Medienarbeit als Kampf gegen Diskriminierung
Christian Schifferle engagiert sich für MCS-Betroffene
Christian Schifferle aus Egg betreibt intensiv Medienarbeit. Er will Menschen helfen, die wie er an der Chemikalienallergie MCS leiden. Nun schafft er den Sprung ins ZDF.
Interview Bettina Sticher
Herr Schifferle, von Ihnen und Ihren Anliegen konnte man in letzter Zeit häufig in der Zeitung lesen. Sie geniessen inzwischen einen gewissen Bekanntheitsgrad. Betreiben sie gezielt Medienarbeit?
Medienarbeit ist der einzige Weg, um dem Thema MCS (Multiple-Chemical-Sensivity) Anerkennung zu verschaffen. Ich kämpfe gegen die Diskriminierung gewisser Krankheiten. Wer wie ich an einer Krankheit leidet, die durch die Schulmedizin nicht eindeutig diagnostizierbar ist, landet schnell in der «Psychoschublade». Ich selber war bereits als Kind krank und wurde wie andere auch jahrelang als «Simulant» hingestellt. Zum Teil ist das heute noch so. Viele Betroffene getrauen sich unter diesen Umständen fast nicht mehr, sich zu outen.
Am nächsten Dienstag haben Sie um 22.15 Uhr haben Sie zusammen mit anderen Betroffenen im Zweiten Deutschen Fernsehen ZDF in der Doku-Reihe «37 Grad» unter dem Titel «Wenn Düfte krank machen» einen grossen öffentlichen Auftritt. Wie haben Sie das geschafft?
Eine Schweizer Journalistin, die schon seit Jahren für das deutsche Fernsehen arbeitet, hat das Thema auf Grund eines in der Schweiz erschienenen Zeitungsartikels über mich und meine Krankheit vorgeschlagen. Sie nahm den Bericht zum Anstoss, über die Krankheit MCS eine Doku-Sendung zu produzieren. Diese Sendung wird nun ausgestrahlt. In Deutschland ist man mit dem Thema MCS bereits viel weiter als bei uns.
Was sehen Sie als Gründe dafür?
In der Schweiz stehen die Gesundheitssendungen unter dem Druck der Chemieindustrie, davon bin ich überzeugt.
Was erhoffen Sie sich von Ihrem Auftritt im Fernsehen?
Die Sendung wird die Krankheit einer breiten Öffentlichkeit verständlicher machen und damit den Betroffenen helfen. Ich bin in der Schweiz sozusagen das Sprachrohr für die an MCS Leidenden, die zum Teil tagtäglich ums Überleben kämpfen und doch häufig nicht ernst genommen werden. Das ist, als ob man zwei Krankheiten gleichzeitig hätte. Es gibt zum Thema auch Selbsthilfegruppen und einen Verein. (Informationen findet man unter
http://www.mcs-liga.ch.) Die Dokusendung hat mir übrigens bereits weitere Medienanfragen beschert. Zur Zeit muss ich daher meine Kräfte etwas schonen. Denn die Medienarbeit ist auch anstrengend, und nicht alle verstehen mein Engagement.
Seit wann betreiben Sie Öffentlichkeitsarbeit in dieser Sache?
Intensiv mache ich seit rund zehn Jahren Öffentlichkeitsarbeit. Doch bereits vor 20 Jahren war einmal ein Zeitungsartikel über mich erschienen. Doch damals war das Echo darauf gering, und ich hatte wieder für ein paar Jahre resigniert. Seit 15 Jahren vernetzten sich nun die MCS-Betroffenen in den verschiedenen Ländern. Eines unserer Ziele ist der gesunde Wohnungsbau und entsprechende Wohnmöglichkeiten auch für weniger Betuchte. Mir beispielsweise macht es keinen Spass, im Wohnwagen in Egg zu wohnen.
Am Donnerstag wurden Sie in Uster zum Präsidenten einer neugegründeten Baugenossenschaft gewählt, die sich für gesundes Wohnen zugunsten von MCS-Betroffenen einsetzen will (siehe Kasten oben).
Die Genossenschaft will geeigneten Wohnraum schaffen für Leute, die unter MCS leiden. Auch ich selbst würde gerne wieder in einer Wohnung leben. In einer gesunden Umgebung ist das Leben mit der Krankheit viel einfacher.
Sie haben Ihr Büro in der Stadt Zürich. Warum ziehen Sie nicht einfach in eine weniger belastete Umgebung, hinaus in die Natur?
Ich habe acht Jahre lang in den Bergen gelebt, war acht Jahre sozusagen im «Exil» auf der Lenzerheide. Doch dort war ich allein. Meine Freunde leben in Zürich, ich liebe die Stadt. Zudem habe ich gemerkt, dass ich nur in der Stadt mit der Öffentlichkeitsarbeit wirklich vorwärtskomme. Wohnen tue ich ja ausserhalb der Stadt. Aber auch auf dem Land gibt es Probleme wegen der Krankheit. Die Agrochemie beispielsweise, die in der Landwirtschaft eingesetzt wird, bereitet mir auch manchmal Schwierigkeiten.
http://www.zo-online.ch/article3058/Ressorts/Fokus-Region/Kampf-gegen-Diskriminierung.htm - Editiert von Alex am 09.02.2008, 15:55 -