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Beitragvon gastkarin » Samstag 11. Dezember 2004, 03:22

Hallo,

damit ihr auch wisst mit wem ihr es zu tun habt. Mein Name ist Karin. Mein Mann hat MCS, offiziell Lösemittelsyndrom. Egal, anerkannt ist beides nicht. Er ist jetzt seit drei Jahren arbeitslos, seit vier Monaten geht er wieder arbeiten, als Lackierermeister. Seit zwei Wochen krankgeschrieben...

Er hat mit fünfzehn in der ehemaligen DDR Lackierer gelernt, unter schlimmsten Arbeitsverhältnissen, die damaligen Arbeitskollegen sind alle tot, mein Mann ist 41. Viele Lackierer trinken, unser Umweltarzt sagte nun, Alkoholismus ist nicht die Ursache der neurologischen Ausfälle, sondern Alkoholismus ist ein Symptom von MCS... Nun trinkt und raucht mein Mann nicht, das kann man ihm nicht ankreiden. Er hatte dann schon immer mal Probleme, aggressive Anfälle, die verschwanden als er ein Jahr Wehrdienst machte... Dann kam die Wende und wir lernten uns kennen und zogen zusammen. Er fand im "Westen" Arbeit in einer modernen Firma, hatte leichte Probleme, aber es ging. Trotzdem musste er seine Meisterprüfung vor vier Jahren sehr schnell durchziehen sonst hätte er die praktische Aufgabe, eine PKW-Ganzlackierung, nicht geschafft. Er bekam Arbeit in einer kleineren Lackiererei und dort fingen die Probleme richtig an. Er verlor diese Arbeit aufgrund der Krankheit und machte den ersten Besuch beim Amtsarzt. Urteil: Er kann ohne Probleme 8 Stunden am Tag in Dreischicht arbeiten, solange er zwischen Sitzen, Stehen und Gehen abwechselt. Er darf nicht in Vorhalte arbeiten, da die oberen Lendenwirbel abgenutzt sind (haben wir jetzt 20% drauf), er darf nichts tun was die Augen gefährdet (Er war damals schon mal am Auge operiert worden; Schielwinkel um 10° korrigiert) ein Auge so gut wie blind (hatte aufgrund des Fehlwinkels einfach abgeschaltet, wenn er müde wird sieht er Doppelbilder). Er war schon zweimal fast rückwärts eine Treppe runtergefallen weil einfach die Beine wegknickten. Laut Amtsarzt alles kein Problem. Und wir wussten nicht womit wir es zu tun hatten...

Irgendwann traf mein Mann einen Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft. Man kam ins Gespräch, und der Herr sagte meinem Mann er würde ihm mal erzählen was für Symptome er hat. Und das tat er dann. Das Problem ist dort bekannt... Das war vor vier Jahren.

Mein Mann fand eine Arbeit in einer Firma die Druckmaschinen überholte. Eine tolle Arbeit, eigentlich. Nichts Körperliches, eher eine Beratertätigkeit. Er hielt einen Monat durch.

Nun sind wir seit ca. 3 Jahren dabei irgend etwas zu erreichen. Wir haben unsere kleine Eigentumswohnung verkauft (die zur Hälfte noch beliehen war - die Kosten für die Meisterprüfung), das Geld ist jetzt auch weg. Wir waren in Hannover bei Frau Dr. Wrbritzky (hoffentlich richtig geschrieben), die stellte höchstpersönlich einen Antrag bei der BG wegen Lösemittelsyndrom. Wir haben einen Umweltarzt kontaktiert, der leider nur Privatpatienten annimmt. Der sagte: "Das hört sich aber eher nach MCS an". Er war so nett uns einen Umweltarzt in der Nähe zu nennen. Dort waren wir letzten Monat (wir hatten Glück, jemand hatte den Termin abgesagt, der Arzt ist auf vier Monate ausgebucht), der sagte: "Ganz klar, MCS). Jetzt soll mein Mann zur PET, die Krankenkasse will das aber nicht bezahlen.

Mein Mann ist jetzt zwei Wochen zu Hause, der Arzt würde ihn auf Dauer krank schreiben, aber er dreht schon wieder am Rad. Es geht ihm so gut wie es gehen kann wenn man mitten in der Stadt an einer Hauptverkehrsstraße wohnt und er will arbeiten. Und dann geht er hin und das Dieselaggregat läuft oder er atmet Lösemittel ein und es geht wieder los. Er hätte die Stelle die er jetzt hat nicht einmal vom Arbeitsamt aus annehmen müssen aber er will arbeiten. Das kennt ihr sicher alle. Nicht die Rente ist das was man will sondern Gesundheit.

Und noch zu mir: Ich habe ebenfalls MCS, ausgelöst durch Holzschutzmittel in der Holzdecke unseres Hauses. Ich habe damals als Kind die Bretter mit angestrichen... Es geht mir gut - ich lerne gerade Heilpraktikerin im Fernstudium, gehe mit den Hunden raus wenn ich merke das ich aggressiv und ungeduldig werde, nach einer Stunde draußen geht es wieder. Jetzt im Winter ist es schlimmer, im Sommer sind die Fenster den ganzen Tag auf, im Schlafzimmer auch im Winter. Meinen Zusammenbruch hatte ich als ich vor 14 Jahren KFZ-Elektrikerin lernte. Die Abgase, Öle, Handwaschmittel, Reiniger im Arbeitsanzug. Ich hielt 15 Monate durch, mit Schmerzmitteln Packungsweise. Dann der Zusammenbruch. Wochenlang im Schlafzimmer, die Gardinen zu, keine Geräusche ertragen, ich dachte echt, ich hätte einen Nervenzusammenbruch und wusste nicht warum. Ich hatte doch einen tollen Job der mir Spaß machte... Später versuchte ich immer wieder zu arbeiten, ging jedesmal hochmotiviert los und kam todkrank wieder. Und dachte echt ich wäre verrückt. Jetzt geht es mir gut. Wenn ein LKW an mir vorbeifährt oder ich im Kaufhaus an der Waschmittelabteilung vorbei muss halte ich den Atem an. Wir gehen nicht in Gasthäuser wegen der Zigaretten, ich gehe nicht in Kaufhäuser wo Teppiche liegen, wir gehen nicht ins Kino wegen der Teppiche, der Zigaretten und der duften Leute.

Bei uns gab es eine Verschiebung. Früher ging es mir schlechter als meinem Mann, er hatte damals fast gar keine Symptome, und er dachte wohl auch, ich spinne. Wir standen mehrmals fast vor der Scheidung. Dann kam der Knall bei ihm und jetzt ist er kränker als ich. Er hat eingesehen das er ein Idiot war und ich bin nicht nachtragend :-). Jetzt halten wir zusammen und das gibt uns beiden Kraft.

Ich hoffe ich habe euch jetzt nicht gelangweilt aber wir haben nicht mehr viele Leute mit denen wir Kontakt haben (und noch weniger die verstehen wo das Problem liegt). Ich hoffe das wir noch den einen oder anderen Tipp bekommen und auch den einen oder anderen Tipp weitergeben können.

LG Karin!
gastkarin
 

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Beitragvon gastkarin » Samstag 11. Dezember 2004, 03:24

Nochmal zum Lösemittelsyndrom - es ist anerkannt als Berufskrankheit (BK 1317), aber bei meinem Mann ist es nicht anerkannt.
gastkarin
 

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Beitragvon KarinK » Samstag 11. Dezember 2004, 14:31

Hallo, jetzt bin ich registriert (danke, Jürgen).

Wenn ich hier so lese, geht es uns ja noch gut. Es ist erschreckend wie kranke Menschen behandelt (oder eben nicht behandelt) werden. Und es ist kein Trost das es irgendwann in gar nicht allzuferner Zeit zu viele Menschen mit Umweltkrankheiten gibt das man es nicht mehr verheimlichen kann. Wir kennen im engeren Bekanntenkreis einige Menschen mit MCS, die wie wir gar nicht wussten was mit ihnen los ist. Wer kein Internet hat hat kaum Möglichkeiten an Infos zu kommen. Wir sind im Kleinen schon immer dabei, Informationen an Betroffene weiterzugeben. Die meisten sind erleichtert, denn es ist eine Krankheit und nichts eingebildetes...

Jeder weiß das das Schnüffeln von Lösemitteln bei Jugendlichen stärkste neurologische Schäden verursacht, aber niemand kann sich vorstellen das ein Lackierer der 30 Jahre mit Lösemitteln arbeitet davon krank werden kann :-(.

LG Karin!
KarinK
 

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Beitragvon Webmaster » Samstag 11. Dezember 2004, 15:14

Hallo Karin,

das ist toll, dass du uns so viel von dir und deinem Mann erzählst. Im Moment ist es leider so, dass einige krank sind. Uns hat die Grippe erwischt. Zwei Webmaster mit Magen- Darmproblemen, Silvia - die Chefin von CSN hat ebenfalls mit schwerer Grippe zu kämpfen.
Sei uns also bitte nicht böse, wenn es im Moment ein wenig \"hinkt\". Wir bemühen uns dennoch, immer kurzfristig zu antworten.

Auf jeden Fall sag ich euch schonmal Willkommen bei CSN. Schön, dass Ihr hergefunden habt.

Liebe Grüße
Jürgen

- Editiert von Webmaster am 11.12.2004, 16:57 -
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Registriert: Dienstag 29. Juni 2004, 17:03

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Beitragvon KarinK » Samstag 11. Dezember 2004, 19:15

Hallo Jürgen,

danke für das nette Willkommen. Ich bin ja froh dieses Forum gefunden zu haben. Es werden schon die richtigen Leute meine Einträge lesen und antworten.

Lg Karin!
KarinK
 

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Beitragvon Mathias » Sonntag 12. Dezember 2004, 18:11

Hallo Karin,
es ist richtig, dass die Krankenkassen das PET nicht bezahlen. Vielleicht solltet ihr erst einmal ein SPECT machen lassen. Diese Untersuchung wird von den Krankenkassen bezahlt (Überweisung erf.).
Die BG lehnen in aller Regel erst einmal alles ab. Da bleibt meist nur der Klageweg. Steht mir jetzt auch bevor, da auch meine BG die Anerkennung der Berufskrankheit 1317 ablehnen wird (so der Zwischenbericht der BG). Meine BG teilte mir ferner mit, dass zur Zeit das Merkblatt für die Berufkrankheit 1317 überarbeitet wird. Ob es für uns dadurch besser wird, mal sehen.
Viele Grüße Mathias
Mathias
 

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Beitragvon gastkarin » Montag 13. Dezember 2004, 01:36

Hallo Mathias,

danke für deine Antwort. Da werden wir noch mal den Arzt fragen. Die Krankenkasse stört wohl hier der Überweisungsgrund: Lösemittelintoxikation. Die BG ruht sich aus und wartet auf handfeste Diagnosen. Naja, die Zeit wird es bringen. Nochmals Danke und viel Glück.

LG Karin!
gastkarin
 

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Beitragvon Silvia K. Müller » Montag 13. Dezember 2004, 13:31

Hallo Karin,

herzlich Willkommen!

Ich greife gleich einiges aus dem Text auf.
Ein SPECT wäre gerade bei einer Lösemittelintoxikation sehr angebracht.
Ein neuropsychometrischer Test kann weitere Erkenntnisse über das Ausmaß der Hirnschäden erbringen. Ein LTT Lösemittel kann weiteren Aufschluß über die Schäden am Immunsystem bringen. Ein neurootologischer Test kann für zusätzliche Klarheit sorgen.

Ihr müßt versuchen, ein Gesamtbild zu erstellen, an dem kein Gutachter so leicht vorbeikommt.

Später mehr, ich bin leider in Zeitdruck,

Silvia
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Silvia K. Müller
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