Hier bei Prof. Dr. med. C. Herrmann-Lingen kann man nachlesen, was man unter
Sexualanamnese versteht:
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Erfahrungsgemäß ist die Gesprächseröffnung bei der Sexualanamnese eine Hürde, gerade für Berufsanfänger. Daher
möchten wir Ihnen einige Beispiele nennen, die hier hilfreich sein können:
Eröffnende Fragen:
• „Haben Sie Probleme mit ihrer Sexualität?“ (Cave: sehr direkt…)
• „Haben Sie einen Partner?“
• „Haben Sie derzeit eine sexuelle Beziehung?“
• „Ist diese Beziehung monogam oder haben Sie noch andere Partner?“
(Vermeiden Sie Formulierungen, die eine heterosexuelle Beziehung implizieren, dies könnte wertend verstanden
werden)
• „Wie zufrieden sind Sie mit ihrem Sexualleben?“
Fragen zu sexuell übertragbaren Krankheiten:
• „Welche Methoden verwenden Sie, um sich vor sexuell übertragbaren Krankheiten zu schützen?“
• „Sind Sie bereits einmal wegen einer sexuell übertragenen Krankheit behandelt worden?“
• „Glauben Sie, sich beim Sex immer ausreichend vor Infektion geschützt zu haben?“
1.3.4.3. Was sollte wann gefragt werden?
Darauf gibt es keine einfache Antwort. Es macht wenig Sinn bei der Erstanamnese eines Patienten diesen über sein
Sexualleben „auszuquetschen“, nur weil es der Vollständigkeit halber dazugehört. Ein gewisses „Gefühl“ für die richtige
Situation ist hier erforderlich.
• Bei akuten Erkrankungen ohne anhaltenden Effekt auf die Sexualität ist eine Einbeziehung der Sexualanamnese
nur sinnvoll, wenn konkrete Probleme vermutet werden.
Bei chronischen Grunderkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) bzw. Medikation mit typischen Nebenwirkungen auf
die Sexualität (z.B. Betablocker) sollten Fragen nach Libido (=Verlangen) und Potenz (=Vermögen) immer Bestandteil
der Anamnese sein (aber auch hier gilt: „Fingerspitzengefühl“)
• Bei psychogenen Störungen und/oder bekannter Sexualstörung sollte die Sexualanamnese obligat sein und
ggfs. auch Details der bestehenden Störung erfassen.
Klinik für
Psychosomatische Medizin
und Psychotherapie
Leiter: Prof. Dr. med. C. Herrmann-Lingen
Seminar und Praktikum
der
Psychosomatischen Medizin und
Psychotherapie
Lehr- und Lernskript
(aktualisierte Fassung: 10-2008)
http://www.psychosomatik.uni-goettingen.de/download/Skript-Psychosomatik-UKG.pdf