Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet

Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet

Beitragvon § Info » Montag 4. Juli 2005, 18:47

Antidiskriminierungsgesetz verabschiedet
Der Deutsche Bundestag hat mit der Mehrheit der rot-grünen Regierungskoalition das Antidiskriminierungsgesetz (ADG) beschlossen. Die Regelung sieht vor, dass im Geschäftsverkehr niemand wegen Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung, Religion und Weltanschauung benachteiligt werden darf. Zu der Regelung, mit der mehrere EU-Richtlinien umgesetzt werden sollen, gehören auch eine Reihe arbeitsrechtlicher Vorschriften. Ein Inkrafttreten des Gesetzes ist allerdings fraglich, da die Opposition die Regelung im Bundesrat bis zu den erwarteten Neuwahlen im September blockieren könnte.

„Es ist frustrierend, dass ein Gesetzentwurf zu Gunsten von Menschen mit Behinderungen auf der Zielgerade zu scheitern droht, weil er nicht rechtzeitig auf den Weg gebracht wurde“, kommentierte Ottmar Miles-Paul, Aktiver der Aktion Grundgesetz und Sprecher des Netzwerk Artikel 3, in Richtung rot-grüner Bundesregierung. „Das Thema Menschen mit Behinderungen wurde wie so oft halbherzig behandelt.“ Zugleich forderte er den Bundesrat auf, die Verabschiedung des Gesetzes nicht zu blockieren und dafür zu sorgen, dass endlich auch in Deutschland ein Diskriminierungsschutz für benachteiligte Gruppen, also auch für behinderte Menschen, in Kraft trete.

Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD), die Lebenshilfe und die Caritas forderten Christdemokraten und Liberale auf, das Gesetz im Bundesrat nicht zu blockieren. SoVD-Präsident Adolf Bauer erklärte: „Das Gesetz ist überfällig. Gerade behinderte und ältere Menschen erleben nach wie vor vielfältige Diskriminierungen.“ Wenn es zu einer 1:1 Umsetzung der EU-Richtlinien käme, wie es die Union fordere, würden alte und behinderte Menschen nicht vom Antidiskriminierungsgesetz geschützt. Das könne auch die Union nicht ernsthaft wollen. Eine Blockade des Antidiskriminierungsgesetzes im Bundesrat wäre auch deswegen verantwortungslos, weil dann horrende Strafzahlungen an die Europäische Union drohen. Die Strafe könnte vier bis sechs Millionen Euro täglich betragen. Das könne sich Deutschland angesichts der leeren Kassen nicht leisten.

Die Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung begrüsste die seit langem geforderte Verabschiedung des Antidiskriminierungsgesetzes. Bundesvorsitzender Robert Antretter: „Es ist der Regierungskoalition zu danken, dass behinderte Menschen in den Schutz dieses Gesetzes mit einbezogen wurden. Noch können wir allerdings nicht aufatmen. Das ADG ist zwar nicht zustimmungspflichtig, wir müssen aber befürchten, dass nun CDU/CSU und FDP ihre Einspruchsmöglichkeiten im Bundesrat nutzen, um das ADG vor den Neuwahlen nicht mehr in Kraft treten zu lassen.“

Der Deutsche Caritasverband widersprach der im Vorfeld von vielen Seiten geäußerten Auffassung, das Antidiskriminierungsgesetz werde ein Übermaß an Bürokratie oder eine Prozesslawine auslösen. Die Erfahrungen mit vergleichbaren Regelungen zur Gleichberechtigung der Frau zeigten, dass die Umsetzung zu keinem unverantwortbaren Mehraufwand führen werde. Daher wende sich die Caritas gegen eine weitere Verzögerung bei der Schaffung eines Antidiskriminierungsgesetzes. Deutschland müsse seinen europäischen Verpflichtungen nachkommen und den Betroffenen gesetzlichen Schutz gewähren.

Der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Karl Hermann Haack, bezeichnete die Verabschiedung des ADG als aktive Bürgerrechtspolitik. Es sei „notwendig und richtig die EU-Antidiskriminierungsrichtlinien so umzusetzen, dass die Diskriminierung behinderter Menschen auch im Zivilrecht sanktioniert wird“. Das ADG biete die Grundlage, Auswüchse von Vertragsfreiheit wie die Verweigerung von Versicherungen für behinderte Menschen oder den Verweis aus Gaststätten oder Diskotheken ohne sachliche Gründe zukünftig zu unterbinden.
§ Info
 

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