um angereichertes Uran und damit auch nicht um einen Kernbrennstoff, ließ das Ministerium verlauten.

Gefahrguttransporte befördern Stoffe, Gegenstände oder Verbindungen, von denen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit ausgeht. Es gibt neun Gefahrgutklassen. An der Spitze der Gefahrenskala stehen Sprengstoffe sowie endzündbare und giftige Gase. Radioaktive Stoffe folgen erst auf Platz sieben, ätzende Stoffe auf Platz acht. Die Fahrer brauchen spezielle Qualifikationen. Eine große Zahl grenzübergreifender Abkommen regelt den Transport.

Einen Notfallplan wollen die Grünen am Dienstag im Trierer Stadtrat beantragen. Dieser soll eine Organisations- und Ablaufplanung für die Rettungsdienste aus Stadt und Landkreis umfassen. Die Sitzung beginnt um 17 Uhr im Trierer Rathaus.


Meinung

Die Gefahr ist viel zu groß

Die Feuerwehren sollen ständig bereit sein, mit radioaktiven Stoffen und derart gefährlichen Substanzen wie Flusssäure fertigzuwerden. Nur dürfen die Gesellschaften, die solche Stoffe transportieren, offenbar kommen, wann und wie sie wollen. Eine langfristige und stabile Ankündigung eines solchen Transports auf Schiene und Straße wäre aber die Basis einer gezielten und optimalen Vorbereitung auf einen solchen Einsatz. Deshalb kann es in diesem Fall nur eine Konsequenz geben: Wer Uranhexafluorid durch die Region fahren will, muss die Auflage erhalten, die Transporte den betroffenen Verwaltungen anzukündigen und genau offenzulegen, welche Stoffe und Verbindungen durch die Region rollen und welche möglichen Gefahren von ihnen ausgehen. j.pistorius@volksfreund.de

EXTRA

Start und Ziel der Transporte durch die Region Trier sind weder den Verwaltungen noch dem Umweltministerium bekannt. Heide von Schütz, Sprecherin der Grünen im Kreistag Trier-Saarburg, hat nähere Informationen: "Transporte mit Uranhexafluorid laufen von Pierrelatte an der Rhône in Frankreich nach Gronau oder Almelo in den Niederlanden durch unsere Region." Nahe Pierrelatte liegt das Kernkraftwerk Tricastin. In Almelo befindet sich eine Urananreicherungsanlage des Konzerns Urenco. Im westfälischen Gronau steht die einzige deutsche Urananreicherungsanlage. (jp)

HINTERGRUND

Uranhexafluorid ist eine hochgiftige und radioaktive Verbindung. Wenn sie aus ihrem Behälter entweicht, reagiert sie mit der Luftfeuchtigkeit und wird zu Flusssäure. Diese ist aggressiver als Schwefel- und Salpetersäure und in kleinen Mengen tödlich. Die Verbindung wird für die Herstellung von Brennstäben für Kernkraftwerke benötigt. In Pierrelatte wird natürliches Uranerz zu Uranhexafluorid umgewandelt. In Almelo und Gronau wird der Anteil des Isotops U 235 im Uranhexafluorid erhöht, so dass es zu Brennstäben weiterverarbeitet werden kann. Die Transportrouten sind geheim. (jp)
"Wo der Mut keine Zunge hat, bleibt die Vernunft stumm."
(Jupp Müller, deutscher Schriftsteller)

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Re: Uranhexafluorid rollt durch die Gegend und keiner

Beitragvon Kira » Donnerstag 21. August 2014, 08:59

20.08.2014

Radioaktive Fracht

Urantransport fährt entlang der Mosel

Ein Güterzug mit radioaktivem Uran soll in der Nacht zum Mittwoch entlang der Mosel gefahren sein. Die Bundespolizei wollte dies dem SWR weder bestätigen noch dementieren....

http://www.swr.de/landesschau-aktuell/r ... 100/x6gsmf

Netzwerk Attac Koblenz http://www.attac-koblenz.de/index.html

auf Twitter immer aktuell https://twitter.com/hashtag/urantransport


siehe auch

Geheime Nukleartransporte: Was die Deutschen nicht wissen so viewtopic.php?f=47&t=20790
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