Mortalität durch Neuroleptika

Mortalität durch Neuroleptika

Beitragvon mirijam » Freitag 24. Februar 2012, 15:25

"Mortalität durch Neuroleptika 8/2007

Von Volkmar Aderhold

Die wissenschaftliche Psychiatrie hat in der Schizophrenieforschung der letzten fünfzehn Jahre ihre Ressourcen im Wesentlichen für Genetik, Bildgebung und Atypika eingesetzt. Die therapeutischen Innovationsbemühungen der letzten Jahre betrafen vor allem die Neuroleptika: Förderung der „Compliance“ (z.B. durch Psychoedukation) und möglichst frühe Einnahme nach Ausbruch einer
Psychose als Verkürzung der „DUP“2 bzw. bereits vor der akuten Psychose als „Früherkennung“. Diese reduktionistischen Fragestellungen sind wesentlich auch Ergebnis der Einflussnahme des pharmaindustriellen Komplexes.

Ausdruck der Pharmaabhängigkeit ist die Verharmlosung des Nebenwirkungsspektrums der Atypika und die völlig unwissenschaftliche Fehlattribuierung der Atypika als quasi heilsam und dem Insulin des Diabetikers analog. Diese Verharmlosung hat auch die
fatale Off-Label-Anwendung der Atypika für nichtpsychotische Störungen - am schlimmsten bei Kindern - vorbereitet.

Alle diese wissenschaftlichen und therapeutischen Bemühungen haben - obwohl große Geldsummen eingesetzt wurden (konservative Schätzung 150 Mrd. Euro) - zu enttäuschenden Ergebnissen geführt und keine wirkliche Verbesserung der Behandlung und des Verlaufs psychotischer Störungen bewirkt.


Keine besseren Behandlungseffekte durch Atypika

Mit großen Verheißungen und Erwartungen sind die Atypika in die Psychiatrie und den Markt der Psychopharmaka eingeführt worden.

Bis heute jedoch hat eine weitgehend auf Neuroleptika fokussierte Schizophreniebehandlung nicht nachweisen können, dass sie den Verlauf der Störung im Vergleich zur vor-neuroleptischen Ära verbessert hätte (Hegarty et al. 1994).


Erhöhte Mortalität durch Neuroleptika

Obwohl plötzliche Todesfälle durch Neuroleptika bereits seit den 1960er-Jahren bekannt sind, wurden erst in den letzten Jahren mehrere systematische epidemiologische und kontrollierte Verlaufsstudien in hochrangigen Journals publiziert.

Eine prospektive finnische Studie (Joukamaa et al. 2006) beobachtete eine erhöhte Gesamtmortalität, die sich mit der Anzahl der gleichzeitig eingesetzten Neuroleptika steigerte. Die Mortalität war ohne neuroleptische Behandlung kaum erhöht. Alle Patienten waren jedoch über 30 Jahre alt (Ausschluss der Periode hohen Suizidrisikos nach der Erstbehandlung), und es ist
anzunehmen, dass die schizophrenen Patienten ohne Neuroleptika leichter gestört waren und umgekehrt die Patienten mit mehreren Neuroleptika schwerer. Der Anstieg der Mortalität um das relative Risiko4 von 2,5 mit jedem Neuroleptikum blieb auch nach Abgleich möglicher anderer Einflussfaktoren wie Risikoverhalten und kardiovaskulären Risikofaktoren hochsignifikant, auch wenn die
Kombinationstherapie nur zeitweise erfolgte.

Frühere Studien haben diese Gesamtproblematik bereits belegt: Waddington et al. (1998): eine Verlaufsstudie an 88 Patienten über 10 Jahre mit steigender Mortalität bei zunehmender Anzahl der Neuroleptika, die jedoch nicht auf einen schwereren Störungsgrad rückführbar war; Bratlet et al. (2000): eine 8-jährige Verlaufsstudie an 150 Patienten mit der Dosishöhe der Neuroleptika als bestem Prädiktor für Mortalität; Ray et al. (2001): eine retrospektive pharmakoepidemiologische Auswertung von 481744 Medicaid-Patienten vor Einführung der Atypika mit Korrelation zwischen neuroleptischer Dosishöhe und plötzlichem Herztod (OR5 = 2,39); Montout et al. (2002): erste Verlaufsstudie mit Atypika über nur 4 Jahre, die bei Atypika eine Zunahme (OR von 2,06) für „andere Todesursachen“ zeigt; Straus et al. (2004): Anstieg plötzlicher Herztode um mehr als das 3-Fache (OR = 3,4) bei neuroleptisch durch Allgemeinärzte behandelten Patienten, bei denen ohne Psychosen in gleicher Höhe, bei Patienten unter 64 Jahren sogar eine OR = 5,5."


Zitate aus http://www.meinungsverbrechen.de/wp-content/uploads/2011/08/Mortalit%C3%A4t_durch_Neuroleptika.pdf
mirijam
 

Mortalität durch Neuroleptika

Beitragvon mirijam » Freitag 24. Februar 2012, 15:42

"Ursachen der erhöhten Mortalität

1. Wahrscheinlich sind unter anderem plötzliche Rhythmusstörungen, sogenannten Torsades de Pointes (TdP), infolge Verlängerung der QT-Zeit6 (oberer Normwert 440 ms, TdP-Risiko ab 500 ms) für die erhöhte Mortalität verantwortlich (Witchel et al. 2003). Diese QT-Zeit verlängert sich:

– mit der Höhe der neuroleptischen Dosis (Bratlet et al. 2000; Ray et al. 2001),
aber auch schon mortalitätsfördernd bei niedrigen Dosierungen (Straus et al.
2004; Ray et al. 2001); durch
– Kombinationsbehandlungen: Antidepressiva (trizyklische und tetrazyklische
Antidepressiva, SSRI7, Venlafaxin, Lithium und weitere internistische
Medikation (z.B. Antibiotika, Antiarrhythmika, Antihistaminika,
Vasodilatatoren);
– erniedrigtes Kalium, Magnesium, Kalzium;
– kardiale Vorerkrankungen;
– Bradykardie;
– höheres Risiko bei Frauen;
– höheres Alter;
– Basis-QT-Zeit über 460 ms.
Risikofaktoren sind
- Synkopen in der Vorgeschichte,
- Familienmitglieder mit langem QT-Intervall,
- Angehörige mit plötzlichem Herztod.
Es gibt auch plötzliche Todesfälle ohne verlängerte QT-Zeit. Sie ist kein sicherer Prädiktor.
Komedikation mit Anticholinergika scheint das Mortalitätsrisiko eher wieder zu senken (Waddington
1998).
Alle Typika (am stärksten Thioridazin/Melleril®) und Atypika können die QT-Zeit verlängern, am
geringsten vermutlich Olanzapin und Quetiapin, die wiederum höhere metabolische Risiken haben.
Ist die erhöhte Mortalitätsrate zumeist auf den plötzlichen Herztod zurückzuführen?
Hierzu folgende Berechnung:
- Plötzliche Todesfälle in Normalbevölkerung: 0,7/1000 Individuen/Jahr
(Glassman et al. 2001).
- Steigerungen durch 2er-Kombinationstherapien auf relatives Risiko von 5
(Joukama).
- Risiko plötzlicher Todesfälle unter Kombinationstherapie mit 2 Neuroleptika:
0,7 x 5 = 3,5/1000 = ca. 0,35/100/Jahr = 10/100 in 30 Jahren.
- abzüglich 2/100/30 J plötzliche Tode in Normalbevölkerung ergibt 8 Tote durch
plötzlichen Herztod infolge auch nur zeitweiser Kombinationsbehandlung bei
100 Patienten (8%) in einem Zeitraum von 30 Jahren.
Weitere Todesursachen sind dabei nicht berücksichtigt. Es wird deutlich, dass plötzlicher Herztod
nicht ausreicht, um die zusätzliche Mortalitätsrate zu erklären.

2. Weil die durch Neuroleptika bedingte Mortalität nicht allein auf TdP zurückzuführen ist, greifen Studien, die allein Todesfälle durch plötzlichen Herztod erheben zu kurz. Die finnische Studie ermittelte zum Beispiel bereits unter Typika eine mit der Anzahl der Neuroleptika korrelierende Abnahme des HDL. Aber auch Tode durch venöse Thrombosen mit pulmonalen Embolien
(Thomassen et al. 2001) und Asthma (Joseph et al. 1996) sind auch neuroleptikainduziert. Clozapin hat ein zusätzliches Mortalitätsrisiko (Henderson et al. 2005) durch Verursachung von Kardiomyopathien und Myokarditis und metabolischen Störungen einschließlich Diabetes (Walker er al 1997, Henderson et al 2005).

3. In einer Untersuchung von 689 Patienten der CATIE-Studie wird bei 43% der Fälle (bei 54% der Frauen und 37% der Männer) ein metabolisches Syndrom (MS) unter Atypika diagnostiziert (McEvoy et al. 2005). Andere kleinere Untersuchungen bestätigen fast identische Raten, auch in der Altersgruppe unter 45 Jahren (Cohn et al. 2004). Im Vergleich mit der Normalbevölkerung ist damit
die Prävalenz des MS etwa doppelt so hoch. Ebenfalls ist damit die Häufigkeit des MS in naturalistischen Studien deutlich höher als in den industrieabhängigen (McEvoy et al. 2005). Das Risiko für ein MS unter Atypika steigt bei Männern um mehr als das 2-Fache (OR 2,29) und bei Frauen um mehr als das 3-Fache (OR 3,18) (McEvoy et al. 2005). Bereits 1979 wurde eine norwegische Studie mit erhöhter kardiovaskulärer Mortalität seit Einführung der Neuroleptika (Typika) publiziert (Saugstad/Odegard 1979). Auch unter Typika haben Frauen ein signifikant erhöhtes Risiko für Übergewicht.

Symptome des metabolischen Syndroms sind abdominelle Gewichtzunahme (Kernmerkmal), Trigyceriderhöhung, HDL-Erniedrigung, Erhöhung des Nüchtern-Blutzuckers, Diabetes, Hypertonus (Newcomer 2005). In ca. 25% tritt Diabetes durch Atypika auch ohne vorherige Gewichtszunahme durch direkte Wirkung auf den Insulinstoffwechsel auf. Die Prävalenz von Diabetes unter Atypika liegt bei 14%, 4-fach höher als in der Allgemeinbevölkerung. Wesentliche Ursachen des MS sind Neuroleptika, aber auch falsche Ernährung und
Bewegungsmangel. Vor Beginn einer Schizophrenie haben männliche Betroffene einen geringeren BMI (Body-Mass-Index) als nicht Erkrankende (Weiser et al. 2004).


Folgen des metabolischen Syndroms:

Eine skandinavische Studie ermittelt bei Vorliegen eines MS in der Allgemeinbevölkerung ein dreifach erhöhtes Risiko für koronare Herzerkrankungen und Schlaganfälle und eine mehr als 5-fach erhöhte kardiovaskuläre Mortalität innerhalb von (im Mittel) 6,9 Jahren (Isomaa et al. 2001). Unter Atypika beginnt das MS zusätzlich in sehr viel früherem Alter. In einer Verlaufsstudie über 13 Jahre (1981-1994) sind vaskuläre Erkrankungen mit 47% bereits die häufigste Todesursache unter Typika (Brown et al. 2000) und bereits zwischen 1976-1995 in Stockholm bei Männern mit Schizophreniediagnose um das 4,7fache und bei Frauen um das 2,7fache
angestiegen (Ösby et al 2000). Die metabolischen Veränderungen durch Atypika verdoppeln nach heutiger Erkenntnis das 10-Jahres-Risiko für koronare Herzerkrankungen: Angina pectoris, Myokardinfarkt, plötzlicher Herztod (Correll et al. 2006). Weitere Gefäßerkrankungen und Diabetes mit seinen noch häufigeren kardiovaskulären u.a. Komplikationen und vermehrte Altersdemenzen
kommen natürlich hinzu. Die zu erwartende Einnahmedauer der Neuroleptika ist in den meisten Behandlungen sehr viel länger.
Trigyceriderhöhung und abdominelles Übergewicht sind die wesentlichen Prädiktoren. Darüber hinaus gibt es eine weitere das Mortalitätsrisiko erhöhende Interaktion zwischen kardialen Erkrankungen und TdP durch Neuroleptika.


4. Mortalität durch Suizid:

Die Gesamtmortalität durch Suizid liegt bei Menschen mit Schizophrenie-Diagnose zwischen 4% und 13%. Im Mittel geht man von 10% aus (Inskip et al. 1998; Metzer 1998). Nach der ersten psychotischen Episode ist der Suizid die Haupttodesursache und im ersten Jahr besonders häufig (Mortensen et al. 1993). Die Dunkelziffer vor allem in Kliniken ist hoch (Finzen 1988). Eine nationale
finnische Erhebung ermittelt eine 37-fach erhöhte – jedoch insgesamt mit 1,2% niedrige – Suizidrate bei schizophren diagnostizierten Patienten in den ersten 3,5 Jahren nach der ersten Episode, die Neuroleptika eigenmächtig abgesetzt haben (26 vs. 1 Suizid bei einer Gesamtkohorte von 2230 Ersterkrankten). 38% der Patienten setzten bereits innerhalb des ersten Monats nach der Entlassung die Neuroleptika ab. Historisch ist die Suizidrate seit Einführung der Neuroleptika bei einem Vergleich
mit der kustodialen vor-neuroleptischen Psychiatrie in Wales (1875-1924) um das 20-Fache (Healey et al. 2006), in den USA seit 1950 um das 8-Fache gestiegen (Farberow et al. 1978). Auch eine norwegische Erhebung bestätigt einen Anstieg der Mortalität durch Suizid und Unfälle seit Einführung der Neuroleptika (Saugstad/Odegard 1979). Die erhöhte Suizidrate seit Anwendung der Neuroleptika liegt wahrscheinlich

(1) in den veränderten Versorgungsstrukturen mit therapeutischer Diskontinuität und unangemessenen, nicht bedürfnisgerechten Therapieprozessen (Finzen 1988),
(2) in pharmakogenen Effekten durch und nach Neuroleptika, z.B. Neuroleptika induzierte Depressivität, Dysphorie und Akathisie (Lehmann 1996,2002), „neuroleptisches Diskontinuitätssyndrom“ mit Reboundeffekten (Gilbert et al. 1995; Tranter et al. 1998), Intensivierung von Psychosen nach Neuroleptikabehandlung (upregulation), sowie
(3) gesamtgesellschaftlichen Prozessen mit z.B. beruflicher und sozialer Ausgrenzung, Vereinsamung
und Stigmatisierung begründet.
(4) Auch frühe Anerkenntnis einer psychiatrischen Diagnose 6 Monate nach der ersten psychotischen Episode bedingt erhöhte Depressivität und zumindest signifikant mehr Suizidversuche (Crumlish et al. 2005).
(5) Selbstverständlich sind auch intrapsychische, biografische, sozialkontextuelle und Krankheitsverarbeitungsaspekte von wesentlicher Bedeutung.

Vor allem ist aber davon auszugehen, dass das heute allgemein vorherrschende Behandlungsmodell mit Standardneuroleptisierung ohne wesentliche Mitentscheidung des Patienten in Verbindung mit struktureller und personeller Diskontinuität unverändert hohe Non-Compliance-Raten aufrechterhält.
Den Patienten bleibt wenig Spielraum zu Behandlungsversuchen ohne Neuroleptika oder begleiteten Absetzversuchen, sodass Behandlungsabbrüche mit Anstieg der Suizide die Folge sind. Patienten Medikamente aufzuzwingen, die sie außerhalb der Kontrolle mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder absetzen, birgt offensichtlich lebensgefährdende Risiken.

In finnischen Modellregionen mit selektiver Neuroleptikatherapie traten keine Suizide in der Gruppe der neuroleptikafrei behandelten Patienten auf."


Zitate aus http://www.meinungsverbrechen.de/wp-content/uploads/2011/08/Mortalit%C3%A4t_durch_Neuroleptika.pdf
mirijam
 

Mortalität durch Neuroleptika

Beitragvon mirijam » Freitag 24. Februar 2012, 23:44

"Spätdyskinesie

Spätdyskinesien (syn. Tardive Dyskinesie bzw. Dyskinesia tarda, ein Synonym aus dem französischen dyskinésie tardive (dt. „verspätete motorische Störung”)'; teilweise auch -dyskinäsien) sind Bewegungsstörungen (beispielsweise Akathisie, Grimassieren zumeist Bewegungsstörungen im Gesichtsbereich (Zuckungen, Schmatz- und Kaubewegungen) oder Hyperkinesen (unwillkürliche Bewegungsabläufe) der Extremitäten.), die als möglicher Schaden nach längerem Gebrauch von Neuroleptika auftreten können. Sie werden zu den extrapyramidalen Hyperkinesien gerechnet. Die Spätdyskinesien sind nach langfristigen Therapien mit Psychopharmaka häufig irreversibel und sprechen auch auf Antagonisten wie Betablocker nicht an.

Auslösende Umstände
Diese sozial stigmatisierenden und in manchen Fällen irreversiblen Störungen treten bevorzugt – jedoch nicht ausschließlich – bei den älteren, „klassischen“ Neuroleptika vom Butyrophenon- oder Phenothiazin-Typ auf. Hochpotente Substanzen, hohe Dosis und lange Medikamentierung bergen ein besonders hohes Risiko für die Patienten, zu einem späteren Zeitpunkt solche Dyskinesien zu entwickeln. Die Manifestation kann zum Teil nach sehr langem Zeitabstand zur Einnahme erfolgen (Jahre, in Extremfällen Jahrzehnte später).

Einzig Clozapin scheint keine Spätdyskinesien hervorzurufen, birgt dafür aber die Gefahr von Agranulozytose. Zu den neueren, so genannten atypischen Neuroleptika gibt es noch keine gesicherten Langzeitstudien, jedoch scheint es wahrscheinlich dass auch diese in hohen, antipsychotisch wirksamen Dosen und längerfristiger Gabe ein Risiko bergen.

Schädigungsmechanismus
Diese Nebenwirkungen können auftreten, weil die Botenstoffe, die durch die Neuroleptika zwecks Linderung der psychotischen Symptomatik beeinflusst werden, auch in anderen Bereichen des Nervensystems vorkommen. Die Beeinträchtigung der dopaminergen Erregungsübertragung infolge von Rezeptorblockaden im Bereich der Basalganglien durch Neuroleptika gilt als Ursache solcher Störungen."


http://de.wikipedia.org/wiki/Sp%C3%A4tdyskinesie
mirijam
 

Mortalität durch Neuroleptika

Beitragvon mirijam » Samstag 25. Februar 2012, 00:11

Interessanter Buch-Tipp


"Peter Lehmann

Neuroleptika als chemische Knebel – Über die antitherapeutischen Wirkungen antipsychotischer Medikamente

1. Wie wirken Neuroleptika?

Um ausführlich die Wirkungsweise und die schädlichen Auswirkungen der Neuroleptika darzustellen, war es notwendig, mit dem "Chemischen Knebel" ein fast 450-seitiges Buch zu schreiben. Hier will ich in aller Kürze die wesentlichen Aussagen zusammenfassen: Neuroleptika, auf deutsch: Nervendämpfungs- oder -lähmungs-Mittel blockieren wesentlich die Empfangstellen (Rezeptoren) des Nervenimpuls-Überträgerstoffs Dopamin und führen somit gezielt zu einer künstlichen neurologischen Erkrankung, der Schüttellähmung (Parkinsonkrankheit). Mit dieser 'therapeutischen' Zweitkrankheit soll die Erst-'Krankheit', d.h. die störende und unbequeme Lebens- und Sinnesweise überdeckt werden. Neuroleptika stehen damit voll in der psychiatrischen Tradition: Auch die unmittelbaren Vorgänger, Elektroschock und Lobotomie, produzierten 'therapeutisch' erwünschte neurologische Schäden, nämlich epileptische Anfälle bzw. die Verstümmelung frontaler Hirnbereiche. Weltweit litten infolge anhaltender Neuroleptika-Behandlung 1985 bereits schätzungsweise 40 Millionen Menschen unter irreversibler tardiver Dyskinesie, einer nicht-behandelbaren, veitstanzförmigen Muskelstörung (als Symptom der herbeigeführten Hirnstörung); laut medizinischen Untersuchungen geht die tardive Dyskinesie mit der Verkürzung der Lebenserwartung einher. Peter Breggin, ein bekannter Psychiater aus den U.S.A., wirft seinen Kollegen vor, mit den Neuroleptika eine Epidemie neurologischer Leiden entfesselt zu haben:

"Selbst wenn tardive Dyskinesie die einzige bleibende Körperschädigung wäre, die von diesen Medikamenten produziert würde, würde sich diese unter den schlimmsten durch Medikamente verursachten Katastrophen in der Geschichte befinden."
2. Über einige Auswirkungen der Neuroleptika

Mehr und mehr wird in psychiatrischer Literatur (die im "Chemischen Knebel" zitiert ist) auf die neurologischen Veränderungen hingewiesen, die von Psychiatern grundsätzlich nicht in Griff zu bekommen sind und die durch den Einsatz von Antiparkinson-Mitteln wie Akineton mittel- und langfristig sogar noch verschlimmert werden. Am dramatischsten sind neuere Untersuchungen über Psychiatrie-Betroffene, die nicht wegen 'Schizophrenie' mit Neuroleptika behandelt worden waren, nach dem Absetzen jedoch erstmals eine Schizophrenie-förmige Symptomatik entwickelten. Der international angesehene schwedische Mediziner Lars Martensson vergleicht deshalb die Neuroleptika-Wirkung mit dem Einbau einer künstlich psychotisch machenden Substanz ins Nervensystem, weshalb er folgerichtig das Verbot dieser Chemobehandlung fordert. Es gibt jedoch noch zahlreiche andere Argumente für eine restriktive Behandlung der Neuroleptika-Frage: So ist es z.B. die der Alkoholbelastung entsprechende Leberschädigung, die bei der – in der Regel längerfristigen – Verabreichung der psychiatrischen Psychodrogen auftritt und die genauso kritisierenswert ist wie z.B. die Mißbildungen, die als Folge Neuroleptika-bedingter Chromosomenrisse und -brüche bei Föten Neuroleptika-behandelter werdender Mütter eintreten, in der gleichen Weise, wie sie vielen von uns noch als Folge der Verabreichung von Thalidomid (Contergan) bekannt sein dürfte. Noch ein oft unvermeidbares Behandlungsergebnis mit Neuroleptika ist die emotionale Vereisung ("Zombie-Syndrom") und die Depression, die die Betroffenen, vor der Behandlung z.T. noch lebenslustige Menschen, in den Selbstmord treiben können. Intern, in psychiatrischer Literatur, wird immer wieder auf diese katastrophale 'Neben'-Wirkung hingewiesen. Daß unter der emotionalen Vereisung alle psychotherapeutischen Ansätze, die vorhandene intrapsychische Konflikte aufdecken und somit zu deren Verarbeitung beitragen könnten, von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, versteht sich von selbst; welcher Psychologe wollte ernsthaft behaupten, Menschen therapieren zu können, die unter der Wirkung vergleichbarer Psychodrogen stehen? Mit der 'chemischen Knebelung' ist die pharmakologische Unterdrückung existentieller Gefühle und des entsprechenden Handelns auf den Begriff gebracht.

3. Fehlende Aufklärung

Eine Aufklärung über die unglaubliche Breite der Risiken neuroleptischer Behandlung findet in der Regel nicht statt; den Behandelten werden die Wirkungsweise und die Auswirkungen der Neuroleptika in der Regel vorenthalten, so daß sie an sich keine rechtswirksame, informierte Zustimmung zur Behandlung treffen können. Im "Chemischen Knebel" wird nun jedoch aufgedeckt, was Psychiater von den Augen der Betroffenen, ihren Angehörigen sowie der interessierten Öffentlichkeit verbergen. Im Geleitwort zur Neuauflage schreibt der ehemalige Direktor des Sigmund-Freud-Archivs und Psychoanalytiker Jeffrey M. Masson aus Berkeley/Kalifornien u.a.:

"Ich habe durch dieses Buch mehr über die geheime, innere Arbeitsweise der Psychiatrie gelernt als zuvor in zehn Jahren psychoanalytischer Ausbildung. Nach einer persönlichen Analyse und verschiedenen anderen Psychotherapien war das Lesen dieses Buches die beste Therapie, die ich je erlebte."
Zwei letzte 'Feinheiten', die hier erwähnt sein sollen, sind 1. die Geschwulstbildungen (Neoplasmen, die in eine Krebs-Erkrankung übergehen können): Neuroleptika können diese Wucherungen bei Nagetieren hervorrufen, wenn sie langzeitig in Dosen verabreicht werden, wie sie heute in der chronischen psychiatrischen Behandlung üblich sind. In den U.S.A. müssen Neuroleptika-Verpackungen seit 1978 einen entsprechenden Warnhinweis tragen, in Deutschland wird diese nicht uninteressante 'Kleinigkeit' von Herstellern und Psychiatern verschwiegen. Erinnerungen an die nicht allzuweit zurückliegende Vergangenheit der deutschen Psychiatrie werden bei einer solchen Mißachtung der Gesundheit der 'Geisteskranken' wach. Im Bereich der Medizin jedenfalls würden Medikamente mit solche Folgen sofort vom Markt genommen werden. 2. Alle Neuroleptika, die schwach- wie auch die starkpotenten, können schon bei einmaliger Anwendung lebensbedrohliche Folgen herbeiführen. Alle irreversiblen, d.h. nicht umkehrbaren Schäden können schon nach kurzer Zeit eintreten.

4. Reaktionen auf Neuroleptika-Schäden

Die Entgegnung, die oft von Befürwortern der Neuroleptika-Verabreichung kommt, wenn ausnahmsweise kritische Stimmen zu Wort kommen, vernachlässigt meist die überwiegend stattfindende Langzeitbehandlung, insbesondere die psychiatrischen Forschungsbemühungen, Neuroleptika-Implantate in Mastdarm und Gebärmutter einzupflanzen, um eine mehrmonatige Dauerbehandlung sicherzustellen. Psychiater pochen dann auf (angebliche) kurzfristige Behandlungserfolge in sogenannten Krisensituationen. Der bereits erwähnte Lars Martensson warnt jedoch vor einer solchen Illusion, da sie die Folgen außer acht läßt:

"Wenn die Psychose ohne Medikamente besiegt wird, wird der Glaube des Patienten an sich selbst und den Mitmenschen, der ihn unterstützte, angewachsen sein. Diese Dinge – Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und Glaube an Mitmenschen – sind genau das, was er braucht, um mit der Zeit seine Schizophrenie endgültig zu überwinden. Wenn Medikamente benutzt werden, wird er die entgegengesetzte Lehre ziehen und sich auf dem Weg steigender Medikamentenabhängigkeit befinden."
Daß kurzfristige Anpassungsleistungen, wie bei anderen Drogen auch (Marihuana, Alkohol, Amphetamine), unter Neuroleptika anzutreffen sind, scheint in der Tat logisch. Doch die Augen und Ohren vor den Gefahren und Folgen zu verschließen, zeigt wenig Verantwortungsbewußtsein."

Literatur

Peter Lehmann: Der chemische Knebel – Warum Psychiater Neuroleptika verabreichen. Mit über 150 Abbildungen und wertvollen Tips zum Absetzen, 2., aktual. Aufl., Berlin: Antipsychiatrieverlag 1990


http://www.antipsychiatrieverlag.de/artikel/gesundheit/knebel-kerbe.htm
mirijam
 

Mortalität durch Neuroleptika

Beitragvon mirijam » Samstag 25. Februar 2012, 00:22

"Monoaminooxidase-Hemmer

Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer) oder auch -Inhibitoren (MAOI) hemmen das Enzym Monoaminooxidase (MAO) und hemmen auf diese Weise den Abbau von biogenen Aminen. Aufgrund dieser Eigenschaft werden sie als Antidepressiva genutzt. Hierbei tritt allerdings die stimmungsaufhellende (thymoleptische) Wirkung gegenüber der antriebssteigernden (thymeretischen) Wirkung zurück.

Enzymtyp-Spezifikation
Man unterscheidet hierbei zwei Arten von MAO-Inhibitoren:

MAO-Hemmer, deren Wirkung selektiv auf einen Enzymtyp (MAO-A oder MAO-B) ausgerichtet ist
MAO-Hemmer, die unspezifisch beide Enzymtypen hemmen

Reversibilitätsgrad
Man unterscheidet irreversible, reversible und pseudo-irreversible MAO-Hemmer sowie synthetische und natürlich vorkommende MAO-Hemmer.

Synthetisch
Zu den irreversiblen MAO-Hemmern gehören Tranylcypromin und Phenelzin, sie hemmen die beiden Isoenzyme MAO-A (Abbau von Serotonin und Noradrenalin) und MAO-B (Abbau von Dopamin).

Der reversible MAO-Hemmer Moclobemid hemmt hauptsächlich MAO-A.

Selegilin, angewandt in Kombination mit L-Dopa in der Parkinson-Therapie, führt zur selektiven und irreversiblen Inhibition der MAO-B. Auch Rasagilin hemmt irreversibel die MAO-B, aber fünf- bis zehnfach stärker als Selegilin.

natürlich
Ein reversibler, unselektiver MAO-Hemmer natürlichen Ursprungs ist das Harmalin (siehe dazu unten)."


http://de.wikipedia.org/wiki/Monoaminooxidase-Hemmer
mirijam
 

Mortalität durch Neuroleptika

Beitragvon mirijam » Samstag 25. Februar 2012, 00:31

Zur Enzymhemmumg:

".3.4
Enzymhemmung (Inhibition)

Enzyme können durch andere Stoffe ( = Inhibitoren = Hemmstoffe) in ihrer Aktivität gehemmt werden.

Man unterscheidet reversible ( rückgängigmachbare) und

irreversible (nicht rückgängigmachbare) Hemmung.

Man kennt jeweils 2 Formen: kompetitiv und nicht kompetitiv (z.B. allosterisch).

Reversibel sind Inhibitionen, bei denen sich der Inhibitor wieder vom Enzym ablösen kann. Man unterscheidet Kompetitive Inhibitoren, die an der aktiven Stelle binden und nichtkompetitive Hemmstoffe, die an einer anderen Stelle des Enzyms binden und die Enzymaktivität hemmen.

Irreversibel sind solche, bei denn der Inhibitor an der aktiven Stelle kovalent oder fest gebunden bleibt. Das Enzym ist sozusagen "vergiftet" und kann nicht mehr an der Katalyse teilnehmen. Es muß neu hergestellt werden.


Irreversible Hemmung

Bei der irreversiblen Hemmung wird das Enzym durch einen fest an der aktiven Stelle gebundenen Inhibitor blockiert.

Diisopropylfluorophosphat (DIFP) hemmt irreversibel Serin Proteasen und andere Enzyme. Sogenannte Alkylphosphate (z. B. auch als Kampfgase wie Sarin und in Insektiziden vorhanden) binden sich kovalent an die Acetylcholinesterase. Dieses Enzym sorgt für die Weiterleitung von Nervenimpulsen. Die Organismen sterben an Lähmung der Organfunktion.


Die Enzyme, die direkt an der ATP-Gewinnung in den Mitochondrien beteiligt sind (Cytochrome) lassen sich durch Cyanid-Ionen (CN-; Zynakali) irreversibel hemmen.

Schwermetalle

Viele Enzyme werden durch Schwermetalle wie Hg++, Cd++, As++ und Pb++ gehemmt, z. B. GAPD. Dabei binden sich die Metallionen an eine -SH-oder OH-Gruppe an der aktiven Stelle."



http://www.biokurs.de/skripten/bs11-15.htm
mirijam
 

Re: Mortalität durch Neuroleptika

Beitragvon Galaxie » Dienstag 30. April 2019, 17:31

:)

hier noch einmal ein Link zu "Mortalität durch Neuroleptika" - Dr. Volkmar Aderhold...

http://www.bpe-online.de/verband/rundbr ... erhold.htm


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