Die forschenden Pharmafirmen
Anwendungsbeobachtungen
Ein Bericht von Plusminus am 10.03.09
"Ein Pharmareferent auf dem Weg zum Doktor. Im Koffer: Das Angebot, Patienten auf ein Medikament seiner Firma umzustellen und anschließend aufzuschreiben, wie der Patient reagiert. Dafür gibt es Geld. Dr. Bernd Hontschik ist Chirurg in Frankfurt. Auch er hat früher einmal mitgemacht: „Wenn man diesen Bogen angeschaut hat, auf dem man seine Kreuze machen soll, da hat man eigentlich schnell gemerkt, dass das keine seröse Wissenschaft ist. Damit kann man keine Auswertungen machen und auch war mir ziemlich schnell klar, dass das nur eine Methode ist, mir Geld zukommen zu lassen. Ein Geschäft, keine Wissenschaft...
Roland Holtz hat 18 Jahre als Pharmareferent gearbeitet und Anwendungsbeobachtungen an den Arzt gebracht. Seine Erfahrung ist: Außer den Patienten wissen alle, worum es hier geht: „Die Ärzte wissen alle, dass Anwendungsbeobachtungen überhaupt keinen wissenschaftlichen Sinn haben, sondern dass es ausschließlich um Geld geht...
Marketing zu lasten der Konkurrenz…
Doch genau das ist der Sinn von Anwendungsbeobachtungen: Marketing zu Lasten der Konkurrenz. Ein Beispiel ist das längst erprobte, aber völlig überteuerte Magenmittel Nexium. Der Hersteller AstraZeneca hat dafür 2005 so viele Ärzte beobachten lassen, dass der Umsatz um 27 Prozent gesteigert wurde – das entsprach einem Plus von 60 Millionen Euro. Beim Verband der forschenden Pharma-Unternehmen sprechen wir mit Forschungschef Dr. Siegfried Throm. Er bleibt dabei: Anwendungsbeobachtungen liefern wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse: „Anwendungsbeobachtungen werden von den forschenden Pharmaunternehmen durchgeführt, weil sich mit ihnen Erkenntnisse über die Wirksamkeit eines Medikaments mit einem neuen Wirkstoff im Behandlungsalltag absichern lassen. Oder weil sie dazu beitragen können, sehr seltene Nebenwirkungen aufzudecken."
…und zu Lasten der Versicherten und der Kassen
Für den Pharmakritiker Professor Schönhöfer grenzt dieses Pharmamarketing dagegen an Korruption und Bestechung: „Ich kann ihnen kein Beispiel nennen, wo ein relevantes Risiko erkannt worden ist durch Anwendungsbeobachtungen. Die sind dafür nicht geeignet.“ Die Anwendungsbeobachtungen seien so etwas wie ein Korruptionskomplott, so Schönhöfer. „Es tut sich der Hersteller mit einem Arzt, einem Leistungsanbieter zusammen, um die Therapie zu verteuern. Der Hersteller zahlt dafür dem Arzt Geld. Und zu bezahlen hat es letztlich der Versicherte und seine Krankenkasse..."
http://www.daserste.de/plusminus/beitrag_dyn~uid,efb8jb10cn6nqw7d~cm.asp
Nur zwei Anmerkungen von mir:
1. Die "forschenden Pharmafirmen" sollten nicht nach Markteinführung eines Medikamentes am Konsumenten forschen, sondern vorher.
2. Es gibt eine Arzneimittelkommission: Dorthin können und sollten Ärzte Nebenwirkungen von Medikamenten melden. Dazu braucht es keine "Anwendungsbeobachtung".
http://www.akdae.de/
Annamaria