von Leckermäulchen » Samstag 12. November 2011, 17:05
Wer von euch kennt sich mit der rechtlichen Situation aus und hat evtl. so was auch schon erlebt?
Ich (57 J.) hatte gestern einen Termin beim Jobcenter, die übliche Einladung, über meine berufliche Situation mit dem Sachbearbeiter zu sprechen.
Nun habe ich seit gestern einen neuen Sachbearbeiter. Und der hat sofort mit mir eine neue Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen.
Aus dieser geht nun hervor, dass ich bei Arbeitsangeboten verpflichtet bin, mich zeitnah zu bewerben, d. h. die Bewerbung muss ich spätestens am 3. Tag, nachdem sie mir vom Jobcenter zugestellt worden ist, zum Arbeitgeber senden.
Da ich seit bald 12 Jahren raus bin aus dem zusammenhängenden Erwerbsleben auf dem 1. Arbeitsmarkt, habe ich natürlich weder an den Entwicklungen seit dieser Zeit einen Anteil gehabt, was heutige Erwartungen der Arbeitgeber betrifft noch Computerprogramme, der Computer war bis 1999 mein hauptsächliches berufliches Werkzeug (aber auch damals schon museumsreif, denn ich tippte auf Disketten über das Programm Word 5.5 die Firmenpost).
Deshalb kamen nun bei mir dick gefüllte Leitz-Ordner mit Bewerbungsschreiben und entsprechenden Absagen der Firmen zusammen. Aufgehört zu zählen, wie viele Bewerbungsmappen das waren, habe ich nach etlichen Hundert. Lediglich 2005 hatte ich noch ein einziges Mal großes Glück gehabt. Ich hatte mich eigeninitiativ online bei einer kleineren Firma vorab beworben und meine Bewerbungsmappe nachgereicht. Dann wurde ich eingestellt. Die Tätigkeit dort glich zufällig in nahezu allen Bereichen derjenigen, die ich von 1972 bis 1982 in meiner beruflichen Anfangszeit ausführte. Leider übernahm mich die Firma nicht, sondern setzte mich in der Probezeit wieder an die frische Luft.
Ich sagte meinem neuen Jobcenter-Betreuer also, ich hätte bestimmt schon über 1.000 Bewerbungen verschickt und Absagen bekommen, aber das beeindruckte ihn gar nicht. Im Gegenteil: Er bezog sich auf meine letzte Tätigkeit in einem Verein, wo ich einen Minijob ausführte in 2008, wo sich bald herausstellte, dass dieser kriminell vorging und plötzlich die Kripo im Büro auftauchte. Sie konfiszierten einiges, der Verein wurde geschlossen, die Schuldigen in den Knast gesteckt. Abgesehen davon verbleiben einem Minijobber, der ALGII bezieht, ja sowieso nur 20 % des mageren Verdienstes, wenn er über 100 Euro hinausgeht. Die 80% streicht das Jobcenter ein. Als ich dem Mitarbeiter sagte, dass die ja kriminell waren, ging er auch darauf überhaupt nicht ein.
Nun frage ich mich ernsthaft, was ich da zu erwarten habe, denn er setzte erstens voraus, ich müsse ja einen Rechner zu Hause haben, worauf ich ihm sagte, ich habe gerade einen geschenkt bekommen. Davor hatte ich immer wieder phasenweise keinen.
Als ich dann darauf hinwies, dass es mir ja gar nicht möglich ist, Bewerbungsmappen zu erstellen ohne entsprechende Voraussetzungen, meinte er zweitens lapidar, ich könne mir ja einen USB-Stick besorgen, das Geld bekäme ich vom Amt zurück. 1999 gab es noch keine USB-Sticks. Ich habe die Dinger bis gestern, wo ich in den Abteilungen der Kaufhäuser speziell danach suchte, noch nie gesehen, geschweige denn benutzt. Auf den Verpackungen stehen aber die Betriebssystemvoraussetzungen drauf. Der Rechner, den ich jetzt habe, läuft auch unter Linux, wenn er läuft, was auch eher selten mal passiert. Die Bezeichnung auf der Verpackung des USB-Sticks, wenn er unter Linux benutzt wird, ist aber nicht identisch mit meiner Linuxversion.
Dann frage ich mich nun ernsthaft, wie soll ich bitteschön binnen drei Tagen eine Bewerbungsmappe erstellen? Und warum überhaupt, wenn ca. 1000 Bewerbungen die letzten 14 / 15 Jahre vergeblich waren und sich garantiert heute kein Arbeitgeber danach sehnt, ausgerechnet mich beruflich Ausgesteuerte unbedingt einzustellen? Tue ich das aber nicht, dann gibt es von dem mickrigen HartzIV, das bei mir sowieso nur bis höchstens zum 10. d. M. zum „Leben“ ausreicht, noch eine empfindliche Sanktion von 30% Abzug beim ersten Mal, später mehr.
Das ist doch Schikane und Übertölpelung vom Feinsten! Ich bringe das Montag meiner Rechtsanwältin hin.