Kritik an Provokationsstudien bei MCS Patienten

Kritik an Provokationsstudien bei MCS Patienten

Beitragvon Lucca » Freitag 28. November 2008, 11:05

Is multiple chemical sensitivity a learned response? A critical evaluation of provocation studies

Authors: Ellen Goudsmit; Sandra Howes

Published in: Journal of Nutritional & Environmental Medicine, Volume 17, Issue 3 2008 , pages 195 - 211

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Abstract
Background. A systematic review of provocation studies concluded that while persons with multiple chemical sensitivities (MCS) react to chemical challenges, these responses occur more often when they can discern differences between active and sham substances. The authors of the review interpreted these findings as evidence that the symptoms may not be specific to the chemical but related to expectations and prior beliefs. Given the complexity of the subject matter, the studies were re-examined using additional criteria.

Results: Our analysis revealed a number of methodological weaknesses which do not appear to have been given due consideration by the authors when interpreting the findings.

Conclusions. In light of these shortcomings, we believe that their conclusions may have over-stated the role of psychological factors in the aetiology of MCS.

http://www.informaworld.com/smpp/content~content=a903527516~db=all~order=page
Lucca
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Kritik an Provokationsstudien bei MCS Patienten

Beitragvon salömchen » Freitag 28. November 2008, 11:09

Hallo Lucca
Ich kann englich sprechen,aber nicht lesen,gibt es den artikel auch auf der deutschen sprache übersetzt.
Lieben gruß und einen schönen tag wünsche ich s
salömchen
 

Kritik an Provokationsstudien bei MCS Patienten

Beitragvon Annamaria » Samstag 29. November 2008, 13:36

Hallo Lucca, danke für den Artikel. Er stammt vermutlich aus UK.

Autoren: Ellen Goudsmit; Sandra Howes
Veröffentlicht in: Journal of Nutritional & Environmental Medicine, Volume 17, Issue 3 2008 , pages 195 - 211
http://www.informaworld.com/smpp/content~content=a903527516~db=all~order=page


Hier kommt nun die freie Übersetzung / Zusammenfassung:

Ist MCS eine erlernte Reaktion? Provokationsstudien kritisch betrachtet.

Hintergrund:
In einem (anderen) Übersichtsartikel über Provokationsstudien war geäußert worden: Menschen mit MCS reagieren zwar auf chemische Substanzen, diese Reaktion trete aber öfter auf, wenn unterschieden werden kann, ob es sich um eine aktive chemische Substanz oder um eine Kontrollsubstanz handelt. Dies hatten die Autoren des Übersichtsartikels dann als Hinweis darauf gedeutet, dass nicht die Chemikalien selbst, sondern Erwartungen und frühere Vorstellungen die Reaktion auslösen würden.

Die Autorinnen Ellen Goudsmit und Sandra Howes gingen nun die einzelnen Provokationsstudien kritisch durch und wandten dabei zusätzliche Kriterien an.

Ergebnis: Sie deckten dabei eine Menge methodischer Schwachstellen in den einzelnen Provokationsstudien auf. Diese Schwachstellen hatten die Autoren des Übersichtsartikels wohl nicht berücksichtigt, als sie ihre Schlussfolgerungen zogen.

Zusammenfassung: Ellen Goudsmit und Sandra Howes meinen, die Autoren des Übersichtsartikels hätten die Rolle psychologischer Faktoren bei der Entstehung von MCS überbetont.

Viele Grüße
Annamaria
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Kritik an Provokationsstudien bei MCS Patienten

Beitragvon Annamaria » Samstag 29. November 2008, 17:21

Eine oft gebrachte "Psycho-Unlogik" (auch in der RKI-Studie) läuft doch so:
1. Feststellung: MCS-Patienten reagieren auf Duftstoffe.
2. Feststellung, allgemein gültig: Duftstoffe haben es an sich, dass man sie riechen kann.

Jetzt kommt die "Psycho-Unlogik":
Und weil man Duftstoffe riechen kann, deshalb ist dieses Riechenkönnen der Grund für die Reaktionen bei MCS.

Entschuldigung, das ist absolut kein zwingend logischer Rückschluss.
Dass Duftstoffe gerochen werden können, ist ja nur ein einziges Merkmal der Duftstoffe.
Es gibt jede Menge anderer Merkmale von Duftstoffen (sensibilisierende, toxikologische, reizende...) und diese kommen selbstverständlich genau so in Frage als Ursache für MCS-Reaktionen.

Dass es nicht auf das Riechenkönnen ankommt für körperliche Reaktionen, zeigten u.a. Arbeiten von Millqvist.
(Siehe dazu auch CSN-Blog, Stichwort Duftstoffe: http://www.csn-deutschland.de/blog/?s=duftstoffe)

Auch reagieren MCS-Erkrankte auf viel mehr Stoffe als nur auf die, die man riecht.

Übrigens: In der RKI-Studie reagierten die MCS-Erkrankten vermehrt auf ...?
Auf ein Gemisch aus Rosenduft und Alkohol.
Also genau auf das, worauf MCS-Kranke reagieren: Duftstoffgemische in alkoholischer Lösung.
Noch Fragen? (Dann suche im Blog nach Millqvist: http://www.csn-deutschland.de/blog/?s=millqvist)


Wen die RKI-Studie zu diesem Thema genauer interessiert*:

Die MCS-Erkrankten reagierten, im Unterschied zu diesbezüglich gesunden Patienten, sowohl im Provokations-Riech-Test als auch im Test für die Trigeminale Reizung (!) auf das angenehm riechende (!) Gemisch aus Phenylethylalkohol mit Rosenduft.

Bei Einatmen der stinkigen Chemikalie (!) Schwefelwasserstoff traten keine Unterschiede zwischen MCS-Kranken und Gesunden auf.

Der chemisch riechende (!) Alkohol 2-Propanol ohne weiteren Zusatz verbesserte die Nasenatmung bei den Erkrankten, sowohl subjektiv als auch objektiv betrachtet.

Und aus diesen Ergebnissen sollte dann tatsächlich jemand schließen: Da MCS-Kranke keine Chemikalien mögen, die sie riechen, deshalb reagieren sie?

Noch falscher ginge es wohl nicht.

Annamaria



* Kurzfassung auf S. 25 oben, in http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/2231.pdf
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Kritik an Provokationsstudien bei MCS Patienten

Beitragvon Maria Magdalena » Samstag 29. November 2008, 19:20

Viele schädliche Chemikalien riechen nicht. Ich merke aber an meinen Reaktionen, dass da etwas in der Luft ist. Meine Ledersessel haben nicht gerochen, doch meine Augen wurden innerhalb weniger Minuten so extrem rot, dass ich erstaunt war, wie schnell das ging, und sobald ich mich von den Sesseln entfernte, verschwand die Rötung, wie weggepustet. Damals wusste ich noch nicht, dass es MCS oder überhaupt irgendwelche chemikalien-induzierte Reaktionen gibt. Ich hatte auch noch nicht einmal die Vermutung, dass Leder so chemisch behandelt sein kann, dass man darauf reagiert. Zu den stark geröteten, brennenden, tränenden Augen kam leichte Atemnot hinzu, außerdem quälender Schnupfen mit stark klebrigem, gräulich-schwarz gefärbtem Sekret. Ich musste in diesen Sesseln immer viel schlafen, obwohl ich ausgeschlafen war. Ich fühlte mich wie leicht betäubt. Außerdem bekam ich Schwindel und wunderte mich, woher das kam. Ich vermutete, dass ich vielleicht zu niedrigen Blutdruck hätte. Irgendwann erzählte ich das meiner Mutter und sie meinte zu mir, ich soll die Sessel sofort rausschmeißen, was ich auch tat. Dann waren die Symptome weg. Meine Mutter ist kein ökologisch bewusst lebender Mensch. Sie benutzt Parfüm, herkömmliche Kosmetik und isst auch keine Bioprodukte. Also ihr Rat damals war eine spontane logische Reaktion auf die von mir geschilderte Situation und sie hatte recht, wie sich herausstellte. Inzwischen weiß ich, warum ich damals so empfindlich auf diese SYessel reagiert habe. Und meine Mutter benutzt kein Parfüm mehr, seitdem wir wissen, dass ich es nicht vertrage. Sie hat, ohne zu überlegen, sofort darauf verzichtet, um mich nicht zu belasten.
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Beitragvon Arnfried » Montag 1. Dezember 2008, 15:12

Eine entscheidende Eigenschaft von Duftstoffen ist, dass sie IMMER eine neurologische Wirkung haben. Nur, wenn ein Geruch in den Riechnerven eine Reaktion auslöst, kann er auch gerochen werden. Da braucht es eigentlich nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass bei diesem Prozess auch etwas schiefgehen kann.
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Kritik an Provokationsstudien bei MCS Patienten

Beitragvon Amazone » Montag 1. Dezember 2008, 18:02

Außerdem blockieren synthetische Moschusduftstoffe das MDR- und MXR-Protein! Das MDR weist bei mir sowieso schon eine niedrige Enzymaktivität auf.

Aktualität

Hinsichtlich ihrer Wirkungen auf die Umwelt sind die gebräuchlichsten Nitro-Moschusverbindungen als „umweltgefährlich“, als „sehr giftig gegenüber Wasserorganismen“ und als „kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben“ eingestuft, sie werden aber von der europäischen Industrie kaum noch und von der deutschen seit 1993 gar nicht mehr eingesetzt. Die polyzyklischen Verbindungen sind bezüglich ihres Umweltgefährdungspotentials noch nicht klassifiziert, ihre Toxizität gegenüber Wasserorganismen sowie ihre Persistenz und ihr Bioakkumulationsvermögen sind jedoch nicht wesentlich geringer als das der Nitro-Moschusverbindungen.

http://www.umweltbundesamt.de/umweltproben/aktuelles/kurzfassung-moschus.htm

Erst 2005 konnte nachgewiesen werden, dass Moschus-Duftstoffe hemmend auf eine bestimmte Klasse von Proteinen wirkt, die eine wichtige Funktion beim Abtransport von Schadstoffen aus Zellen spielen [1]. Sowohl Nitro- als auch die polyzyklischen Moschusverbindungen blockieren diese sogenannten MDR- und MXR-Transporter (MDR: multi drug resistance, MXR: multixenobiotic resistance). Der Effekt von synthetischen Moschusverbindungen auf diese Eiweißmoleküle ist langanhaltend und kann die Wirkung von anderen Schadstoffen verstärken, da dem Organismus die Fähigkeit zur Abwehr schädigender Substanzen genommen wird.
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