Vorläufige Stellungnahme des Arbeitskreises Umweltmedizin im Berufsverband Deutscher Internisten zur MCS
21.11.2000 / Prof. Dr. med. H. Schweisfurth
In den USA wird die Überempfindlichkeit durch Chemikalien schon seit Jahrzehnten leidenschaftlich diskutiert. 1954 hatte Randolph den Begriff MCS geprägt. Das MCS-Syndrom gilt in den USA als 20th Century Illness. Ins Deutsche kann MCS als "chemische Mehrfachempfindlichkeit" übersetzt werden.
Der Arbeitskreis "Umweltmedizin" im Berufsverband Deutscher Internisten wurde in letzter Zeit immer häufiger von Ärzten und Patienten zur Definition des MCS-Syndroms befragt.
Nach Auswertung der wissenschaftlichen Literatur und unter Berücksichtigung der langjährigen klinischen Erfahrungen empfiehlt der Arbeitskreis folgende Kriterien, in Anlehnung an Cullen, als mögliche Arbeitshypothese für das Vorliegen eines MCS-Syndroms:
1. Erworben durch nachweisbare Exposition
2. Symptome nach Exposition von geringen Konzentrationen auch anderer Chemikalien
3. Manifestation an mehreren Organen
4. Reproduzierbarkeit der Symptome unter Exposition
5. Verbesserung bei Expositionsvermeidung
Charakteristische organische oder laborchemische Veränderungen sind bisher nicht bekannt. Möglicherweise können mit nuklearmedizinischen Verfahren (z. B. SPECT) abnormale Aktivitätsmuster im Gehirn nachgewiesen werden, wie in Einzelfällen beobachtet wurde. Valide klinische Vergleichsstudien dazu liegen aber noch nicht vor.
Um die Ätiologie und Pathobiochemie der MCS aufzuklären, wären umfangreiche interdisziplinär ausgerichtete Forschungsprogramme notwendig. Solange keine epidemiologische Daten und charakteristische Veränderungen nachweisbar sind, wird das MCS-Syndrom als Entität immer wieder Anlaß zu kontroversen Diskussionen geben.
Korrespondenzadresse:
Prof. Dr. med. H. Schweisfurth, Arbeitskreis "Umweltmedizin" im Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) e.V.
Carl-Thiem-Klinik / 3. Med. Klinik
D-03048 Cottbus
Literatur:
Cullen M. R.: The worker with multiple chemical sensitivities: an overiew. In Cullen, M.: Workers with multiple chemical sensitivities. Occup. Med. 2, 655–662, 1987.
Randolph T. G.: Allergic-type reactions to industrial solvents and liquid fuels; mosquito abatement fogs and mists; motor exhausts; indoor utility gas and oil fumes; chemical additives of foods and drugs; and synthetic drugs and cosmetics. J. Lab. Clin. Med. 44, 910–922, 1954.