Pestizide als Frühlingsgruss

Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Silvia K. Müller » Mittwoch 4. Juni 2008, 20:40

Heute bekamen wir ein Photo geschickt. Ein Bauer sprüht sein Feld.
Nichts Ungewöhnliches? Richtig, es ist Alltag, dass von Bauern
Nervengifte bis in Nachbars Garten versprüht werden. Ob der Nachbar
im Garten steht oder nicht, tangiert den Bauern nicht.


Statt Nachbars Opfer, Bauernopfer:

http://www.csn-deutschland.de/blog/2008/06/04/pestizide-als-fruehlingsgruss-armes-deutschland/
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Silvia K. Müller
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Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Juliane » Mittwoch 4. Juni 2008, 23:38

Sie spritzen im Frühjahr, im Frühsommer. Sie spritzen im Frühherbst und im Spätherbst. Sie spritzen gegen Pilzbefall, gegen Insekten, gegen das, was sie die Unkräuter nennen. Ich kann sie sehen vom Fenster im ersten Stock. Ein Bauer kommt selten allein. Es sieht aus, als wäre der Einsatz koordiniert. Oft kommen sie in den Abendstunden. Manche haben einen offenen Trecker, manche eine Kabine. Sie kommen auch in der Dunkelheit. Dann fahren sie mit Scheinwerferlicht über ihre Felder. Wenn die Kartoffel reif sind, spritzen sie die Stauden gelb. Am schlimmsten stinkt das Gift der Rosengärtner.

Sie winken ab, wenn man sie anspricht. Sie wollen es nicht wissen. Sie dürfen es gar nicht wissen. Nur nicht drüber nachdenken. Wenn Sie wüssten, was manche Doktoranten schreiben:


"Organophosphor-Verbindungen (OP) sind Substanzen, die als Insektizide lebensnotwendig für
die Sicherung der Ernährung eines Großteils der Erdbevölkerung sind. Spielen sie, aufgrund
des Klimas mitteleuropäischer Breitengrade, hier nur eine eher geringe Rolle, so ist ihr
Haupteinsatzgebiet in heißen, subtropischen bis tropischen Regionen der Entwicklungsländer.
Weltweit werden gegenwärtig ca. 100 Insektizide auf Organophosphorbasis eingesetzt...

Gegenüber früher eingesetzten Organochlor-Verbindungen besitzen sie den
Vorteil, schnell und vollständig abgebaut zu werden und sich nicht, wie z.B. DDT, in der
Nahrungskette anzureichern. Dafür muss allerdings eine deutlich höhere akute Warmblüter-
Toxizität in Kauf genommen werden. Pro Jahr treten schätzungsweise 3 Millionen durch
Organophosphorinsektizide verursachte Vergiftungen auf, ca. 300 000 davon enden tödlich...

Die Mehrzahl der Fälle sind jedoch akzidentelle oder chronische Expositionen, mit weniger akutem Krankheitsverlauf"

Kann man nachlesen in einer Doktorarbeit aus dem Jahr 2007 :

"Einfluss des Paraoxonase-Phänotyps auf die Abbaugeschwindigkeit
hochtoxischer Phosphoryloxime"

http://edoc.ub.uni-muenchen.de/6898/1/Stenzel_Jochen.pdf


Ja, so schreibt der Herr Doktor in seiner Dissertation:


"... muss allerdings eine deutlich höhere akute Warmblüter-Toxizität in Kauf genommen werden....
Die Mehrzahl der Fälle sind jedoch akzidentelle oder chronische Expositionen, mit weniger akutem Krankheitsverlauf"

Die Bauern und Gärtner, die Landarbeiter wissen das nicht, was die Herren und Damen im weißen Kittel schon lange wissen. Und nur zu oft müssen das Mittel mit der "deutlich akut höheren Warmblütlertoxizität in Kauf nehmen".

Und die Damen und Herren im weißen Kittel wissen noch mehr. Sie wissen, warum es den Einen hart und den Anderen weniger hart trifft. Sie kennen die genetischen Varianten im Gen Paraoxonase1. Jene Variante , die verhindert, dass der Körper ihres Trägers die toxischen Substanzen abbauen kann.

Chemikaliensenitive Menschen reagieren schon auf geringe Mengen von Insektiziden auf Organophosphorbasis. Sie sind auch häufig Träger einer genetischen Variante im Gen PON1.

Auch das wissen unsere Wissenschaftler. Aber sie haben ja einen Sachzwang:

"Gegenüber früher eingesetzten Organochlor-Verbindungen besitzen sie den
Vorteil, schnell und vollständig abgebaut zu werden und sich nicht, wie z.B. DDT, in der
Nahrungskette anzureichern".

Würde man keine Chemikalien einsetzten, würde sich auch kein Schadstoff in der Nahrungsmittelkette anreichern. Aber diese Tatsache liegt wohl nicht im Interesse der Chemiekonzerne.
Juliane
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Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Franz » Donnerstag 5. Juni 2008, 10:54

Letztes Jahr verteilte Greenpeace vor Supermärkten eine kleine Broschüre "Essen ohne Pestizide. Einkaufsratgeber und Supermarktvergleich für Obst und Gemüse."
http://www.greenpeace.de/pestizide


Ein wirklich nützlicher Ratgeber, der über die Pestizidbelastung, die verwässerten Grenzwerte und die Möglichkeiten der Schadensbegrenzung durch Auswahl weniger belasteter Produkte informiert.

Auf Seite 7 der Broschüre sieht man ein Foto eines Obstbauern im Spritzeinsatz.

Bildunterschrift:

"Im konventionellen Anbau werden Äpfel zwischen Blüte und Ernte durchschnittlich 28-mal gespritzt."

Das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Denn die Luftfracht dieser Spritzeinsätze landet bei entsprechender Windrichtung immer in unserem Wohngebiet.

Und niemand warnt die Mütter mit Babys und Kleinkindern auf dem Spielplatz.

Und niemand warnt kranke Menschen, die Fenster zu schließen.

Chemikaliensensitive Menschen sind zu Spritzzeiten gefährdet. Für Spritzeinsätze gibt es keine Vorwarnung. Und so wird jeder Spaziergang zum Risiko.
Franz
 

Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Maria Magdalena » Donnerstag 5. Juni 2008, 19:06

Ich kaufe prinzipiell Produkte in Bio-Qualität. Damit tue ich schon sehr viel für die Umwelt, für meine Gesundheit und gegen den giftigen Chemie-Wahn. Wenn die Verbraucher endlich umdenken würden, dann hätten wir weniger Probleme mit Schadstoffen, dann würde man die Produzenten zum Umdenken und Umstellen zwingen. Aber man lässt sich leichtsinniger Weise von der dämlichen Werbung den Kopf verdrehen. Anstatt ihr Geld für unnützen Kram zu verschwenden, sollten die Käufer mehr für Qualität beim Essen und Trinken ausgeben. Das ist nämlich Lebensfreude, Gesundheit und Genuss pur. Viele geben ihr Geld für Gegenstände aus, mit denen sie angeben, ihr Selbstbewusstsein steigern oder ihren Frust verdrängen und ihre Langeweile vertreiben können. Dafür ist wirklich gutes und gesundes Essen für sie Luxus, da sparen, d. h. geizen sie. Lieber umgeben sie sich mit teuren, überflüssigen leblosen Dingen, als etwas in ihre Gesundheit und Lebenskraft zu investieren. Deshalb werden viele von ihnen krank, und zwar schwer, oft auch unheilbar. Für mich ist diese Logik unbegreiflich. Was hat man von den teuren Autos, Fernsehern, Computern, Handys, kostspieligem Urlaub, Schmuck etc., wenn man sich dafür den letzten Müll hineinstopft und davon krank wird. Tut mir leid, aber das ist für mich persönlich kein Grund, auf mich stolz zu sein und anzugeben. Gesundheit, Warmherzigkeit, Verstand, Wissen, Lebensfreude, Humor, Freundlichkeit, Spaß an Natürlichkeit, Freundschaft, Kommunikation mit netten Leuten, Sinn für die wirklich wertvollen Dinge im Leben- das ist es, worauf es ankommt. Sonst hat man sein Leben vergeudet.

- Editiert von Maria Magdalena am 05.06.2008, 20:12 -
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Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Yol » Donnerstag 5. Juni 2008, 22:55

@Juliane @ Franz

Danke sehr für diese Informationen. Ich habe die Links schon an Stellen weitergeleitet, die damit etwas anfangen können. Es ist notwendig, dass diese Infos unter sehr viele Leute kommen, auch an solche die an Schalthebeln sitzen.

Nur ein gut informierter Verbraucher kann handeln. Und wenn immer mehr Verbraucher handeln wie Maria Magdalena und wir alle, ja dann wird es schwieriger, durch solche Schweinereien den Firmengeldbeutel prall gefüllt zu behalten.
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Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Lulabee » Samstag 14. Juni 2008, 18:54

In You Tube habe ich ein schönes Video gefunden.
Man lernt, dass es ganz gut ohne Pestizide geht.
Es ist auch was für Kinder.

Vielfalt ohne Pestizide:
http://youtube.com/watch?v=A4nZLQkei64&feature=PlayList&p=6DAF9CB34B6CA025&index=0
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Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Maria Magdalena » Samstag 14. Juni 2008, 20:05

Und hier können wir ganz konkret und gezielt uns gegen die krank machenden Gifte in unserer Nahrung einsetzen:

http://de.einkaufsnetz.org /28780.html

Greenpeace konfrontiert Minister Seehofer mit den skandalösen Fakten:

http://www.greenpeace.de /themen/chemie/nachrichten/artikel/was_tut_der_verbraucherminister_gegen_den_illegalen_pestizidhandel/
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Re: Pestizide als Frühlingsgruss

Beitragvon Tüpfelponcho » Dienstag 8. März 2016, 23:57

Der zuvor genannte Link ist nicht mehr aufrufbar, aber im Webarchiv:

01.12.2006
... rund 100 Kilogramm illegale Pestizide, die Greenpeace-Rechercheure ohne Probleme bei Agrarhändlern in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz sowie in Frankreich und Luxemburgkaufen kaufen konnten..."Es besteht dringender Handlungsbedarf. Es darf nicht sein, dass hochgiftige verbotene Substanzen an jeder Ladentheke erhältlich sind oder über Direktversand und Internethandel eingekauft werden können und so letztlich auf unseren Tellern landen", sagte Greenpeace-Agrarexperte Martin Hofstetter in Berlin. "Zum Teil handelt es sich um akut giftige Substanzen, die weder in den Handel, noch in die Umwelt und erst recht nicht in unser Essen gelangen dürfen."


https://web.archive.org/web/20111223040 ... zidhandel/
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