MCS - nach 12 Jahren AU/BU Rente erstritten

MCS - nach 12 Jahren AU/BU Rente erstritten

Beitragvon Stier » Sonntag 23. Oktober 2011, 23:21

Durch Zufall fand ich folgenden Beitrag im Purenature Forum:


http://www.purenature.de/forumneu/mcs-chemikaliensensibilitaet-f11/nach-12-jahren-rente-erstritten-t2648.html

Nach 12 Jahren Rente erstritten
19. Mai 2009

Rente wegen voller Erwerbsminderung erstritten – es folgt mein bisher längster Eintrag im Forum.

Vor 12 Jahren (!!!) hat meine Frau "wegen der Folgen von MCS" AU-/BU-Rente beantragt und nach Ablehnung durch die Rentenversicherung – jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd (DRV) - Klage beim Sozialgericht München (SozGer) eingereicht.
Etliche Gutachten wurden erstellt (z. B. durch die praxisunerfahrenen Assistenten von Prof. Dr. Nowack, München und von Psychiater Dr. Nedopil, München.)
In der 1. Instanz – ich habe meine Frau vom dem SozGer vertreten – haben wir die Klage dank der beiden Gutachten verloren.

Die vorhergegangene Klage gegen die Berufsgenossenschaft haben wir wegen Aussichtslosigkeit auf Grund eines Gutachtens durch Dr. Hellmann, Augsburg, zurückgezogen. Zwei weitere Klagen gegen die Rentenversicherung wurden 1 x gewonnen und 1 x durch Vergleich in 1. Instanz im Jahr 2001 erledigt. Eine Klage gegen die Krankenversicherung hat sich erledigt, weil die KV nachgegeben hat.

Im Februar 2002 hat dann unser Münchner Anwalt Berufung zum Landessozialgericht Bayern (LSozGer) wegen des Urteils der 1. Instanz in der BU-/AU-Rentensache eingereicht.

Neue Gutachten mussten her! Was denn sonst!

Ein von uns auf eigene Rechnung (bzw. auf Kosten unserer Rechtsschutzversicherung) vorgeschlagener psychiatrischer Gutachter (nach § 109 SGG) hat „krankheitsbedingt“ abgesagt.

Der von uns dann vorgeschlagene und vom LSozGer bestellte Gutachter auf umweltmedizinischen Gebiet Dr. Frank Bartram, Weißenburg, hat im Januar 2006 ein umfangreiches Gutachten mit sehr vielen Laborergebnissen abgeliefert und kam zum Ergebnis, dass volle Erwerbsunfähigkeit seit 1997 vorliege und eine EU-Rente befristet auf 2 Jahre von der DRV bezahlt werden sollte.

"Die DRV hat die medizinischen Aussagen und Schlussfolgerungen im Gutachten Dr. Bartram angezweifelt."

Auf Vorschlag der DRV hat das LSozGer "das Bartram-Gutachten dem im Forum bekannten Dr. Nowack" – er war der Gutachter aus dem Jahre 2001 – vorgelegt.
Der gute Mann hat auf seinem alten Gutachten bestanden und "MCS als psychosomatische Erkrankung" erklärt und ein weiteres Gutachten durch Dr. Henningsen, München, angeregt.

(Ein mutmaßlicher Spezl soll doch auch was verdienen – so ist das in Bayern! Zudem: viele Profs geben doch keine Fehler zu und werden mit fortgeschrittenen Jahren zudem altersstarrsinnig!)

Bereits vorher hat das LSozGer angefragt, ob meine Frau mit einer testpsychologischen Untersuchung einverstanden sei.
Der hierfür von uns auf eigene Rechnung benannte Dr. Hans Jacobi, 74889 Sinsheim, Muthstr. 5 - 7, wurde dann vom LSozGer als psychiatrischer Sachverständiger bestellt.

Auch Dr. Jacobi folgte in weiten Teilen den Feststellungen von Dr. Bartram und kam zum Ergebnis, dass „eine begründete Aussicht auf Besserung des Gesundheitszustandes in absehbarer Zeit durch die Chronifizierung der zuletzt wahrscheinlich gemachten Umwelterkrankung und der mit ihr assoziierten psychischen Belastungsreaktion und kognitiven Beeinträchtigung unwahrscheinlich ist.“
Er empfiehlt sodann ebenfalls eine Rente auf Zeit mit anschließender Kontrolle.

Der "Ärztliche Dienst der DRV" ließ durch einen beauftragen Psychiater – Dr. med. xxx, laut eigenen Angaben Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, xxxx – eine Stellungnahme schreiben.

"Diese Stellungnahme war eine einzige Unverschämtheit."
Ein persönliches Schreiben mit dem Tenor, er sei fachlich unfähig und habe das Schreiben wohl im Zustand der Trunkenheit verfasst habe ich diesem Mann – er hat keine eigene Praxis - am 24.12.2008 (Weihnachten!) zukommen lassen. (Ich habe gehört, er hätte sich über mein 3-seitiges Schreiben sehr geärgert – aber das war ja auch beabsichtigt!)

Zudem habe ich mich bei der DRV beschwert und festgestellt, dass ein seriöser Arzt im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte eine solchen Unsinn niemals schreiben würde und sich die DRV für ihren Mann schämen sollte.

(Als ein Kuvert mit dem Absender „Justiz“ bei mir eintraf, dachte ich schon, dies sei die Klage wegen Beleidigung, aber es war nur ein Dankschreiben der bayerischen Justizministerin "wegen meiner Tätigkeit als ehrenamtliche Richter bei einem Landgericht").

Gleichwohl, das LSozGer war vom Gutachten Dr. Jacobi (mit testpsychologischer Untersuchung) offensichtlich nicht überzeugt und fragte an, ob wir mit einer weiteren psychiatrischen Untersuchung einverstanden seien.

Diese Untersuchung fand in München bei Dr. Ursula Münch, freiberufliche Mitarbeiterin der Gutachterfabrik „GWG, afp, Rablstr. 45“ statt – 165 km einfach von unserem Wohnort entfernt.

(Zufall: In der Münchner Rablstraße bin ich aufgewachsen).

Frau Dr. Münch kommt u. a. zum Ergebnis, es lägen seit 1997 „Somatisierungsstörungen und Konversionsstörung unter dem Bild der MCS und einem chronischen Erschöpfungssyndrom“ vor.

Sie schreibt weiter, von der „nicht-Therapierbarkeit der anzunehmenden zugrundeliegenden somatoformen Störung“.

Sie empfiehlt eine EU-Rente ab März 2008, (Begutachtung durch Dr. Jacobi), „denn erst da konnten testpsychologische deutliche Störungen der Konzentrationsfähigkeit ... nachgewiesen werden.“

Die DRV will weiterhin nicht zahlen, kritisiert das Gutachten Dr. Münch
und bietet an, nach Beendigung des Verfahrens vor dem SozGer eine "Rehamaßnahme in einer psychosomatischen Klinik" zu bezahlen „denn da tun wir der Frau was gutes“. (Frechheit!)

Das LSozGer hat in der mündlichen Verhandlung Ende April 2009 einen Vergleich auf der Grundlage Gutachten Dr. Münch vorgeschlagen, wonach ab März 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung unbefristet bezahlt wird.

Unser Anwalt und ich konnte den (sofort rechtskräftig werdenden) Vergleich insofern verbessern, als nunmehr diese Rente rückwirkend ab Juni 2007 (Beauftragung von Dr. Jacobi) bezahlt wird.

Das Gericht sagte, MCS liege unstrittig vor, aber ob dies auch Erwerbsminderung bedeute, sei erst durch die festgestellte kognitive Leistungseinschränkung gesichert und begründe sozusagen juristisch einen Leistungsanspruch.

Unseren nochmals weitergehenden Vorschlag, die Rente ab Gutachten Dr. Bartram zu gewähren, fand das LSozGer nicht so gut, „denn die Auswirkungen von MCS werden von Medizinern lebhaft und strittig diskutiert, aber "die Meinung von Dr. Bartram sei nicht die Mehrheitsmeinung“.

Das Gutachten Dr. Jacobi zahlt nunmehr die Staatskasse, denn es habe zur Aufklärung beigetragen. Das Gutachten Dr. Bartram zahlt unsere Rechtsschutzversicherung.

Das Gericht missbilligte auch die Stellungnahme des Herrn Schmidt-.Endres von der DRV. (!!!)

Ein Fazit: Insgesamt 8 (!!!) Gutachten + 2 Gutachten vom MDK + 2 Untersuchungsberichte aus Bredstedt (ambulante Untersuchung im Jahr 1997) + 6 weitere Untersuchungsberichte, 5 Aktenordner voll Papier. (Mein Reißwolf ist fast heiß gelaufen.)
Drei Gutachter – darunter Prof. Eikmann und Dr. Zilker - konnten wir erfolgreich abwehren. Ebenso 2 „Rehamaßnahmen“ in psychosomatischen Kliniken.

Interessant: in fast allen Gutachten und Untersuchungsberichten wird die Diagnose MCS anerkannt.

Traurig: Gutachten eines erfahrenen Praktikers wie Dr. Bartram mit eindeutigen Laborergebnissen auch von Uni-Labors werden nicht anerkannt, Aussagen auf Grund testpsychologischer Untersuchungen hingegen schon.

Hat sich der Aufwand und der Ärger gelohnt? Letztendlich ja.

Bis zum April-Termin in München haben meine Frau und ich es bedauert, in die 2. Instanz gegangen zu sein. Denn die Menge Schriftverkehr, die Gutachter-Fahrerei und das Geschreibsel des Rentenversicherungsträgers und sogenannter Gutachter belasteten zusätzlich ganz gewaltig.

Als ich das Gebäude des Landessozialgerichts in München nach dem rechtskräftigen Vergleich verlassen habe, hätte ich fast geheult. Denn dass endlich alles vorbei ist, war und ist eine ungeheure Erleichterung.

Die anwaltschaftliche Vertretung in der 2 Instanz (LSozGer) durch Herrn RA Kegel von der Kanzlei Dr. Hugo Lang, Rainer Kegel, Stefan Wenzel, 80687 München, Schifferlstr. 1, war super – vor allen Dingen sehr engagiert! Die Gutachter Dr. Bartram und Dr. Jacobi waren eine Idee von RA Kegel.

Und der gesundheitliche Zustand meiner Frau: Wer MCS hat, braucht danach nicht zu fragen. Die noch verbliebenen sehr wenigen Bekannten und Besucher sind manchmal ein Problem. Gemeinsam eingeladen werden wir nirgends mehr.
Ihr kennt das ja.

Die letztendlich zum Erfolg führenden anerkannten psychologischen Testverfahren habe ich in einem gesonderten Eintrag aufgelistet.

xxx - wegen Beschwerde über Namensnennung
- Editiert von Purenature am 04.03.2010, 14:34 -

Unter dem Text gibt es noch Kommentare
Stier
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MCS - nach 12 Jahren AU/BU Rente erstritten

Beitragvon Maus 22 » Montag 7. November 2011, 00:04

Zitiat in den Kommentaren

von Jenny » So 31. Jan 2010, 21:23

..... aber es passiert doch eine ganze menge in diese richtung. vielleicht hat der ein oder andere hier bei csn gelesen, dass eine neue studie in sachen mcs aussagt, dass eine vergiftung ursächlich ist ...

Was ist mit dieser Studie gemeint ???
Hilft die mir vielleicht in Sachen BG weiter ???

Danke für eure Antworten
Maus 22
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MCS - nach 12 Jahren AU/BU Rente erstritten

Beitragvon Alex » Montag 7. November 2011, 10:02

Für die BG ist keine Studie massgeblich, sondern das was Dr. Merz in seinen Blog versucht rüberzubringen.
Lies sie nochmals gründlich durch:

http://www.csn-deutschland.de/blog/category/dr-tino-merz-zu-mcs-umweltkrankheiten/

In einem BG Fall ist insbesondere wichtig, dass Du den Zusammenhang Exposition/Krankheit lückenlos beweist.
Studien die belegen, dass Auswirkungen von Chemikalie X zu Krankheit Y führen sind Beiwerk, nachdem Du bewiesen hast, dass Du Chemikalie X ausgesetzt warst.
Alex
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