Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft

Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft

Beitragvon Janik » Mittwoch 4. Mai 2005, 08:51

Wien, 03.05.2005: Am Sonntag wurden in Österreich erstmals seit 1998 großflächig Antibiotika in die Natur eingebracht. Betroffen sind 19,8 Hektar Obstanbaufläche in Vorarlberg, auf denen rund zwölf Kilogramm des Antibiotikums Streptomycin gegen Feuerbrand gespritzt wurde. Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 kritisiert scharf, dass Landwirtschaftsminister Pröll durch eine Zulassung durch die Hintertür diese Anwendung ermöglicht hat.

"Antibiotika haben in der Pflanzenproduktion nichts verloren und gehören dort verboten", so GLOBAL 2000-Pestizidexperte Helmut Burtscher. Dies wird auch von der Weltgesundheitsorganisation und der EU-Kommission dringend empfohlen. Die Obstbauern haben jedoch ein Anrecht auf Unterstützung und Hilfestellung im Kampf gegen den Feuerbrand. Deshalb fordert GLOBAL 2000 die Umsetzung einer österreichweiten Feuerbrandstrategie ohne Antibiotika zur Rettung des österreichischen Obstbaus.

"Aus medizinischer Sicht ist der sorglose Umgang mit Antibiotika in der Landwirtschaft strikt abzulehnen. Antibiotika sind keine Pflanzenschutzmittel", so der Mediziner und Ökologe Hans-Peter Hutter von den Ärzten für eine gesunde Umwelt. "In der Schweiz gilt für Antibiotika im Pflanzenschutz bereits heute ein strenges Verbot, das wir uns auch für Österreich wünschen würden." Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit begründet das Streptomycin-Verbot mit der "Befürchtung, dass Resistenzgene gegen Antibiotika auch auf Krankheitserreger des Menschen übertragen werden”. „Das bedeutet, dass die Humanmedizin Gefahr läuft, wichtige Medikamente im Kampf gegen Infektionskrankheiten zu verlieren“, so Hutter.

In der EU hat das Antibiotikum Streptomycin im März 2004 seine Zulassung als Pflanzenschutzmittel verloren. In Österreich wurde es im gleichen Jahr von Landwirtschaftsminister Pröll auf die Liste der Pflanzenschutzmittel gesetzt, die aufgrund gesundheitlicher oder ökologischer Bedenken verboten sind. Das gesetzliche Schlupfloch der sogenannten „Gefahr im Verzug“-Zulassung (§13 Pflanzenschutzmittelgesetz 1997) ermöglichte es aber, diese Verbote zu umgehen. „Es zeugt von Doppelbödigkeit, wenn Minister Pröll per Verordnung ein Pestizid verbietet, um es im folgenden Jahr durch die Hintertür wieder zu zulassen“, so Burtscher.

Wissenschaftliche Feldversuche deuten auf eine nur mangelhafte Schutzwirkung des Antibiotikums gegen den Feuerbrand hin. Der Wirkungsgrad liegt in den auf der Homepage der AGES einsehbaren Untersuchungen lediglich zwischen 27 und 77 Prozent. Streptomycin kann die Ausbreitung zwar verlangsamen, hat aber keinerlei kurative Wirkung. Einzig die frühe Erkennung und das konsequente Ausschneiden der befallenen Pflanzenteile kann den Feuerbrand stoppen. „Der mögliche Erfolg durch Streptomycin steht in keinem Verhältnis zum Risiko, das Landwirtschaftsminister Pröll der Bevölkerung zumutet. Es scheint, als wolle Landwirtschaftsminister Pröll das Antibiotikum Streptomycin als Beruhigungspille für die österreichischen Obstbauern einsetzen. Gefordert ist aber eine österreichweite Feuerbrandstrategie ohne Verwendung von Antibiotika, die mit gesetzlich geregelten Entschädigungen durch Feuerbrand verursachte Verluste auffängt und das Problem an der Wurzel packt“, fordert Burtscher und warnt in diesem Zusammenhang vor dem drohenden Imageschaden für die Marke „Obst aus Österreich“ durch die Verwendung von Antibiotika.

Die Kontamination von Honig mit Streptomycin ist ein weiteres Problem, das mit dem Antibiotikaeinsatz verbunden ist. 2003 wurde in Baden Württemberg, wo Streptomycin gespritzt wurde, in jeder fünften Probe das Antibiotikum gefunden. Jede zweite positive Honigprobe war über dem gesetzlichen Höchstwert mit dem Antibiotikum belastet.
Janik
 

Antibiotikaresistenzen

Beitragvon Konstantin » Montag 9. Mai 2005, 20:24

Antibiotikaresistenzen sind im Vormarsch, wen wundert es, wenn man sowas liest.
Konstantin
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