Hier der Volltext aus der neuen umg:
"Vorbemerkung
Schon kurz nach der Veröffentlichung der Handlungsorientierten Umweltmedizinischen Praxisleitlinie auf der Homepage des dbu
Anfang November 2011 wurde ich teilweise direkt, teilweise indirekt durch Hinweise von Selbsthilfegruppen mit heftiger Kritik an der
Leitlinie konfrontiert. Hauptangriffspunkt war dabei die darin enthaltenen Ausführungen zur Beteiligung somatopsychischer bzw. psychosomatischer
Störungen an der Entstehung umweltassoziierter Krankheitsbildern. Dabei hat diese Kritik v.a. in Internetforen Formen
angenommen, die einerseits den Boden guter Umgangsformen verlassen haben - man schreckte auch vor massiver Bedrohung der
SHG’s nicht zurück, die diese Leitlinien akzeptieren - und andererseits mangelnde Kompetenz erkennen lassen. Aus diesem Grunde
habe ich mich im Einvernehmen mit dem Vorstand des dbu veranlasst gefühlt, das folgende Statement abzugeben.
Dr. med. Hans-Peter Donate, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender
Statement zur Praxisleitlinie
Umweltmedizinische Leistungen sind in den Gebührenverzeichnissen
EBM und GOÄ nicht gesondert ausgewiesen, da die nach
Ansicht der Bundesärztekammer die nicht klinisch tätigen Fach舐zte
f・ Hygiene und Umweltmedizin die Umweltmedizin
repräsentieren. Diese stehen nach Einschätzung der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV) nicht für die Diagnostik
und
Behandlung
von Patienten zur Verfügung, sondern sind lediglich
beratend für Institutionen des öffentlichen Gesundheitswesens
tätig. Zu Lasten der GKV können deshalb Leistungen bei umweltassoziierten
Erkrankungen nur aus allgemeinmedizinischen,
differentialdiagnostischen
Erwägungen erbracht werden.
Aus wissenschaftlichen Gründen muss eine Leitlinie der
klinischen
Umweltmedizin alle differentialdiagnostischen
Möglichkeiten der Entstehung und/oder der Beeinflussung
umweltassoziierter Erkrankungen
erfassen, also auch somatopsychische
bzw. psycho-somatische Vorbelastungen. Diesem
Grundsatz ist die vorliegende
Leitlinie des dbu gefolgt. Ihn zu
ignorieren würde den Tatbestand
des Kunstfehlers erfüllen. Es
spricht nicht dagegen, dass beispielsweise die MCS Studie I des
RKI gezeigt hat, dass psychische Erkrankungen bei den umweltmedizinisch
Erkrankten nicht häufiger als in der durchschnittlichen
Bevölkerung vorkommen. Sie sind allerdings auch nicht
nachgewiesenermaßen seltener.
Weder die These, dass alle umweltbezogenen Krankheiten psychisch
bedingt seien (wie von vielen Psychiatern behauptet), noch
die These, dass alle psychischen Erkrankungen somatischen
Ursprungs
seien (wie von manchen Betroffenen vorgetragen),
sind wissenschaftlich belegt. Auch wenn es einigen Anhängern
des CSN-Forums nicht gefallen wird, gibt es auch erworbene
Krankheiten
mit einem rein psychischen Hintergrund. Hier
ist besonders das Posttraumatische Stresssyndrom zu nennen:
Zeugen von Gewaltverbrechen; unverletzte Überlebende von
Kriegshandlungen,
Terroranschlägen oder Naturkatastrophen;
Lokführer nach dem Überfahren eines Selbstmörders; u.v.m.
In zweiter Linie steht beispielsweise die reaktive depressive
Verstimmung von Waisenkindern, Scheidungskindern, Erwachsenen
während oder nach der Scheidung sowie Menschen in der
Trauerarbeit beim Verlust eines Angehörigen u.ä.m.
Alle dadurch bedingten psychischen Probleme entstehen primär
ohne chemische, physikalische oder biologische Einflüsse. Treten
diese zusätzlich hinzu, so beeinflussen auch sie, ebenso wie
chemische, physikalische und biologische Faktoren, mehr oder
weniger intensiv das interaktive Netzwerk des Neuro-endokrinoimmunsystems
(NEIS) und müssen im Sinne eines ganzheitlichen
Krankheitsverständnisses berücksichtigt werden. Nur so kann die
individuelle Suszeptibilität bzw. Vulnerabilität in die objektive
Diagnosestellung mit einbezogen werden.
Umweltmedizin des dbu sowohl in der Form wie auch
inhaltlich unverständlich
Vor diesem Hintergrund ist die zwischenzeitlich in verschiedenen
Foren, allen voran im CNS-Forum, ausgetragene Diskussion der
Leitlinie Umweltmedizin des dbu sowohl in der Form wie auch
inhaltlich unverständlich.
Die Position des dbu wurde, in vielen Diskussionen erarbeitet
und gefestigt und in der vorliegenden „Handlungsorientierten
Umweltmedizinischen Praxisleitlinie“ zusammengefasst. Die
unsachliche
Kritik zeigt, dass diese Leitlinie entweder nicht vollständig
gelesen oder nicht richtig verstanden wurde.
Die Art der Diskussion ist in ihrer apodiktischen Weise kontraproduktiv
und schädigt die Interessen der Umwelterkrankten. Statt
die Kräfte der in der Umweltmedizin engagierten Organisationen
zu bündeln wird die unnötige Diskussion nur die Verfechter
der „Psychothese“ stärken. Der Vorstand des dbu weist darüber
hinaus darauf hin, dass auch die in Internetforen geäußerte
Beleidigungen, Verleumdungen und Drohungen strafbare
Handlungen darstellen. Der Betreiber eines solchen Forums kann
u.U. von den Strafverfolgungsbehörden gezwungen werden, die
Identität der Diskutanten offen zu legen."
http://www.umg-verlag.de/umwelt-medizin-gesellschaft/112_dbu.pdf