Merkblatt Isocyanate Berufskrankheit

Merkblatt Isocyanate Berufskrankheit

Beitragvon Konstantin » Samstag 25. Juli 2009, 22:55

Merkblatt zur BK Nr.1315:
Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben,
die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit
ursächlich waren oder sein können.

AUSZUG:

II. Pathophysiologie

Die Isocyanate reagieren insbesondere chemisch mit NH2- und OH-Gruppen, so dass Zellmembranen im menschlichen Körper verändert und zerstört werden können. Toxische Wirkungen werden auch mit einer in vitro nachgewiesenen Hemmung der Acetylcholinesterase erklärt. Die Aufnahme erfolgt vorwiegend durch Inhalation von Isocyanat-haltigen Gasen, Dämpfen, Aerosolen und Staubpartikeln. Dies kann zu allgemeinen Reizerscheinungen am Auge und im Respirationstrakt führen. Nach tierexperimentellen Befunden mit hohen Dosen verteilen sich Isocyanate bzw. deren Metabolite auch im Blut, im Gastrointestinaltrakt und in geringen Mengen in anderen Organen. Isocyanate rufen gelegentlich eine Sensibilisierung im Sinne einer Typ-I-Allergie hervor. Wie alle derartigen allergischen Reaktionen, kann diese schon bei Einwirkung sehr geringer Konzentrationen erfolgen. Im Serum von 5-20% der Exponierten sind spezifische IgE- oder/und IgG-Antikörper nachweisbar. Wiederholter Hautkontakt kann neben lokalen toxischen und allergischen Reaktionen eine stoffspezifische bronchiale Überempfindlichkeit hervorrufen (Beck und Leung 2000; Wisnewski et al. 2000; Baur et al. 2003).

Die erwähnten Mechanismen können zu einer Bronchialobstruktion mit asthmaähnlicher Symptomatik führen. Weniger häufig kommt es zu einer Schädigung des Alveolarepithels in den Lungen mit dem klinischen Bild einer Alveolitis, nach schweren Vergiftungen auch zur Entwicklung eines toxischen Lungenödems.

III. Krankheitsbild und Diagnose

» Obstruktive Atemwegserkrankung

Sie ist gekennzeichnet durch Reaktionen in den Luftwegen in Form von Hustenreiz, retrosternalem Druckgefühl, Brennen in der Luftröhre und asthmaähnlicher Atemnot mit trockenen, giemenden und pfeifenden Begleitgeräuschen bei der Atmung. Gelegentlich gehen Reizerscheinungen an den Konjunktiven und an den Nasenschleimhäuten voraus. Die Atembeschwerden verstärken sich bisweilen erst einige Stunden nach der Exposition.

Die Diagnose stützt sich auf die Arbeitsanamnsese und die Messung des Atemwegswiderstandes, hilfsweise auf die Einschränkung der Ein-Sekunden-Kapazität bei forcierter Ausatmung, auf das Fluß-Volumen-Diagramm oder die Peak-Flow-Messung. Ein arbeitsplatzbezogener inhalativer Expositionstest mit Isocyanaten ist zur Sicherung der Diagnose selten erforderlich und kann nur unter ausreichenden klinischen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden. Nach chronischer oder akuter, sehr hoher Einwirkung kann sich eine chronische obstruktive Atemwegserkrankung entwickeln.

Es gibt Personen, welche schon auf sehr geringe Isocyanatkonzentrationen (z.B. 0,001 ml/m3=ppm) eine starke Bronchialobstruktion erleiden. In leichteren Fällen kommt es nur zu einer bronchialen Hyperreagibilität, welche durch unspezifische bronchiale Reagibilitätstests, z.B. mit Methacholin, nachgewiesen wird. Der negative Ausfall eines unspezifischen bronchialen Reagibilitätstest schließt - insbesondere nach Karenz gegenüber Isocyanaten - eine arbeitsbedingte Atemwegsobstruktion nicht aus. Auch bei einem negativen arbeitsplatzbezogenen inhalativen Expositionstest mit einer bestimmten Isocyanatverbindung kann eine bronchialobstruktive Reaktion auf Exposition mit einer anderen Isocyanat-Verbindung erfolgen. Das vermehrte Vorhandensein spezifischer IgE- Antikörper im Serum stützt die Diagnose, ist für sie jedoch nicht Voraussetzung. Ein routinemäßig einsetzbares Hauttestverfahren existiert noch nicht.

» Alveolitits

Die Diagnose ergibt sich aus der Kombination von Fieber, Schüttelfrost, Dyspnoe und Druckgefühl im Brustbereich nach mehrstündiger Latenzzeit, röntgenologisch sichtbaren Veränderungen in der Peripherie der mittleren und unteren Lungenfelder in Form von interstitieller Zeichnungsvermehrung und/ oder (klein-)fleckigen, alveolaren Verdichtungen. Auskultatorisch hört man feinblasige Rasselgeräusche. Hinzu kommen die weiteren Zeichen einer Lungenparenchymerkrankung, insbesondere die Abnahme der Vitalkapazität und des CO-Transferfaktors (Diffusionskapazität). Wie bei Alveolitiden anderer Genese werden auch ein Abfall des Sauerstoffpartialdruckes im arteriellen Blut nach Belastung und akute systemische Reaktionen, wie Myalgien und ein Anstieg der Leukozyten im peripheren Blut, beobachtet. Ein Übergang in eine Lungenfibrose wurde bisher nur vereinzelt beobachtet.

IV. Weitere Hinweise

Empfindliche Personen können auch eine Bronchialobstruktion durch Isocyanate erleiden, wenn sich ihr Arbeitsplatz in größerer Entfernung zur Emissionsquelle befindet oder in der Luftmessung keine Isocyanate festgestellt werden (Cave: Fehlmessungen u. a. in Folge Aerosolbildung und Kondensation, z.B. von MDI, NDI, Polyisocyanaten). Nach Beendigung der Exposition bilden sich die respiratorischen Symptome etwa in der Hälfte der Fälle wieder völlig zurück. Für MDI gibt es einen BAT-Wert (s. aktuelle MAK- und BAT-Werte-Liste).

Differentialdiagnostisch sind insbesondere allergische Asthmaerkrankungen bei Sensibilisierung gegen Pflanzenpollen, Hausstaubmilben, Tierhaare und das im mittleren Lebensalter charakteristischerweise nach Bronchialinfekten auftretende und fortbestehen-de Infekt-Asthma ("Intrinsic-Asthma") abzugrenzen. Eine Bronchialobstruktion während des Umganges mit Isocyanaten kann auch anderweitig bedingt sein: z.B. durch tertiäre aliphatische Amine, die als Katalysatoren bei der Weichschaum- sowie bei der Kernsand-Herstellung Verwendung finden; durch Aerosole von allergisierenden Kühlschmiermitteln oder durch Rizinusöl, das u.a. Gesteinsverfestigern zugesetzt wurde ....



Das ganze Merkblatt ist hier einzusehen:
http://www.arbmed.med.uni-rostock.de/bkvo/m1315.htm
Konstantin
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