Hatten wir schon diesen Link im Forum? Ich kann ihn nicht finden, deshalb stelle ich ihn hier ein:
http://www.gehirnforschung.at /veranstaltungen/2006/20060118_abstract.pdf
Dort kann man von Prof. Dr. Peter Holzer über Vanilloidrezeptor und Co. Folgendes lesen:
\"Viszerale Schmerzforschung: scharf und sauer
Univ.-Prof. Dr. Peter Holzer
Forschungseinheit für Translationale Neurogastroenterologie
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie
Medizinische Universität Graz
Schmerz wird von der International Association for the Study of Pain definiert als \"unangenehmes Sinnes- und
Gefühlserlebnis, das mit akuter oder drohender Gewebeschädigung einhergeht oder mit Begriffen einer
solchen Schädigung beschrieben wird\".
Obwohl der Begriff Schmerz extrem negativ besetzt ist - 80 % der Bevölkerung hat Angst vor schweren
Schmerzen - ist die Schmerzwahrnehmung ein lebensnotwendiger Warn- und Schutzmechanismus. Bei vielen
Krankheiten, wo Schmerz dauerhaft geworden ist, ist diese Warnfunktion allerdings nicht mehr erkennbar, ist
der Schmerz selbst zu einem Teil der Krankheit geworden.
Etwa 320.000 Österreicher/innen leiden an
chronischen Schmerzen, doch nur 120.000 erhalten eine adäquate medizinische Behandlung.
Chronischer Schmerz wird beispielsweise durch Entzündungen hervorgerufen, und in diesem Fall ist bereits gut
bekannt, welche Faktoren die Schmerzbahnen sensibilisieren und auf eine ständige Schmerzsignalisierung
einstellen. Bei chronischen viszeralen Schmerzen (zum Beispiel beim Reizmagen- und Reizdarmsyndrom) sind
die Ursachen erst ansatzweise bekannt, und dementsprechend ist eine befriedigende Behandlung noch gar
nicht möglich.
Im Vortrag sollen zunächst die eigentlichen Schmerzdetektoren in ihren wesentlichen Eigenschaften vorgestellt
werden. Dabei handelt es sich um primäre afferente Neurone, die molekulare Sensoren für Schmerzreize (z.B.
Hitze, mechanische Verletzung, Säure, scharfe Gewürze) besitzen.
In der genetischen und molekularen Aufklärung solcher Schmerzsensoren (Nozizeptoren) wurden in den vergangenen 10 Jahren enorme
Fortschritte erzielt. Außerdem verstehen wir mittlerweile sehr gut, wie die Empfindlichkeit und Arbeitsweise
der Nozizeptoren im gesunden und entzündeten Gewebe reguliert wird.
In weiterer Folge wird in besonderer Weise auf zwei Sensoren für chemischen Schmerz eingegangen, die auch
für viszerale Schmerzzustände von besonderer Bedeutung sind. Acid Sensing Ion Channels (ASICs) sind
Säuredetektoren, die auf eine Ansäuerung des Gewebes bei Minderdurchblutung (Ischämie) oder bei
Entzündung ansprechen. Dementsprechend tragen ASICs zu den kardialen Symptomen von Angina pectoris
und, wie eigene Untersuchungen zeigen, zu säurebedingten Magenschmerzen bei. Die mit einer Gastritis
einhergehende Überempfindlichkeit auf Säure wird speziell durch ASIC3 vermittelt.
Ein anderer wichtiger Schmerzdetektor ist der \"Vanilloidrezeptor\" TRPV1, der ebenfalls auf Säure, aber auch
auf Entzündungsmediatoren, Hitze und Capsaicin anspricht. Capsaicin ist der scharfe Stoff im roten Pfeffer
(Paprika) und hat aufgrund seiner exklusiven Wirkung über TRPV1 erst die Aufklärung dieses Nozizeptors
ermöglicht. Mit Capsaicin konnte auch erstmals der Nachweis erbracht werden, dass chemische Nozizeptoren
im menschlichen Verdauungstrakt vorkommen und für die Symptomatik der funktionellen Dyspepsie
mitverantwortlich sind.
Chronische Schmerzen sind durch krankhafte Veränderungen der Nozizeptoren, der schmerzempfindlichen
afferenten Neurone und/oder der komplexen Verarbeitung von Schmerzsignalen im Gehirn bedingt. Ein
wichtiger Forschungsansatz geht dahin, krankhafte Schmerzüberempfindlichkeit an der Wurzel, d.h. auf der
Ebene der Schmerzsensoren, zu beheben.
Dementsprechend wird in großem Maßstab daran gearbeitet, alle
wichtigen Nozizeptoren zu identifizieren, sie in ihrer molekularen Arbeitsweise zu charakterisieren und
maßgeschneiderte Schmerzdetektor-Blocker als neue Klasse von Analgetika zu entwickeln.\"
- Editiert von mirijam am 01.06.2012, 20:38 -