Patienten mit multiplen Chemikalienintoleranzen: Umweltmedizin oder Psychosomatik?
Patients with Multiple Chemical Sensitivities: A Case for Environmental or Psychosomatic Medicine?
A. Bauer1, E. Schwarz1, U. Martens2
1Fachkrankenhaus Nordfriesland, Bredstedt
2Department of Psychology, University of Glasgow, Großbritannien
Z Allg Med 2007; 83: 442-446
Zusammenfassung
Hintergrund/Ziele: Etwa 0,5% der Bevölkerung leiden mit deutlichen gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen unter ausgeprägten Chemikalienintoleranzen („MCS/Multiple Chemical Sensitivity“), aber das Wissen um die Störung ist nur wenig verbreitet. Ziel der Studie war es, ein Kollektiv von Patienten mit MCS genauer zu beschreiben und durch den Vergleich mit anderen Kollektiven eine bessere Einordnung zu ermöglichen.
Methoden: Es wurden Daten von MCS-Patienten (n=113) und von Patienten mit psychoso-matischen Erkrankungen (n=42) der Abteilungen für Psychosomatik und Umweltmedizin eines Fachkrankenhauses erhoben und untereinander sowie mit den Daten von gesunden Personen (n=47) verglichen.
Ergebnisse: Unter den MCS-Patienten waren mehr Frauen, mehr Allergiker und weniger Raucher als in den Vergleichsgruppen, während die Ausbildung der MCS-Patienten der gesunden Vergleichsgruppe (VG) glich. Der Unterschied zwischen der gesunden VG und den MCS-Patienten war in allen gesundheitsrelevanten Variablen signifikant. Im Vergleich mit der psychosomatischen VG litten die MCS-Patienten signifikant häufiger/schwerer unter Schleimhautreizungen und Infektanfälligkeit sowie unter Symptomen im Bereich des zentralen und peripheren Nervensystems. Kein signifikanter Unterschied ergab sich hinsichtlich der neuropsychologischen Symptome, die bei beiden Gruppen häufig waren. Depressivität und Ängstlichkeit war dagegen bei der psychosomatischen VG deutlich ausgeprägter als bei den MCS-Patienten (8,8 vs. 3,6). Von den MCS-Patienten wiesen 59% in diesem Bereich unauffällige Werte auf, 17% hatten mittlere und 24% hohe Werte.
Schlussfolgerung: Im Vergleich mit Gesunden waren MCS-Patienten gesundheitlich stark beeinträchtigt. MCS-Patienten unterschieden sich hinsichtlich ihrer Symptomatik signifikant von einer psychosomatischen Vergleichsgruppe. Neuropsychologische Symptome allein sind dagegen zur Unterscheidung der Gruppen ungeeignet, dies kann zu Fehldiagnosen führen.
http://www.thieme-connect.com/ejournals/abstract/zfa/doi/10.1055/s-2007-991153
- Editiert von Lucca am 26.12.2007, 21:22 -