Psychiatrisieren das ist das Einfachste

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Beitragvon Wasabi » Dienstag 13. Oktober 2009, 22:16

Eben kam ein Film im TV. Steuerfahnder deckten Fälle auf und wurden als "Belohnung" über die Psychoschiene entsorgt.
Überall das Gleiche, genau wie bei uns. Was lästig ist wird für psychisch krank abgestempelt und hat Anpassungsstörungen.

Wir müssen uns noch viel mehr wehren.
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Beitragvon Maria Magdalena » Dienstag 13. Oktober 2009, 22:27

Waren das etwa Steuerfahnder in Hessen? Darüber gab es schon Posts von Mia und Juliane:

viewtopic.php?t=10259
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Beitragvon Amazone » Dienstag 13. Oktober 2009, 23:01

Ihr würdet Euch wundern, was Ärzte, die ihr im Laufe der Zeit aufgesucht habt, an Leistungen mit "Psychodiagnose" abrechnen. Diese Praxis ist gang und gäbe und schadet nicht nur uns, sondern der Allgemeinheit und die Gelder fehlen an anderer Stelle im Gesundheitswesen.

Eine weitere Sammlung von Beweisen wäre zu wünschen. Seid Ihr bereit?

1. Schritt: nur von all den Ärzten, bei denen ihr mal wart, aber zu denen ihr nicht mehr hingeht, Kopie der Krankenakte anfordern (darauf hat man lt. BO der Ärzte einen Anspruch und braucht man nicht zu begründen)
2. Schritt: von Eurer Krankenkasse die von den Ärzten abgerechneten Leistungen unter Angabe der Quartale anfordern (Versichertenauskunft nach § 305 Abs. 1 SGB V)

Das Ganze könnte man dann als Paket schnüren und dem BMG zwecks Kosteneinsparung schicken. Die Gelder könnte das BMG dann sinnvoller für Umweltmedizin verwenden.

Zwei Negativbeispiele, die sicherlich nicht die einzigen sind:
Dermatologe, aufgesucht zwecks Hautkrebsscreening, das nicht stattfand, weil die Ärztin mich von oben bis unten mit Desinfektionsmittel einsprühen wollte. Abgerechnete Leistung "EBM Ziffer 35100 Differentialdiagnostik psychosomatischer Krankheitszustände".
Allgemeinmediziner mit Zusatzbezeichnung Umweltmedizin aufgesucht. Gespräch über Umweltkrankheit, ansonsten nichts. Abgerechnete Leistung "EBM Ziffer 35110 verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen".
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Beitragvon Dellavalle » Mittwoch 14. Oktober 2009, 09:43

MUSTERANSCHREIBEN



Sehr geehrter.....

hiermit möchte ich Sie bitten mir meine vollständige Krankenakte die Sie über mich führten, zuzusenden.
Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie mir die Unterlagen innerhalb der nächsten 14 Tage zukommen ließen.

Mit freundlichen Grüßen
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Beitragvon Clarissa » Mittwoch 14. Oktober 2009, 10:15

ACHTUNG ihr müsst euch aber klar darüber sein, dass der Arzt pro Seite Kopie 50 cent verlangen kann und zusätzlich noch die Arbeitszeit. Wenn ihr so etwas vorhabt fragt bitte vorher nach den Kosten!
Und allen Leugnern zum Trotz, im DIMDI
ICD-10-GM Version 2018 - Stand Oktober 2017 ist MCS immer noch im Thesaurus unter
T 78.4 zu finden und wirklich nur dort und an keiner anderen Stelle!
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Beitragvon Moriko » Mittwoch 14. Oktober 2009, 11:02

Ob er das auch verlangen kann wenn man sowieso vorhat nicht mehr hinzugehen?
Dann kann er die Akte doch einfach abgeben oder nicht?
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Beitragvon Amazone » Mittwoch 14. Oktober 2009, 11:29

Dass Ärzte dafür Arbeitszeit berechnen habe ich noch nicht erlebt.

Hier noch ein Musterbrief:

wie Ihnen sicherlich bekannt ist, sind Ärzte gemäß Berufsordnung verpflichtet, über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen im Sinne einer ordnungsgemäßen Dokumentation zu machen, und Patienten haben ein Recht auf Einsichtnahme in die sie betreffenden Krankenunterlagen bzw. sind ihnen auf Verlangen Kopien derselben herauszugeben.

Ich bitte Sie, mir kurzfristig eine Kopie meiner von Ihnen angelegten Patientenakte mit den von Ihnen seinerzeit gemachten Aufzeichnungen zu senden.
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Beitragvon Clarissa » Mittwoch 14. Oktober 2009, 11:39

Ich habe für 200 Seiten Kranhausdokumentation eine Rechnung über 160€ erhalten und das ist leider gesetzlich abgedeckt.
Und allen Leugnern zum Trotz, im DIMDI
ICD-10-GM Version 2018 - Stand Oktober 2017 ist MCS immer noch im Thesaurus unter
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Beitragvon Lennox » Mittwoch 14. Oktober 2009, 12:19

Im Brief dazu schreiben:

Falls Kosten entstehen, lassen Sie mich bitte vorab die Höhe wissen.

oder

Falls Kosten über einen Betrag von xx Euro entstehen, lassen Sie es mich bitte vorab wissen.
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Beitragvon Yol » Mittwoch 14. Oktober 2009, 21:34

Dann sind ja logischerweise die Psychiatriestatistiken genau so falsch wie die MCS-Statistiken.
Die einen haben zuviel, die andern zu wenig - je nachdem was grad am besten zum Gesellschaftssystem passt.
Ob das in 10 Jahren noch so sein kann - dann gäb's wohl nur noch Psychiatriefälle, was sicherlich nicht mehr glaubhaft zu machen sein wird.
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Beitragvon Amazone » Donnerstag 15. Oktober 2009, 10:51

Yol, du hast es erfasst.

Wir sollten das nicht einfach so hinnehmen.

Gruß Amazone
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Beitragvon Monja » Donnerstag 15. Oktober 2009, 11:16

Und was tun, wenn man tatsächlich Einsicht in die Krankenakte
der letzten Ärzte bekommt, bei denen man wegen MCS u.a. war,
und überall findet man nur "psychische" Diagnosen? Wie peinlich
auch, wenn die Krankenkasse immerzu nur diese Diagnosen über
einen bekommt. Ich glaube, ich hätte nicht die Nerven, die Kraft,
das auszuhalten. Schon das lesen der vielen Gutachten damals von
Arbeitsamt, Rentenanstalt, Gesundheitsamt usw. hat mich total
fertig gemacht, ich habe die Ränder voll geschrieben mit Bemerkungen,
wie "Lüge, Dummes Zeug, Falsch, Wurde nie gesagt"... usw. damit zumindest
die Nachfolgenden, bei denen ich die Unterlagen vorlegen musste,
wissen, dass ich es nicht den Tatsachen entspricht. Denn schon bei
den Gutachten stellten sich so gravierende Lügen heraus, wie die Be-
hauptung der BfA, mich hätte der Chefarzt Dr. H. untersucht, den ich
aber nie gesehen habe, sondern sein junger Assistenzarzt war es, na und
so weiter, Lügen über Lügen, selbst wenn es mal nicht in psychiatrische
Richtung ging, war trotzdem der Text meist weit entfernt vom tatsächlichen
Hergang der Begutachtung. Wenn einer von euch diese Akten einsieht, wäre es
schön, hier davon zu erfahren und noch mehr zusammen zu tragen.

Herzlichst Monja
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Beitragvon Alex » Donnerstag 15. Oktober 2009, 14:14

Dagegen kann man etwas tun

Die Kasse informieren dass eine solche Behandlung nie stattgefunden hat und nicht der Wahrheit entspricht.
Die Kassenärztliche Vereinigung kann man zusätzlich informieren.
Die Ärztekammer wenn es ganz hart ist was über die Abrechnung rauskommt.

Kann nur sein, dass so ein Doktor bei der Kasse dreist behauptet, man sei psychisch krank.
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Beitragvon Wasabi » Donnerstag 15. Oktober 2009, 15:45

Dadurch hätte mancher Arzt schnell eine Prüfung wegen Abrechnungsbetrug.
Man muss abwägen. Allerdings muss auch ein Arzt abwägen was er mit einem Patienten macht.

Wenn x mal psychologisches Gespräch etc. abgerechnet wurden, dann wird man wohl
kaum einen Aufenthalt in einer Umweltklinik bekommen oder eine Therapie. MCS hin oder her,
danach fragt dann keiner mehr. Jede Kasse macht da dicht.
Das hat dann ein solcher Arzt der besser abrechnen will verantwortet.
Auch nicht gerade fair und nett.
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Beitragvon Melville » Donnerstag 15. Oktober 2009, 22:39

Exakt, der Arzt muss abwägen was er macht. Bevor er wegen ein paar Euro einen Patienten
als psychisch abstempelt, muss er mal nachdenken, ob er selbst als Psycho bei der Krankenkasse geführt werden möchte.
Akzeptabel ist eine derartige Geschichte nicht. Oder anders rum, wer austeilt muss auch einstecken können.

Der Tipp von Amazone kommt gut. Ich lasse mir die Ausdrucke von der Krankenkasse schicken. Bin gespannt.
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Beitragvon Leckermäulchen » Freitag 16. Oktober 2009, 00:24

Ist schon einige Zeit her bei mir, dass man mit mir genauso verfuhr. Und ich kann Monjas Erfahrungen tatsächlich nur bestätigen. Dummerweise war ich zu den „Untersuchungen“ immer allein gegangen, habe ja auch niemand, lebe solo. Und hatte damals nicht im entferntesten zuvor damit gerechnet, so gezielt und voll bewusst falsch diagnostiziert zu werden. Meine Widersprüche und Hinweise auf die ja vorliegenden aufgrund tatsächlicher Untersuchungen erfolgten Diagnosen wurden damals nicht angenommen und man „bedauerte“, bei der gestellten „Diagnose“ bleiben zu müssen. Ich hätte halt kein Krankheitsverständnis dafür, an der „diagnostizierten“ psych. Somatisierungsstörung erkrankt zu sein und sei deshalb nicht therapierfähig. Dabei hatten sie sehr wohl zutreffende und korrekte Diagnosen von meinen behandelnden Ärzten angefordert und auch bekommen, die sie aber völlig ignoriert haben. Diese haben mich tatsächlich untersucht, während das im Amt nicht wirklich geschah.

Wenn diese neunmalklugen Amtsärzte samt peripherem Zuarbeiterstab zuvor seriös von behandelnden Ärzten gestellte Diagnosen völlig ignorieren und stattdessen eigene zusammenphantasieren ... rechnen denn Amtsärzte ihre eigenen Diagnosen ab? Oder ist das sozusagen eine neue Art „Schattenwirtschaft“?

Aber ich sage nur, es ist völlig korrekt, Monja, die lügen sich die Hucke voll. Bin voll deiner Meinung.
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Beitragvon Jolokia » Sonntag 18. Oktober 2009, 09:00

Der Spiegel schreibt in seinem Artikel "die Krankmacher" :


"In anderen Fällen geht es darum, den Schweregrad einer Krankheit so zu gestalten, dass er sich möglichst günstig auf die Gewinnsituation auswirkt. In internen Schulungen der Krankenkassen ist von "Codierkaskaden" die Rede. Schon kleine Veränderungen bei der ärztlichen Diagnose lassen den Zuschuss in die Höhe schnellen, etwa bei einer psychischen Erkrankung.

Am Anfang der Kaskade steht dabei die "psychische Verstimmung". Aus Sicht der Krankenkasse handelt es sich um eine sehr unerfreuliche Diagnose. Sie trägt ihr keinen Zuschuss aus dem Gesundheitsfonds ein. Besser ist es, wenn der Arzt eine "leichte depressive Episode" verortet. Aus Sicht des Therapeuten ist der Unterschied zur "psychischen Verstimmung" womöglich klein. Für die Krankenkasse hingegen bedeutet er ungefähr 1000 Euro zusätzlich im Jahr.

Darauf lässt sich weiter aufbauen. Für eine "dissoziative Störung" sind beinahe 2000 Euro drin, für eine "bipolare affektive Störung" schon mehr als 3400 Euro. Erst mit der Diagnose "Schizophrenie" (über 6000 Euro) ist das Ende der Codierkaskade erreicht."


Der Artikel ist sehr lesenswert: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,653048,00.html
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Beitragvon Alex » Sonntag 18. Oktober 2009, 11:29

Man weiß, dass die Psychiatrisierung von Umweltpatienten langsam auffällt:


"Sicherlich sollte man auch selbstkritisch gegenüber dem eigenen Handelndarstellen, daß in der Tat Patienten oftvorschnell und allzu leichtfertig als„psychisch auffällig“ dargestellt werden, insofern wäre die Kampagne gegen die „Psychiatrisierung“ der Patienten sogar gerechtfertigt, da es sich tatsächlich nur in den seltensten Fällenum echte psychiatrische Fälle handeltund in der Regel eher um psychosomatische Reaktionen, die Ursache oderFolge einer Reaktion auf vermeintliche oder tatsächliche Umwelteinwirkungen sein können."


Gelesen im Hessischen Ärzteblatt:

FORTBILDUNG

Werden Patienten in der Umweltmedizin „psychiatrisiert“?
Ratschläge zum Umgang mit umweltbedingten Belastungsreaktionen
Gieler, U.1, Heudorf U.2; Beck W.3, Schopper-Jochum S.4, Teßmann R.5, Eikmann T.

http://www.laekh.de/upload/Hess._Aerzteblatt/2001/2001_02/2001_02_08.pdf
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Beitragvon Stier » Sonntag 18. Oktober 2009, 18:14

Der Text ist von 2001 - seitdem hat sich nichts geändert.

Immer dieses Gesulze: Wie müssen die Patienten (MCS) "ernst nehmen", sie haben einen hohen Leidensdruck:

Und dann kommt der Hammer.
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Beitragvon Gatano » Sonntag 18. Oktober 2009, 20:52

Deren Gesülze und der Hammer den sie dann auspacken muss geoutet werden.
Das verlagert den Leidensdruck. Wir haben nämlich keinen Bock mehr auf Leiden durch solche miesen Spielchen.
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