Friedliche Genkoexistenz ?

Friedliche Genkoexistenz ?

Beitragvon Karlheinz » Dienstag 5. Juni 2007, 07:22

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FORSCHUNG AKTUELL

04.06.2007 · 16:35 Uhr

Fremde Gene in Blattgrünkörnern haben kaum eine Chance, auf andere Pflanzen überzuspringen. (Bild: AP Archiv)

Gene an die Leine gelegt
Fremdgene von Biotech-Pflanzen erhalten Ausbruchschutz
Von Arndt Reuning
Biologie. - Noch immer ist der Freilandanbau gentechnisch veränderter Gewächse umstritten, denn Kritiker befürchten, die fremden Gene könnten in die freie Wildbahn ausbrechen. Experten erörterten jetzt neue Ansätze, mit denen das zuverlässig unterbunden werden soll.


Um zu verhindern, dass genmanipulierte Pflanzen ungewollt auskreuzen, müssen die Molekulargenetiker bis zum Kern des Problems vorstoßen. In diesem Fall ist das wörtlich zu verstehen: zum Zellkern. Dort lagert nämlich nahezu das gesamte Erbmaterial einer Pflanze in einer gigantischen Gen-Bibliothek. Und vom Zellkern wandern diese Erbanlagen dann in die heranreifenden Pollen. Allerdings gibt es in einer Zelle auch noch andere Untereinheiten, die eine eigene, kleine Gen-Bibliothek außerhalb des Kerns besitzen. Zu ihnen gehören die Plastiden.

Plastiden, dazu gehören zum Beispiel die Chloroplasten. Das sind die kleinen, grünen Körnchen, die die Pflanze überhaupt erst grün machen. Darin befindet sich das Chlorophyll, und darin kann die Pflanze das Sonnenlicht sammeln und aus Lichtenergie chemische Energie herstellen.

Professor Ralph Bock vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam. Er ist ein Spezialist für die Chloroplasten, die Blattgrünkörner. Er arbeitet zum Beispiel an Tabakpflanzen, setzt ihnen Resistenzgene ein, die sie widerstandsfähig machen. Und die verankert er nicht im Zellkern, sondern eben in den Blattgrünkörnern. Der Clou dabei: Weil die väterlichen Pollen nahezu keine Blattgrünkörner enthalten, gelangen die fremden Gene erst gar nicht in die Umwelt. Sie werden bloß über die mütterliche Linie vererbt, über die weiblichen Keimzellen in der Blüte. Das haben die Forscher um Ralph Bock wieder bestätigt. Dazu haben sie mit den Pollen von ihrem genmanipulierten Tabak unveränderte Mutterpflanzen bestäubt. Und dann nachgesehen, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich die Resistenzgene in die nächste Generation hinüber gerettet haben. Das Ergebnis war eindeutig.

Und wir haben gesehen, dass diese Wahrscheinlichkeit sehr, sehr niedrig ist, also im Bereich von eins zu einer Million. Das heißt, wenn wir also solch eine Kreuzung durchführen, dann haben wir nur in einem von einer Million Samen, die aus dieser Kreuzung resultieren, dann auch mal ein solches Chloroplastengenom vom Vater, was quasi über den Pollen übertragen wurde, drin.

Die Methode, die fremden Gene in den Blattgrünkörner zu verankern, funktioniert beim Tabak bisher am besten. Die Pflanzen können so nicht nur widerstandsfähig gemacht werden gegen Pflanzenschutzmittel oder Schädlinge. Die Wissenschaftler können sie auch zu kleinen chemischen Fabriken umfunktionieren. So haben die Forscher aus Potsdam zum Beispiel Tomaten genetisch so verändert, dass sie besonders viel Vitamin A herstellen. Das funktioniert dann allerdings nicht mit den Blattgrünkörnern.

In den reifen, roten Früchten der Tomate liegt eine andere Form der Plastiden vor: keine grünen Chloroplasten, sondern diese bekannten feuerroten so genannten Chromoplasten. Die akkumulieren nicht diesen grünen Blattfarbstoff Chlorophyll, sondern stattdessen hohe Mengen von Carotinoiden, die wir zum Beispiel als Vitamin A in einer abgewandelten Form kennen als Bestandteile unserer Nahrung.

Allerdings: Die Fremd-Gene in die Plastiden zu bringen, funktioniert in der Praxis nicht so leicht wie die Verankerung im Zellkern. Daher gibt es auch noch nicht sehr viele Pflanzenarten, bei denen die Methode bisher Erfolg hatte.

Momentan ist es noch beschränkt auf Pflanzen wie Tabak, Kartoffel, Tomate. Es gibt erste Erfolge aber auch bei einigen anderen Nutzpflanzen wie zum Beispiel Raps und Kohl. Es gibt die Technologie aber noch nicht für die weltweit wichtigsten Kulturpflanzen. Das sind die Getreide, Mais, Weizen, Gerste, Reis. Da hat es leider den entscheidenden Durchbruch noch nicht gegeben trotz des großen Interesses auch der Saatgutproduzenten und der Biotechnologiefirmen. Da wären natürlich die Firmen sehr interessiert daran, auch eine Technologie zu haben, die diese Auskreuzung verhindert oder zumindest deutlich einschränkt, aber leider ist da der technologische Durchbruch, der entscheidende, noch nicht gelungen.

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