Vorbeugung gegen Bleivergiftung durch Eisen

Vorbeugung gegen Bleivergiftung durch Eisen

Beitragvon Karlheinz » Mittwoch 16. August 2006, 07:42

Arznei für den Kochtopf
Neues Verfahren verringert Bleivergiftungen bei Kindern
Von Thomas Wagner
Medizin. - Blei sorgt bei Kindern für Störungen im zentralen Nervensystem und für eine Minderung der Lernfähigkeit. Vor allem in Entwicklungsländern steigt die Zahl an Bleiintoxikationen bei Kindern stetig an. Ein Verfahren aus der Schweiz bringt jetzt indes neue Hoffnung.

Blei ist ein ziemlich übles Umweltgift. Es verursacht gravierende Entwicklungsstörungen im zentralen Nervensystem, vor allem bei Kindern. Die leiden als Folge daraus an einer mangelhaften Ausbildung ihrer kognitiven Fähigkeiten. Der IQ verharrt auf einem niedrigen Niveau, ebenso die Lernfähigkeit.

Michael Zimmerman, aus Amerika stammender Lebensmittelchemiker, beschäftigt sich am Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich schon seit Jahren mit der Frage: Wie lässt sich bei Kindern in Entwicklungsländern der Bleigehalt im Blut reduzieren? Seine Forschungen setzten bei dem Mechanismus an, der überhaupt dafür sorgt, dass das Blei in den menschlichen Körper gelangen kann:

Da gibt es ein Molekül, das beides aufnimmt und durch den Körper transportiert: Eisen und Blei, was beispielsweise in der Nahrung enthalten ist. Jetzt nehmen wir mal den Fall eines Kindes irgendwo in Indien, das in aller Regel an Eisenmangel leidet. Dieses Molekül versucht, der Nahrung ein Höchstmaß an Eisen zu entziehen, um dem Eisenmangel entgegenzuwirken.

Das ist eigentlich eine gute Sache. Nur: Wenn die Bleibelastung der Umwelt relativ hoch ist, sorgt dieses Molekül automatisch dafür, dass auch das Blei in sehr hohen Konzentrationen in den Körper des Kindes mit Eisenarmut gelangt. Wie hier Abhilfe schaffen? Die Bleibelastung der Umwelt reduzieren - das ist ein frommer Wunsch, der sich nicht auf die Schnelle verwirklichen lässt. Michael Zimmermann suchte einen anderen Weg: Warum nicht das Transportmolekül regelrecht austricksen, indem die Eisenzufuhr erhöht wird? Denn wenn ein Kind nicht mehr unter Eisenmangel leidet, regelt das Molekül automatisch die Aufnahmekapazität herunter. In der Folge gelangt nicht mehr so viel Blei ins Blut wie zuvor. Zimmermann schaute sich die Ernährungsgewohnheiten vor allem in Indien und in asiatischen Entwicklungsländern an. Hauptnahrungsmittel dort ist Reis. Die Eisenzufuhr musste also über den Reis erfolgen - kein unproblematisches Unterfangen.

Die Eisenverbindung, mit der wir den Reis anreichern, ist eine ganz herkömmliche Verbindung, die man in der Lebensmittelindustrie längst benutzt, um Kindernahrung, Schokolade und Getränke damit zu versetzen. Der einzige Unterschied ist, dass wir diese Verbindung in einer wesentlich kleineren Partikelgröße als bisher verwenden. Doch eben diese Verbindung ist die einzige Eisenverbindung, die eben weiß ist, so dass man sie problemlos mit Reiskörnern mischen kann.

Diese Eisenverbindung erscheint als weißes Pulver. Und das lässt sich problemlos mit Reismehl vermischen. Aus dem daraus entstehenden Gemisch ließen die Züricher Wissenschaftler Körner pressen und starteten damit ein Experiment mit 134 Kindern aus dem indischen Bangalore: Die Hälfte der Kinder bekam über ein Jahr hinweg den neuen, mit Eisen angereicherten Reis zu essen. Die andere Hälfte aß herkömmlichen Reis. Nach einem Jahr kontrollierten Zimmerman den Bleigehalt im Blut der Kinder:

Bevor das Schuljahr begann, stellten wir bei etwa zwei Drittel der Kinder eine stark überhöhte Bleikonzentration fest. Am Ende des Schuljahres hatte nur noch ein Viertel der Kinder überhöhte Bleiwerte. Bei der Kontrollgruppe, die den herkömmlichen Reis ohne die Eisen-Anreicherung bekam, stellten wir überhaupt keine Verbesserung fest.

Dass heißt: Zimmermans Rechnung ist aufgegangen. Das Transportmolekül hat durch die Eisenzufuhr die Bleiaufnahme gestoppt, obwohl das Blei in der selben Konzentration in der Umwelt auftrat. Nun steht, sagt der in Zürich tätige Lebensmittelexperte, einer großflächigen Anreicherung von Reis mit Eisen nichts mehr im Wege. Ein Schweizer Unternehmen hat bereits eine Maschine entwickelt, die in großindustriellen Mengen Reis nach dem Konzept der Züricher Wissenschaftler anreichern kann. Die erste dieser "Eisenreismaschine" wurde bereits nach China verkauft.

Quelle: DLF
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