MCS oder Umweltphobie

MCS oder Umweltphobie

Beitragvon Kai Uwe » Samstag 1. Oktober 2005, 22:47

Riskikofaktoren für die Entstehung Multipler Chemischer Sensitivität
Beteiligte Wissenschaftler Dipl.-Psych. Daniel Nischk; Betreuer: Prof. Dr. Fred Rist
Forschungsprojekt der Christoph-Dornier-Stiftung


Fragestellung
Mit multipler chemischer Sensitivität (MCS) bezeichnet man einen Beschwerdekomplex, bei dem mannigfache körperliche Symptome auf die Wirkung von sehr niedrigen, allgemein als unbedenklich geltenden Konzentrationen verschiedener Umweltchemikalien (wie Lösungsmittel, Farben und Lacke, Nikotin oder Asbest) zurückgeführt werden. Bislang konnten keine ausreichenden toxikologischen, allergologischen oder physiologischen Ursachen dieser Sensitivität identifiziert werden. Es existieren jedoch Hinweise, daß bestimmte psychologische Mechanismen, wie sie auch zur Erklärung somatoformer Beschwerden herangezogen werden (insb. Prozesse der selektiven Wahrnehmung, Gefährdungskognitionen oder Attributionstendenzen) einen Beitrag zur Erklärung dieses Phänomens leisten können.

Methode
In der ersten Untersuchung füllten 480 Erstsemester einen Fragebogen zur Erfassung verschiedener psychologischer Konstrukte aus. Anhand von Items zur Messung von Unverträglichkeitserscheinungen in Bezug auf olfaktorische Reize wurde eine Riskogruppe für die Entwicklung von MCS von 59 Studenten ausgewählt und einer Kontrollgruppe gegenübergestellt. Es zeigten sich signifikante Unterschiede hinsichtlich Trait-Anxiety, Gefährdungseinschätzungen, Suggestibilität, Beschwerdeangaben und Coping-Verhalten.

In einer zweiten Untersuchung wurde mit 27 Personen der Risikogruppe und 28 Kontrollpersonen ein Experiment zur Erfassung selektiver Aufmerksamkeitsprozesse durchgeführt. In einem computergestützten emotional-stroop Experiment wurden die Farbbenennzeiten von umweltbedrohlichen Wörtern (Atomkraftwerk, Asbest, Lösungsmittel) und körperlich bedrohlichen Wörtern (Übelkeit, Schwindel, Schmerz) mit entsprechenden Kontrollwörtern verglichen.

Ergebnisse
Entgegen unseren Erwartungen ergab sich kein Hinweis auf selektive Aufmerksamkeitsprozesse auf körperlich bedrohliche Wörter. Erwartungsgemäß zeigte sich ein signifikanter Aufmerksamkeitsbias bei umweltbedrohlichen Wörtern bei der Risikogruppe, jedoch nicht bei der Kontrollgruppe. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung psychischer Mechanismen bei der Genese umweltbezogener Beschwerden.
Kai Uwe
 

MCS oder Umweltphobie

Beitragvon Kai Uwe » Samstag 1. Oktober 2005, 22:52

Nachtrag:

Zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung im Bereich der Psychologie wurde im Jahr 1990 von der Christoph-Dornier-Stiftung die Initiative ergriffen, einen "Deutschen Psychologie-Preis" zu etablieren, der gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) vergeben wird. Neben der Anerkennung und der Förderung wissenschaftlicher und beruflicher Leistungen soll dieser - mit jährlich 5.000 EUR dotierte - Preis dazu dienen, das Fach Psychologie in der Öffentlichkeit darzustellen.

Preisträger 1995: Prof. Dr. Niels Birbaumer Tübingen
Kai Uwe
 

MCS oder Umweltphobie

Beitragvon Xenia » Montag 3. Oktober 2005, 10:18

Das kann kein Beweis für die psychische Ursache von MCS
Patienten durch Umweltprobleme sein. Jeder, der durch etwas zu
Schaden gekommen ist, ist sensibler für eine Thematik.
Das liegt in der Natur der Sache, ein Beweis für irgendetwas
ist es dadurch noch lange nicht.

Xenia
Xenia
 

MCS oder Umweltphobie

Beitragvon Anne » Montag 3. Oktober 2005, 11:57

Stimmt Xenia,jeder, der sich einmal am heißen Bügeleisen verbrannt hat, wird sicher nicht wieder ein zweites Mal auf diese heiße Bügeleisensohle fassen, die ihm Schmerzen bereitet hat. Und er wird auch andere davor warnen, die den gleichen Fehler begehen wollen.
Und genau das soll uns als Krankheit bzw. Phobie zugerechnet werden? Eine Sache, die mehr als selbstverständlich und nachvollziehbar ist?

Was würde man denn von jemanden sagen, der trotz seiner schmerzhaften Erfahrung immer wieder die heiße Bügeleisensohle anfasst und auch seinen Kindern nicht verbietet solches zu tun?

Wer ist eigentlich der Kranke? Der erste oder der letztere?

Und wie muss man einen "Mediziner" einstufen, der das Vermeiden von schmerzhaften Erfahrungen für krank hält? Ist der nicht selbst krank?

Anne
Anne
 

MCS oder Umweltphobie

Beitragvon Mary Poppins » Montag 3. Oktober 2005, 12:58

Hallo Anne und Xenia,

ich stelle da die Frage, wie sind Mediziner zu sehen, die laut
Gesetzgeber verpflichtet sind, wenn auch nur ein Verdachtsfall
einer Vergiftung besteht, diese zu melden und keiner von
ihnen kommt dieser gesetzlichen Verpflichtung nach.

Liebe Grüße
Mary Poppins
Mary Poppins
 

MCS oder Umweltphobie

Beitragvon Anne » Montag 3. Oktober 2005, 20:04

Das ist eine interessante Frage, Mary. Ich denke, darüber müssten wir vielleicht sogar noch mal etwas ausgiebiger diskutieren.

Ist Verdachtsfall dann kein Verdachtsfall mehr, wenn ich ohne Belege und wider besseren Wissens einfach behaupte, dass es eine schleichende Schädigung durch Chemikalien beim Menschen nicht geben kann?

Ab wann macht sich ein Mediziner strafbar, der einen Patienten, der nachweislich durch gründliche Anamnesen mit giftigen Substanzen über lange Zeit hinweg geschädigt wurde, nicht ernst nimmt und dem [b]Verdacht[/b] eben nicht nachgeht?

Liebe Grüße
Anne
Anne
 


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