Vielleicht sollte man noch eine Abteilung für biologische Grundlagen/Grundlagenforschung einfügen, in die man Dinge mit nicht direkter Umweltmedizin/MCS-Relevanz posten kann, die aber im Zusammenhang interessant sind oder hierauf oder darauf ein Schlaglicht werfen. Z.B generelles über die Wirkunhg verscvhiedener Substanzen auf Gehirn wie unten. Oder sollte das einfach mit in die Kategorie Umwelmedizin kommen (hatte ich in der Vergangenheit ab und zu so gemacht)?
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FORSCHUNG AKTUELL
28.08.2007 · 16:35 Uhr
Nicht nur die Nervenzellen selbst, sondern auch ihre elektrisch aktiven Fortsätze wirken bei Verarbeitungsprozessen mit. (Bild: bcm.edu)
Die Leitung denkt mit
Nervenleitungen helfen bei der Datenverarbeitung
Von Michael Lange
Medizin. - Gerne behaupten die Hirnforscher, dass sie dem Gehirn beim Denken zuschauen, wenn sie bunte Bilder aus der Magnetresonanz-Tomografie betrachten. Doch noch ist weitgehend unklar, wie das Denken funktioniert. Neue Forschungsergebnisse aus Kalifornien zeigen nun, dass auch die Nervenleitungen dabei eine wichtige Rolle spielen.
Die Hauptaufgabe von Nervenzellen im Gehirn ist es, Botschaften mit anderen Nervenzellen auszutauschen. Dazu müssen sie untereinander in Kontakt treten - über lange Zellausläufer, die Axone, fließen dann Informationen von Zelle zu Zelle. Verschiedene Substanzen wie das suchterzeugende Nikotin beeinflussen diesen Informationsfluss im Gehirn. Nikotin erhöht so vorübergehend die Aufmerksamkeit. Der Neurobiologe Raju Metherate von der Universität von Kalifornien wollte herausfinden, wie Nikotin auf Nervenzellen wirkt. Gemeinsam mit einigen Kollegen ließ er deshalb eine Art "Mäusegehirn in der Glasschale" wachsen, um daran Messungen an einzelnen Nervenzellen durchzuführen.
Wir haben das Gehirngewebe so präpariert, dass wir die Wirkung des Nikotins auf den Fluss der Botenstoffe genau verfolgen konnten. Aber wir waren nicht in der Lage, die erwarteten Effekte in den Zellen selbst zu messen. Erst als wir uns die Axone genauer anschauten, wurden wir fündig. Axone sind die langen, dünnen Verbindungskabel zwischen den Nervenzellen und zwischen verschiedenen Teilen des Gehirns.
Manche Nervenzellen besitzen nur ein paar Axone, andere hunderte. Unter dem Mikroskop sehen die Zellen zum Teil aus wie Tintenfische. Die vielen Arme sind die Axone. Sie bestehen hauptsächlich aus dünnen Eiweißfäden und transportieren das im Zellkörper erzeugte Signal zu den anderen Nervenzellen, die viele Zentimeter entfernt liegen können. Elektrische Ladungen wandern dabei durch die isolierten Nervenleitungen. Es fließt ein schwacher elektrischer Strom. Ein heißer Draht von Zelle zu Zelle, mehr nicht. Das dachte man bisher. Die jetzt veröffentlichten Ergebnisse von Raju Metherate liefern ein neues Bild.
Wenn wir diesen einfachen Draht anregen, zum Beispiel mit Nikotin, dann reagiert er. Er verstärkt das Signal, oder schwächt es ab. Wir haben damit erstmals gezeigt, dass in den Axonen Informationen verarbeitet werden. Wie das genau abläuft, wissen wir noch nicht. Aber wir wissen: Die Axone sind der Ort der Handlung.
Raju Metherate vermutet: Jeder Gedanke, jede Wahrnehmung wird von den Axonen nicht nur weitergeleitet, sie wird verarbeitet und verändert. Das hieße: das Denken findet nicht nur in den "grauen Zellen" statt, sondern auch in den Verbindungskabeln dazwischen. Im Gehirn sehen Bereiche mit vielen Axonen weiß aus. Die weiße Substanz im Gehirn besteht aus vielen gebündelten Axonen. Schizophrenie-Patienten haben vergleichweise wenig von dieser weißen Substanz, also zu wenig Axone. Es fehlen Nervenleitungen. Das brachte Raju Metherate auf eine Idee.
Es ist bekannt, dass fast neunzig Prozent aller Schizophrenie-Patienten rauchen. Jetzt wissen wir warum. Indem sie ihre Axone mit Nikotin aktivieren, versuchen sie, ihre Symptome zu bekämpfen.
Der gleiche Effekt müsste sich auch ohne die schädlichen Wirkungen des Rauchens erzielen lassen. Ein Medikament könnte die Axone aktivieren, ohne Sucht zu erzeugen oder die Lunge zu schädigen. Die Umsetzung dieser Idee ist allerdings nicht mehr eine Aufgabe für Grundlagenforscher, sondern für Pharmazeuten.
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