Florian Holsboer

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 13:02

"Florian Holsboers wissenschaftliches Interesse gilt den molekulargenetischen und biochemischen Ursachen von Depression und Angsterkrankungen, Schlafstörungen und der Anpassung an Stress-Situationen. Er vertritt die These, psychische Erkrankungen würden einer personalisierten Therapie bedürfen.

Nach Abschluss seiner Weiterbildung zum Arzt für Nervenheilkunde habilitierte er sich 1984 an der Universität Mainz, wechselte 1987 auf den Lehrstuhl für Psychiatrie nach Freiburg, bis ihn die Max-Planck-Gesellschaft 1988 zum Wissenschaftlichen Mitglied und Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München berief.

Die Grundlagenforschung am Institut kann sich auf Laboratorien stützen, deren Kompetenz von der Zell- und Molekularbiologie, der Human- und Mausgenetik, der Bildgebung mittels Kernmagnetresonanz, Elektrophysiologie, Epidemiologie, Verhaltensbiologie, Pharmakologie, Proteomik bis zur chemischen Genomik reichen.

Die großen Projektlinien, wie diejenigen zur Erforschung von Ursachen und Therapie von Depression und Angsterkrankungen, die Psychopharmakologie, die Alternsforschung im Rahmen der Mental Health Span-Initiative, die Schlafmedizin, sowie die Suche nach Ursachen und besserer Therapie bei Multipler Sklerose und Bewegungsstörungen werden gemeinsam von insgesamt 28 klinischen und präklinischen Arbeitsgruppen bearbeitet."


http://holsboer.de/index2.php?include=inc/show.php&id=4
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 13:05

"Beruflicher Werdegang

1979 – 1983
Weiterbildung zum Arzt für Psychiatrie an der Psychiatrischen Universitätsklinik München (Prof. H. Hippius) und der Psychiatrischen Universitätsklinik Mainz (Prof. Dr. O. Benkert)
1984
Habilitation für Psychiatrie und Neuroendokrinologie; Ernennung zum Professor für Psychiatrie an der Universität Mainz
1986
Berufung zum Full Professor an die State University of New York at Buffalo, USA
1987
Berufung zum Ordinarius für Psychiatrie an die Psychiatrische Klinik der Universität Zürich
1987 – 1989
Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik Freiburg
seit 1989
Direktor des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie, München
2003
2003 - 2007
Gründung des Biotechnologieunternehmens Affectis Pharmaceuticals AG
Vorstandsvorsitzender der Affectis Pharmaceuticals AG
2007
Gründer und Direktor der NeuroNova gGmbH



Forschungsschwerpunkte
-
Zentrale Regulation der Stresshormone und deren Beziehung zur Genese affektiver Erkrankungen
-
Molekulare Pharmakologie
-
Systemanalyse von Mausmutanten mittels molekulargenetischer und pharmakologischer Techniken
-
Entwicklung neuer Therapieverfahren bei Depression, Angsterkrankungen und Schlafstörungen
-
Pharmakogenomik
-
Biomarker-Entwicklung"



http://www.mpipsykl.mpg.de/institute/management/direktion/cv_holsboer.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 13:14

"Neuronova auf Erfolgskurs

Ausgründung des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie schließt Finanzierung ab /

Neuer Ansatz für die Behandlung von Depressionen und Angsterkrankungen

1. September 2004

Die Neuronova AG hat nach dem Abschluss des ersten Teils einer Finanzierungsrunde im Herbst vergangenen Jahres nunmehr im Juni und August die Finanzierung in Höhe von insgesamt 4 Millionen Euro erfolgreich beendet. Das Unternehmen wurde im Jahr 2002 als Spin-Off des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München gegründet, um ein neues Konzept zur Behandlung von depressiven Erkrankungen und Angstzuständen zu verwirklichen. Damit erfüllt Neuronova einen akuten Bedarf, fehlen doch auf diesem Gebiet schon seit Jahren neue Impulse.

Verfügbare Medikamente basieren nach wie vor auf Jahrzehnte alten Wirkprinzipien, die aktuelle Erkenntnisse über das komplexe Ursache-Wirkungs-Verhältnis bei der Krankheitsentstehung unberücksichtigt lassen. Praktisch alle Präparate greifen in den Monoamin-Haushalt im Gehirn ein, um das dort auftretende krankhafte Ungleichgewicht der Botenstoffe auszugleichen. Dieser einseitige Ansatz bringt jedoch nur für einen Teil der Patienten Erleichterung, für andere fehlt eine geeignete Therapieoption. Zudem zeigen diese Medikamente oft gravierende Nebenwirkungen und haben sehr lange Anlaufzeiten, bis sich die erste Besserung einstellt. Der Bedarf an neuen Behandlungsmethoden ist daher enorm.

Allmählich beginnen die Wissenschaftler, das Wechselspiel von Genetik, Stoffwechsel und Umwelt zu verstehen - Faktoren, die zur Entstehung von Depression und Angsterkrankungen beitragen. Basierend auf wegweisenden Erkenntnissen langjähriger Studien des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München entwickelte das Neuronova-Team um den heutigen Vorstandsvorsitzenden Herbert Stadler und um den Firmen-Mitgründer und Institutsdirektor Florian Holsboer völlig neuartige Konzepte zur Behandlung von Depressionskrankheiten und Angstzuständen. Diese Ansätze beruhen vor allem auf der Entdeckung eines bestimmten genetischen Faktors, für den in umfangreichen Untersuchungen - auch am Max-Planck-Institut für Psychiatrie - an mehreren Bevölkerungsgruppen ein eindeutiger Zusammenhang mit der Entwicklung von Depression nachgewiesen wurde.

Neuronova hat exklusiven Zugang zu diesen Daten und will dieses Gen als Zielstruktur für eine neue Klasse von Medikamenten nutzen, die erstmals ursächlich im Krankheitsgeschehen eingreifen - eine hervorragende Ausgangsbasis für das Unternehmen. So ist es den Gründern sehr schnell gelungen, ein erfahrenes Team an Mitarbeitern zusammenzustellen, um die Umsetzung der Erkenntnisse in neue Therapien und deren Kommerzialisierung voranzutreiben. Dies hat auch professionelle Kapitalgeber der Branche überzeugt: Die erste Finanzierungsrunde über 4 Millionen Euro wurde jetzt abgeschlossen und mit Life Sciences Partners ein renommierter europäischer Lead-Investor gewonnen. Neuronova war im vergangenen Jahr eine von nur zwei deutschen Firmen im Biotechnologiebereich, die eine Erstrundenfinanzierung erhielt.

Die Neuronova AG hat es sich zum erklärten Geschäftsziel gesetzt, auf Basis der neuartigen Forschungskonzepte und -erkenntnisse die interne Medikamentenentwicklung so weit wie möglich in Eigenregie voranzubringen. Dennoch haben bereits die ersten etablierten Unternehmen großes Interesse an Forschungs- und Entwicklungspartnerschaften bekundet. Als Gründungsstätte von Neuronova konnte das Max-Planck-Institut für Psychiatrie seine Position als international führende Einrichtung ein weiteres Mal belegen."


http://www.mpg.de/486512/pressemitteilung20040831
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Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 13:20

"Allmählich beginnen die Wissenschaftler, das Wechselspiel von Genetik, Stoffwechsel und Umwelt zu verstehen - Faktoren, die zur Entstehung von Depression und Angsterkrankungen beitragen.

Basierend auf wegweisenden Erkenntnissen langjähriger Studien des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München entwickelte das Neuronova-Team um den heutigen Vorstandsvorsitzenden Herbert Stadler und um den Firmen-Mitgründer und Institutsdirektor Florian Holsboer völlig neuartige Konzepte zur Behandlung von Depressionskrankheiten und Angstzuständen.

Diese Ansätze beruhen vor allem auf der Entdeckung eines bestimmten genetischen Faktors, für den in umfangreichen Untersuchungen - auch am Max-Planck-Institut für Psychiatrie - an mehreren Bevölkerungsgruppen ein eindeutiger Zusammenhang mit der Entwicklung von Depression nachgewiesen wurde.

Neuronova hat exklusiven Zugang zu diesen Daten und will dieses Gen als Zielstruktur für eine neue Klasse von Medikamenten nutzen, die erstmals ursächlich im Krankheitsgeschehen eingreifen - eine hervorragende Ausgangsbasis für das Unternehmen.

So ist es den Gründern sehr schnell gelungen, ein erfahrenes Team an Mitarbeitern zusammenzustellen, um die Umsetzung der Erkenntnisse in neue Therapien und deren Kommerzialisierung voranzutreiben.

Dies hat auch professionelle Kapitalgeber der Branche überzeugt: Die erste Finanzierungsrunde über 4 Millionen Euro wurde jetzt abgeschlossen und mit Life Sciences Partners ein renommierter europäischer Lead-Investor gewonnen. Neuronova war im vergangenen Jahr eine von nur zwei deutschen Firmen im Biotechnologiebereich, die eine Erstrundenfinanzierung erhielt."


http://www.mpg.de/486512/pressemitteilung20040831
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 13:28

"Aus dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München

Direktor: Prof. Dr. Dr. Florian Holsboer

Mechanismen der zentralen Stresshormonregulation –

Der Einfluss von Stressexposition

auf die Genexpression beteiligter Hormone und Rezeptoren

Dissertation
zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin
an der Medizinischen Fakultät der
Ludwig-Maximilians-Universität zu München

vorgelegt von
Martin Greetfeld
aus
München
2005"


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 13:42

"1 Einleitung
1.1 Depression und pathogenetische Konzepte

Depression ist eine Volkskrankheit: Etwa jeder fünfte bis zehnte Mensch erkrankt im
Laufe seines Lebens an einer depressiven Episode. Allein in Deutschland sind circa 4
Millionen Menschen betroffen, das sind 5% der Gesamtbevölkerung.

Wie bei vielen psychiatrischen Erkrankungen wird auch bei den affektiven Störungen, zu
denen die Depression gezählt wird, eine „multifaktorielle Ätiopathogenese“ angenommen.
Dieses Konzept beschreibt das Zusammenwirken einer ererbten Vulnerabilität (einer
anlagebedingten Verletzlichkeit), mit psychosozialen und neurobiologischen Faktoren, die
gemeinsam letztendlich die Krankheit verursachen.

Die Beobachtung depressiogener Nebenwirkungen des Antihypertensivums Reserpin
einerseits und der Befund einer antidepressiven Wirkung des Tuberkulostatikums Iproniazid
andererseits in den 50er Jahren lenkte die Suche nach den möglichen neurobiologischen
Ursachen der Depression aufgrund der entgegengesetzten zentralen Wirkmechanismen dieser
Medikamente zunächst in die Richtung der Monoamine. Der Entdeckung der Antidepressiva,
beginnend mit dem Trizyklikum Imipramin, folgten Befunde, dass diese Pharmaka die
Konzentration von Monoaminen im synaptischen Spalt erhöhen. Die Summe dieser
Erkenntnisse führte zur Entwicklung der „Monoaminmangelhypothese“ der Depression
(Schildkraut, 1995; Hirschfeld, 2000; Delgado, 2000).

Ein weiteres neurobiologisches Konzept postuliert eine Überaktivität und Fehlregulation
im Stresshormon-System (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-System, engl.
hypothalamo-pituitary-adrenocortical- oder HPA-System) als mögliche Ursache für die
Entstehung und Aufrechterhaltung depressiver Störungen. Beispielsweise zeigten bereits
Untersuchungen in den 50er und 60er Jahren, dass bei depressiven Patienten das
Stresshormon Kortisol vermehrt freigesetzt wird (Board et al., 1957; Gibbons, 1964)."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 23:34

"1.2 Das Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden (HPA)-System

1.2.1 Allgemeine Einführung: Regulation des Stresshormonsystems unter
physiologischen Bedingungen

Das HPA-System besteht aus einer Kaskade von Hormonen, die mannigfaltige Wirkungen auf den Organismus haben.
Diese reichen von der Kontrolle der Vitalfunktionen bis hin zur Modifikation des Erlebens und Modulation komplexer emotionaler Zustände. So kann sich der Organismus gegen Gefahrensituationen (d. h. Stressoren) wappnen, seien es physische,
wie starker Blutverlust oder Infektionen, oder psychische, wie eine akute Bedrohung durch Feinde oder chronischer Stress.

Corticotropin-releasing Hormon (CRH) ist das Leithormon dieser Kaskade. Es wird im Gehirn hauptsächlich im Nucleus paraventricularis (PVN) des Hypothalamus synthetisiert und über die Eminentia mediana in den hypophysären Portalkreislauf freigesetzt.

In Synergismus mit dem ebenfalls hypothalamischen peptidergen Neurohormon Vasopressin (AVP) bewirkt CRH am Hypophysenvorderlappen die Freisetzung des Adrenocorticotropen Hormons (ACTH) in den Blutkreislauf. Letzteres stimuliert die Freisetzung von Glukokortikoidhormonen aus der Nebennierenrinde.

Glukokortikoide ihrerseits üben in einer negativen Rückkopplung einen hemmenden Einfluss auf die Stressachse auf der Ebene der Hypophyse, des Hypothalamus und des Hippocampus aus und kontrollieren auf diese Weise die Aktivität des HPA-Systems (zur
Übersicht: de Kloet et al., 1987)."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 23:40

"Zahlreiche klinische Befunde stützen die Hypothese, dass eine Veränderung des HPASystems ein wichtiger pathogenetischer Faktor für die Entstehung und Aufrechterhaltung affektiver Störungen sein könnte.

1.2.2 Das Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-System und Depression

Einige Befunde, die für eine Störung im HPA-System bei Depression sprechen, sind im folgenden kurz zusammengefasst (zur Übersicht: Holsboer & Barden, 1996; Holsboer, 2000). Erste Daten, die auf eine Überaktivität des Stresshormon-Systems bei Depression hinweisen, wurden bereits in den 50er und 60er Jahren publiziert (Board et al., 1957; Gibbons, 1964).

Neuere Hormonmessungen in vivo im Vergleich zu Gesunden zeigten, dass circa 40% der depressiven Patienten erhöhte Kortisolwerte im Serum bei erhaltenem circadianem Rhythmus haben (Rubin et al., 1987). Die Ausscheidung von freiem Kortisol im Urin ist ebenfalls gesteigert (Carroll et al., 1976). Auch die Konzentration von CRH ist im Liquor cerebrospinalis depressiver Patienten erhöht (Nemeroff et al., 1984).

Post mortem Untersuchungen von Gehirnen ehemals depressiver Patienten zeigten eine erhöhte Anzahl von CRH-exprimierenden Neuronen im PVN (Raadsheer et al., 1994; Raadsheer et al., 1995).

Indirekte Hinweise auf eine übermäßige Freisetzung von CRH finden sich auch bei Suizidopfern (Nemeroff et al., 1988).

Neurone, die AVP und Oxytocin (OXT) (diese Peptide sind ebenfalls an der Stresshormonregulation beteiligt) exprimieren, sind im
PVN depressiver Patienten ebenfalls erhöht (Purba et al., 1996)."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Mittwoch 14. März 2012, 23:45

"In Synopse all dieser Beobachtungen stellt das gestörte Stresshormon-System einen viel versprechenden Angriffspunkt für die Entwicklung neuartiger antidepressiver Substanzen dar.

Erste Studien mit einem selektiven Antagonisten gegen den CRH-Rezeptor-Typ1 lieferten erfolgversprechende Ergebnisse (Zobel et al., 2000).

Es handelt sich hierbei um Psychopharmaka, die auf einem hypothesenbasierten Ansatz entwickelt wurden: ein Novum
in der Psychopharmakotherapie.

Für die Entwicklung weiterer Arzneimittel ist eine möglichst detaillierte Kenntnis der zentralen Regulationsmechanismen des HPA-Systems notwendig."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Donnerstag 15. März 2012, 00:10

"1.2.3.4 Kortikosteroidrezeptoren: Glukokortikoid- (GR) und Mineralokortikoid- (MR)
Rezeptor

Die Kortikosteroide (Kortisol beim Menschen und Kortikosteron bei Ratte und Maus) als Endhormone der Stresshormonkaskade üben ihrerseits grundsätzlich zwei verschiedene Feedback-Effekte auf das HPA-System aus:

sie besitzen

erstens eine „proaktive“ Wirkung im Sinne einer Aufrechterhaltung der basalen HPA-Aktivität und

zweitens eine „reaktive“ im Sinne eines negativen Feedback-Mechanismus, um eine Aktivierung der HPA-Achse zu
beenden (zur Übersicht: De Kloet et al., 1998).

Für die Vermittlung dieser Mechanismen konnten zwei Kortikosteroidrezeptoren identifiziert werden: der Glukokortikoid- (GR) und der Mineralokortikoid- (MR) Rezeptor.

Das Gleichgewicht zwischen den Wirkungen, die die einzelnen Rezeptoren vermitteln, setzt einen Schwellenwert: Es hat sowohl Auswirkungen auf die Aufrechterhaltung der basalen HPA-Aktivität, als auch auf die Beendigung der Stressreaktion (De Kloet, 1991; De Kloet et al., 1997)."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon Juliane » Donnerstag 15. März 2012, 00:15

2009

Globale und regionale Hirnatrophie bei Patienten mit rezidivierender depressiver
Störung, Patienten mit Multipler Sklerose und Probanden:
eine Kernspintomographie-Längsschnittstudie

Aus dem Institut für klinische Radiologie der
Ludwig-Maximilians-Universität München
Direktor: Prof. Dr. Dr. h. c. Maximilian Reiser

in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Psychiatrie München
Direktor: Prof. Dr. Dr. Florian Holsboer

http://edoc.ub.uni-muenchen.de/10158/1/Golgor_Elena.pdf
Juliane
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Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Donnerstag 15. März 2012, 00:21

"1.3 Die Funktion von CRHR1: Befunde von Mausmutanten mit einer hirnarealspezifischen Inaktivierung des Rezeptors

1998 wurden unabhängig voneinander zwei Mauslinien mit einem „konventionellen“ Knockout für CRHR1, das heisst einer Inaktivierung von CRHR1 im gesamten Organismus, entwickelt, um die Bedeutung dieses Rezeptors für angstassoziiertes Verhalten einerseits und
die HPA-Regulation andererseits zu untersuchen (Timpl et al., 1998; Smith et al., 1998).

Die Nullmutanten zeigten auf endokrinologischer Ebene einen ausgeprägten Glukokortikoidmangel und eine schwer beeinträchtige Aktivierbarkeit der HPA-Achse durch Stress. In Verhaltenstests ließ sich ein deutlich reduziertes angstassoziiertes Verhalten
nachweisen.

Mittels dieses „konventionellen“ Knockouts konnte allerdings nicht geklärt werden, in wie weit die Verhaltenseffekte durch den endokrinen Phänotyp mitbedingt beziehungsweise durch diesen überlagert sind.

Um nun neuronale CRH/CRHR1-Signalwege, die für die Verhaltenseffekte verantwortlich sind, von denen, die die endokrine HPA-Regulation vermitteln, zu trennen, bietet es sich an, „konditionale“ Mutanten, das sind Mutanten mit hirnregionspezifischem CRHR1-Knockout, zu entwickeln."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Donnerstag 15. März 2012, 00:29

"1.4 Ziele der Arbeit

Die vorliegende Arbeit verfolgt nun zwei Ziele:

1) Die Datenlage zur Physiologie der HPA-Achse bei „gewöhnlichen“ Wildtyp-Mäusen stellt
sich trotz der wachsenden Bedeutung „transgener“ Mäuse noch immer recht karg dar. Es
existiert zwar eine große Anzahl von Studien an Ratten; aufgrund bestehender Interspezies-
Unterschiede ist es aber zweifelhaft, ob Befunde an Ratten ohne weiteres auf Mäuse
übertragen werden können. Zur Einbettung der an transgenen Mäusen erzielten Erkenntnisse
in einen größeren Bezugsrahmen sind folglich Daten über die HPA-Regulation bei Wildtyp-
Mäusen unabdingbar. Vor diesem Hintergrund soll zunächst mittels in situ-Hybridisierung
von CRH-, CRHR1, CRHR2, AVP- und MR-mRNA mit anschließender semiquantitativer
Expressionsanalyse bei genetisch nicht modifizierten C57/Bl6-Mäusen die Reaktion des
HPA-Systems auf Stress im Zeitverlauf systematisch untersucht werden, um die Literatur in
diesem Punkt zu ergänzen.

2)Zweitens soll ebenfalls mittels in situ-Hybridisierung analysiert werden, welchen Einfluss
das Fehlen von CRHR1 im ZNS bei oben beschriebenen konditionalen Crhr1loxP/loxPNesCre-
Mutanten auf die Regulation HPA-assoziierter Gene hat, und welche Hinweise auf Ursachen
der gestörten Regulationsmechanismen hierbei zu finden sind. Hierdurch soll die Funktion
von CRHR1 im ZNS weiter aufgeklärt werden.

Beide experimentellen Ansätze zielen darauf ab, eine detailliertere Einsicht in die
Mechanismen der zentralen Regulation des HPA-Systems zu erlangen."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Donnerstag 15. März 2012, 21:59

\"1.2.3.2 Corticotropin-Releasing-Hormon-Rezeptoren (CRHR)

Die Wirkung von CRH wird durch Corticotropin-Releasing-Hormon-Rezeptoren
vermittelt. Bisher konnten zwei Rezeptor-Subtypen isoliert werden: Corticotropin-Releasing-
Hormon-Rezeptor Typ 1 und Typ 2 (CRHR1/CRHR2).

Neben seiner Expression an der Hypophyse ist CRHR1 im Gehirn beinahe ubiquitär,
sowohl in subkortikalen Regionen (v. a. Amygdala und Hypothalamus), als auch im
Neokortex und im Kleinhirn, nachzuweisen.

Studien mit Antisense-Deoxynukleotiden (diese Technik interferiert gezielt mit der
Proteinsynthese von Genprodukten durch Beeinträchtigung deren Translation (Altuvia &
Wagner, 2000)) und CRHR1-Antagonisten zeigten, dass CRHR1 bei Versuchstieren für die
Vermittlung angstassoziierten Verhaltens verantwortlich ist (Liebsch et al., 1995; Skutella et
al., 1998; Griebel et al., 1998; Okuyama et al., 1999).

Die Beobachtungen, dass CRHR1 eine Schlüsselrolle hinsichtlich der Stressantwort und
des angstassoziierten Verhaltens hat, wurden durch die Entwicklung und Untersuchung von
Crhr1-/--Mausmutanten weiter untermauert. Diese Nullmutanten, denen durch eine gezielte
genetische Manipulation im gesamten Organismus ein funktionstüchtiger CRHR1-Rezeptor
fehlt, zeigten eine gestörte hormonelle Stressantwort und eine reduzierte Ängstlichkeit (Timpl
et al., 1998; Smith et al., 1998).\"


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf

- Editiert von mirijam am 15.03.2012, 20:59 -
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Donnerstag 15. März 2012, 22:09

"Die vorliegende Arbeit hatte sich vor diesem Hintergrund zunächst zur Aufgabe gemacht,
C57/Bl6-Wildtyp-Mäuse unter Basalbedingungen und im Zeitverlauf nach Stressexposition
im Hinblick auf Veränderungen der mRNA-Expression zu untersuchen, um die
Vergleichsmöglichkeiten für die an Mausmutanten erhobenen Befunde zu erweitern.

In einem zweiten Teil beschäftigt sich die Arbeit selbst mit genetisch modifizierten
Mäusen: Es wurden Mäuse mit einem konditionalen Knockout für CRHR1 im ZNS
(Crhr1loxP/loxPNesCre) unter Basalbedingungen und nach Stressexposition ebenfalls auf Ebene
der Transkription untersucht, um Hinweise darauf zu finden, welche Auswirkungen das
Fehlen des Rezeptors im ZNS auf die Anpassungsvorgänge an Stress hat.

In dieser Arbeit wurde der so genannte „restraint stress“ als Stressor gewählt. Er vereinigt
als komplexer Stressor unterschiedliche Qualitäten in sich: Die Tiere werden daran gehindert,
sich zu bewegen, sie werden von ihrem gewohnten Umfeld getrennt und von normaler
Wasser- und Nahrungsaufnahme abgehalten, ferner führen die Umstände zu leichter
Hypothermie (Michajlovskij et al., 1988). „Restraint stress“ eignet sich, um einen definierten
und standardisiert reproduzierbaren Stressor zu setzen."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Donnerstag 15. März 2012, 23:04

"4.4 Kernaussagen und klinischer Ausblick

Neben den in vielen Arbeiten bereits reproduzierten Standardbefunden über die Regulation
von CRH und AVP nach akuter Stressexposition liefert vorliegende Arbeit folgende
Kernaussagen:

Bei C57/Bl6-Mäusen findet sich im Gegensatz zu Ratten kein Anstieg der CRHR1 mRNAExpression
im PVN nach Stressexposition. Darüber hinaus ist ein intakter CRHR1 im ZNS
für den physiologischen Anstieg der CRH mRNA in diesem hypothalamischen Kerngebiet
nicht notwendig. Ein Regelkreis im Sinne eines „ultra short positive feedback loop“ -wie bei
Ratten postuliert- lässt sich bei den untersuchten Mäusen folglich nicht nachweisen.

Sowohl CRHR1 als auch CRHR2 unterliegen im Hippocampus nach akuter
Stressexposition dynamischen Regulationsprozessen. Diese verhalten sich in mehrfacher
Hinsicht reziprok: Für CRHR1 findet sich ein rascher Abfall der mRNA-Expression in den
hippocampalen Regionen CA1 und CA3, für CRHR2 ein verzögerter Anstieg im DG.

Im Neocortex wird CRHR1 nach Stressexposition auf Transkriptionsebene stark
herunterreguliert. Dieser Effekt tritt rasch ein und hält über 24 Stunden an.

Der tonisch-inhibitorischen Einfluss auf die HPA-Achse ausübende MR wird im
Hippocampus von C57/Bl6-Mäusen stressabhängig ebenfalls dynamisch reguliert: Es findet
sich ein nachhaltiger Anstieg der mRNA-Expression nach Stressexposition. Die untersuchten
konditionalen Mausmutanten belegen, dass für diesen Regulationsmechanismus ein intakter
CRHR1 im ZNS vorhanden sein muss. Eine Interaktion zwischen CRHR1 und MR ist somit
sehr wahrscheinlich; ferner fällt auf, dass die Transkriptionsveränderungen nach
Stressexposition für beide Hormonrezeptoren im Hippocampus gegenläufig sind.

Diese Kernaussagen ergänzen als neue Befunde den bisherigen Kenntnisstand über die
Stresshormonregulation, insbesondere in Hinsicht auf Speziesunterschiede zwischen Ratte
und Maus und die Rolle von CRHR1 im ZNS. Sie erlauben es weiteren Arbeiten hier
anzuknüpfen und in neuen Versuchsansätzen die funktionelle Relevanz der einzelnen
Beobachtungen aufzuklären.

Je mehr über die molekularen Mechanismen der physiologischen Stresshormonregulation
bekannt sein wird, in desto größere Nähe wird die Möglichkeit zur Entwicklung wirksamer
Pharmaka für die Behandlung pathophysiologischer Zustände gelangen. Dieses Wissen dient
dann nicht nur zur genauen Definition von Zielorten für Pharmaka, sondern auch zur
Gewährleistung möglichst hoher Arzneimittelsicherheit.

Erste klinische Erfahrungen mit Medikamenten, die am Stresshormonsystem ansetzen,
liegen bereits vor: die Behandlung von Patienten, die an einer depressiven Störung litten, mit
dem CRHR1-Antagonisten R121919 lieferte viel versprechende Ergebnisse (Zobel et al.,
2000).

Nicht nur für die Vielzahl an betroffenen Patienten wäre die Entwicklung derartiger
Pharmaka zur Behandlung affektiver Störungen ein immenser Fortschritt, sondern auch für
die Psychiatrie selbst: Es würde sich bei Medikamenten, die an der Stresshormonregulation
ansetzen, um die ersten, aufgrund hypothesenbasierter Überlegungen entwickelten Pharmaka
zur Behandlung einer komplexen psychischen Erkrankung handeln. Dies wäre ein Meilenstein
für die Psychiatrie."


http://edoc.ub.uni-muenchen.de/3560/1/Greetfeld_Martin.pdf
mirijam
 

Florian Holsboer

Beitragvon mirijam » Freitag 16. März 2012, 00:35

Wenn man sich die detailierten Ergebnisse der Studie anschaut, die ich hier nicht eingestellt habe, dann kann man sogar als Laie sehen, wie kompliziert und genial das Zusammenspiel der einzelnen Systeme in einem lebenden Organismus ist.

Hinzu kommen wesentliche Unterschiede sowohl zwischen den einzelnen Tierarten (hier z. B. zw. Ratte und Maus) als auch zwischen Tieren und Menschen.

Auch die Genmanipulationen, die an den Versuchstieren vorgenommen werden, können nicht sehr hilf- bzw. aufschlussreich sein, denn der Körper ist viel zu kompliziert und schwer zu erforschen, so dass man mit der Desaktivierung eines Gens, nicht viel Wesentliches erkennen oder beeinflußen kann. Die oben zitierte Doktorarbeit macht auch einige Schlussfolgerungen, die auf dieses Problem hinweisen.

Trotzdem versucht man unermüdlich, irgendwelche Behandlungsansätze und Angriffspunkte für neue Medikamente zu finden, um deren Kommerzialisierung zu ermöglichen. Schließlich geht es um viel Geld.

Vielleicht will man nicht einsehen, dass man die Schöpfung weder manipulieren noch spielen kann, weil man sie mit kommerziellem Blick betrachtet? Das ist der Blick eines Blinden.
mirijam
 


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