Anerkenntnis Folgen Chemikalienexposition, MCS

Anerkenntnis Folgen Chemikalienexposition, MCS

Beitragvon Janik » Samstag 28. März 2009, 21:58

RA Herrmann aus Stuttgart schreibt:

Sind Chemikalienkrankheiten justiziabel?

Es ist zu beobachten, dass Prozessverfahren zunehmend mit Vergleichen bzw. Anerkenntnissen beendet werden. Ein großer Vorteil für die Beklagtenseite liegt hierbei darin, dass negative Publicity vermieden wird, und zusätzlich keine Urteilsgründe in die Welt gelangen, aus denen präjudizielle Wirkung für ähnlich gelagerte Sachverhalte oder gar Präzedenzfälle erwachsen.
Gerichte sind in jeder Lage des Verfahrens dazu verpflichtet, eine Einigung zwischen den Parteien zu fördern und Verfahren deshalb ohne Urteil und Gründe zu erledigen. Auch Rechtsanwälte sind dazu verpflichtet, eine Einigung, die im Mandanteninteresse liegt, zu fördern und dadurch dem Rechtsfrieden zu dienen. Die Folge ist jedoch, dass Anspruchsteller ähnlicher Sachverhalte keine Information über die Gründe erhalten, die die Versicherungsseite zum Anerkenntnis oder zu einem Vergleichsvorschlag im konkreten Fall bewogen haben. Diese bleiben somit meist Geheimnis der Parteien. Der Rechtsfortbildung ist diese Praxis nicht förderlich. Deshalb weise ich im Anschluss an die nachstehenden Entscheidungshinwweise auch kurz auf solche Anerkenntnissachverhalte hin.



2009: Kein Urteil, Anerkenntnis:
DRV Anerkenntnis eines Anspruches wegen voller Erwerbsminderung nach 6 Jahren - 5 Jahre rückwirkend (chem.-techn. Assistentin). Im Prozess wurden vom Sozialgericht nach Vorliegen eines anerkennden Gutachtens von Amts wegen Gutachter beauftragt, die unisono eine arbeitstägliche "Schonbelastungsfähigkeit" von noch über sechs Stunden auf Basis einer "Neurasthenie" bescheinigten. Die These vom Neurasthenie-Syndrom ( 1882) konnte durch Vortrag und Hinweise auf konkrete Chemikalienexpositionsfolgen erschüttert werden (SG Mannheim, 2.Kammer)
Vertretung : RA Hans-Peter Herrmann, Stuttgart

2008: Kein Urteil, Anerkenntnis:
DRV erkennt 10 Jahre nach Antragstellung Vollrente bei MCS (Intensiv-Krankenschwester) rückwirkend für 5 Jahre wegen voller Erwerbsminderung an
(LSG Rheinland-Pfalz, 20.10.08).
Vertretung : RA Hans-Peter Herrmann, Stuttgart


http://www.service.herrmann-huebler.de/21
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Beitragvon schlumpf » Samstag 28. März 2009, 22:20

Ich möchte nicht wissen wie hoch die Prozeßkosten bei diesen Fällen waren. Die wahrscheinlich die Allgemeinheit tragen muß.
schlumpf
 

Anerkenntnis Folgen Chemikalienexposition, MCS

Beitragvon Ma Baker » Samstag 28. März 2009, 23:21

Wie kommst Du denn darauf, dass sie hoch sein müssen Schlumpf?

Mich freut es, dass Chemikaliengeschädigte entschädigt werden.
Mir ist es egal, ob per Beschluß oder im Stillen.
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Anerkenntnis Folgen Chemikalienexposition, MCS

Beitragvon Clarissa » Sonntag 29. März 2009, 09:32

Danke, gut zu wissen, dass da gerne gemogelt wird, da ich selber ja in der 2. Instanz bin gegen die gkv werde ich ein Anerkenntnis nicht annehmen sondern auf ein Urteil pochen. sollte ich doch nur ein Anerkenntnis bekommen dann nur unter der Voraussetzung das ich alle Fakten veröffentlichen darf, ansonsten wäre ich nicht bereit dazu und würde in die nächste Instanz weiter ziehen.
das sind doch alles Verbrecher, sie wissen genau das sie in der Pflicht wären aber sie tricksen was nur irgendwie geht.
Und allen Leugnern zum Trotz, im DIMDI
ICD-10-GM Version 2018 - Stand Oktober 2017 ist MCS immer noch im Thesaurus unter
T 78.4 zu finden und wirklich nur dort und an keiner anderen Stelle!
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Anerkenntnis Folgen Chemikalienexposition, MCS

Beitragvon schlumpf » Sonntag 29. März 2009, 10:41

@ Ma Baker

Richter, Rechtsanwälte, Gutachter kosten alle Geld. Bei einem 10 Jahre andauernden Prozeß dürfte einiges zusammenkommen. Würden die Gutachter von Anfang an bessere Gutachten machen könnte viel Geld gespart werden. Nur weil eine existierende Krankheit ignoriert werden soll, wird Geld ohne Ende verbrannt.
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Anerkenntnis Folgen Chemikalienexposition, MCS

Beitragvon Ma Baker » Sonntag 29. März 2009, 11:12

Na ja Schlumpf, was kostet heute Nichts? Realistisch betrachtet.

Die meisten Chemikaliengeschädigten haben nur Auslagen und gewinnen ihren Prozess nicht.
Das bedeutet dann der totale Ruin.

Wenn ein Vergleich geschlossen wird und der Chemikaliengeschädigte bekommt vom Verursacher oder seiner Versicherung
eine Entschädigung, dann kann er damit möglicherweise etwas besser leben. Was ist daran negativ?

Ein Knackpunkt, an dem viele Chemikaliengeschädigte scheitern: fast kein Arzt und auch fast
kein Umweltmediziner hat das Rückgrat, einen aussagekräftigen ehrlichen Befund zu schreiben. Da wird herumgedruckst,
da werden die merkwürdigsten Begriffe für die Krankheit geschrieben, obwohl der ICD-10 verbindlich ist, usw.
Wie soll da ein Anwalt einen Prozess zum positiven Ausgang bringen?
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Beitragvon schlumpf » Sonntag 29. März 2009, 12:11

Ma Baker schrieb:
Wenn ein Vergleich geschlossen wird und der Chemikaliengeschädigte bekommt vom Verursacher oder seiner Versicherung eine Entschädigung, dann kann er damit möglicherweise etwas besser leben. Was ist daran negativ?

Eigentlich nichts! Nur hätte man sich das ganze Theater mit Prozessen durh meherere Instanzen sparen können, wenn die Gutachter nicht immer versuchen würden MCS unter den Tisch zu kehren und die Krankheit gleich ordentlich diagnostizieren würden. Es wird sich in der Zukunft zeigen wie lange dieses Spiel funktioniert. Irgendwann werden die Prozeßkosten für den Staat so hoch das vernünftige Regeln zur Anerkennung eingeführt werden müssen.
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Beitragvon Ma Baker » Sonntag 29. März 2009, 12:42

Nicht jeder Prozess geht über mehrere Instanzen und nicht bei jedem Prozess wird ein Gutachterspektakel
hochgefahren. Das A und O ist eine saubere Beweislage, ein Anwalt, der sein Handwerk und chemikalienbedingte Krankheiten versteht.

Ganz ohne Anwalt ist es im Prinzip nicht zu schaffen den Kampf gegen ein Unternehmen oder eine Versicherung zu gewinnen.
Mit einem Anwalt ohne Sachkenntnis und ohne richtigen Biß auch nicht. Da schont man besser seine Nerven und den Geldbeutel.
Such is Life.
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