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Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Sonntag 7. August 2005, 12:57
von Janik
"Ein Fehlglaube, der iatrogen und sozial verstärkt wird"
Ökosyndrom nicht durch Chemikalien ausgelöst
DAVOS (hsr). Patienten mit multiplem Chemikalien-Sensitivitäts-Syndrom (MCS) fallen vor allem durch psychiatrische Diagnosen wie somatoforme, Persönlichkeits- und affektive Störungen auf. In einer Studie konnte kein Zusammenhang zwischen der Exposition mit Chemikalien und den Beschwerden gefunden werden.
Ersatz von Amalgamfüllungen: Nur wenigen Patienten mit Ökosyndrom bringt das Linderung. Den Glauben, daß es ein MCS (Öko-Syndrom) gibt, hält Professor Thomas Zilker von der TU München "für einen Fehlglauben, der iatrogen und sozial verstärkt wird". Dieses Resümee zieht der Toxikologe aus Ergebnissen einer Untersuchung der Umweltambulanz seiner Abteilung.
308 Patienten mit umweltassoziierten Erkrankungen und unspezifischen Symptomen sind bezüglich ihrer Belastung auf Umweltschadstoffe mit 59 Arbeitern aus der Halbleiter-Industrie verglichen worden. Beide Gruppen wurden psychiatrisch anhand von Fragebögen erfaßt, toxikologisch analysiert und auf Schwermetalle und Lösungsmittel geprüft.
Wie Zilker beim Kongreß "Fortschritte der Allergologie, Immunologie und Dermatologie" in Davos berichtete, wurde bei drei Viertel der Patienten, aber nur bei knapp einem Viertel der Arbeiter eine psychiatrische Störung diagnostiziert. Bei den Kranken waren somatoforme oder psychosomatische Störungen mit 47 zu 8,5 Prozent ebenso signifikant häufiger als bei den Arbeitern wie Störungen der Persönlichkeit. Dazu zählen Zwangs- und Borderline-Störungen, mit 21 zu 10 Prozent, affektive Störungen wie Depression oder Manie mit 19 zu 3,5 sowie Angststörungen mit 18 zu null Prozent.
Die retrospektive Analyse über zehn Jahre bei 115 dieser Umweltkranken bestätigt nach Angaben des Toxikologen, "daß es für das MCS neuer, nicht toxikologischer Hypothesen bedarf, die dieses moderne Leiden erklären können": Denn allein durch Psychotherapie besserten sich die Beschwerden bei 45 Prozent von ihnen dauerhaft.
Veränderungen der Lebensumstände wie neuer Beruf oder Scheidung brachten hingegen nur 39, Umzug oder Wohnungsrenovierung nur 31 und Entfernung aller Amalgam-Zahnfüllungen nur zwölf Prozent der Patienten langfristige Linderung.
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Sonntag 7. August 2005, 12:57
von Janik
Anmerkung: der Bericht stammt aus der Ärzte Zeitung, 10.09.2004
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Sonntag 7. August 2005, 13:13
von Anne
Man höre genau hin! Zilker beschreibt im Zusammenhang mit Psychotherapie nur etwas von "Besserung" der Beschwerden, nicht von HEILUNG. Das ist schon ein signifikanter Unterschied. Klar können auch MCS-Patienten psychische Probleme haben, die verstärkend auf die Beschwerden wirken. Auch können durch Chemikalien Nervenschädigungen auftreten, die Krankheiten aus dem psychischen sowie neurologischen Bereich zur Folge haben. Somit wäre schon geklärt und sogar logisch, warum bei MCS-Kranken evt. erhöhte psychiatrische Diagnosen zu verzeichnen sind (abgesehen von einer ganzen Anzahl falscher und unter Vernachlässigung des Sorgfaltsprinzips angestellter Beurteilungen!).
Auch diesem guten Doktor fehlt das Denken in Zusammenhängen, nämlich dass giftige Chemikalien auch auf das Nervensystem Auswirkungen haben können. Aber nur die Symptome zu bekämpfen anstatt die Ursachen ist ein solches fehlgeleitetes Handeln, für welches sich dieser "Mediziner" in Grund und Boden schämen sollte.
Anne
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Sonntag 7. August 2005, 14:48
von Konstantin
Da möchte ich doch eine Arbeit von Zilker beitragen.
Der nachfolgende Text stammt aus der Zusammenfassung über eine, in der Zeitschrift Nuklearmedizin 2002 veröffentlichte, PET Studie Zilkers.
Meine Anmerkung zum besseren Verständnis hierzu:
Ich kenne keine Ärzte die sich "Klinischen Ökologen" in Deutschland nennen. Es gibt auch keine solche Berufsbezeichnung. Ich kenne jedoch eine Vielzahl von Umweltmediziner, die durch zusätzliche Ausbildung und Eigenstudien Wissen über umweltbedingte Erkrankungen erlangten.
Zitat:
Kritische Autoren vertreten die Ansicht, dass die Diagnose MCS eine Fehldiagnose anderer, somatischer oder psychischer Erkrankungen ist, die durch (irrtümliche) Attribution der Symptomatik auf Umwelteinflüsse entsteht. Eine Gruppe sogenannter Klinischer Ökologen hält dagegen an der Auffassung fest, das MCS eine genuine, bisher unzureichend geklärte neurobiologische Erkrankung darstellt....
http://www.schattauer.de/zs/nukl/2002/6/pdf/02060233.pdf
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Sonntag 7. August 2005, 15:15
von Widerstand
Zilker, Thomas
Psychisch Kranke in der Umweltmedizin: Psychiatrische Hilfe wichtig
Deutsches Ärzteblatt 97, Ausgabe 39 vom 29.09.2000,
zu dem Beitrag von Dr. med. Hanns Rüdiger Röttgers M.A. in Heft 13/2000
Wir möchten Herrn Röttgers zu seinem offenen und sensiblen Übersichtsartikel beglückwünschen. In unserer universitären Umwelt-Ambulanz haben wir bisher knapp 300 Patienten untersucht, die sich von Schadstoffen in ihrer privaten oder beruflichen Umgebung belastet oder gar vergiftet glaubten (die Ergebnisse werden demnächst veröffentlicht). An erster Stelle der Beschwerdeliste standen Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen und Schlafstörungen, insgesamt wurden aber über 100 meist unspezifische Symptome an manchmal ein bestimmtes „Gift“, oft aber eine ganz heterogene Gruppe von „Giften“ attribuiert. In wenigen Einzelfällen konnten wir eine Schadstoffbelastung im Biomonitoring oder eine bekannte Reizwirkung einer Substanz nachweisen. Dagegen fanden wir im strukturierten klinischen Interview nach DSM-IV für psychiatrische Diagnosen bei 75 Prozent der Patienten mindestens eine psychiatrische Störung. Im Wesentlichen waren das somatoforme, affektive oder Angststörungen. Bei einer großen Zahl von Patienten waren die Beschwerden auch durch bekannte somatische Krankheiten zu erklären, vorwiegend durch Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, degenerative Skelettschäden oder Autoimmunopathien. Was uns erstaunt hat, war die ganz überwiegend positive Resonanz der Patienten auf das psychiatrische Gespräch (Abbrecherquote 1,5 Prozent). Die meisten erklärten, noch nie so direkt und empathisch auf mögliche psychosoziale Konfliktsituationen, depressive Episoden, Ängste, psychotisches Erleben angesprochen worden zu sein. Obwohl „Umweltpatienten“ in der Regel etliche Arztkontakte und nicht selten auch schädliche „Behandlungen“ (Ausfräsen des Kiefers, wochenlange „Kuren“ mit einem Chelatbildner) hinter sich haben, bevor sie uns aufsuchen, war ein Psychiater in der Regel noch nicht involviert. Unserer Erfahrung nach werden die Patienten im Vorfeld durch die Familie, Arbeitskollegen und oft auch durch einen verunsicherten Hausarzt als schwierig empfunden. Die Patienten haben oft den Eindruck, als „Spinner“ zu gelten und mit dem „Psychiater“ gedroht zu bekommen. Die vielzitierte „Psychiatrisierung“ findet unseres Erachtens nach am wenigsten durch die Psychiater statt, die am Ende einer langen Odyssee oft einem verblüfften Patienten erklären, dass Angst- und Affektstörungen gut therapierbar sind. Leider hat in jüngster Zeit die Bundesgesundheitsministerin ebenfalls vor einer „Psychiatrisierung“ von Umweltkranken gewarnt – und es damit solchen Patienten noch schwerer gemacht, den Kontakt zu einem Psychiater beziehungsweise Psychotherapeuten zu suchen. Ob sie einer „Kieferorthopädisierung“ oder „Toxikologisierung“ eher zustimmt, hat sie allerdings nicht geäußert.
Prof. Dr. med. Thomas Zilker
Toxikologische Abteilung der II. Medizinische Klinik
Constanze Hausteiner
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Klinikum rechts der Isar der Technischen
Universität München
Ismaninger Straße 22, 81664 München
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Mittwoch 10. August 2005, 08:40
von Pennylane
"Jeder Kollege hüte sich vor der Diagnose MCS, es handelt sich dabei nicht um eine medizinisch anerkannte Diagnose, sondern vielmehr um eine Diagnose, die dem Wunsch der Patienten entgegenkommt und damit den Weg zu einer notwendigen Therapie verschließt".
Th. Zilker – Tagung der Projektgruppe "Umwelt und Gesundheit" am 22.3.99,
finanziert durch das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Mittwoch 10. August 2005, 11:23
von Anne
So so, das Bayerische Staatsministerium befasst sich also mit Krankheiten und gibt Gelder dafür aus, die den Wünschen der Menschen entgegenkommen?? Haben die nichts Besseres zu tun und können die ihre Gelder nicht sinnvoller einsetzen?
Mehr als Polemik kann man eigentlich für solchen Unsinn nicht mehr übrig haben.
Ich bin wirklich der Meinung, dass das Bayerische Staatsministerium sich die Gelder lieber sparen sollte, als solche Herren für ihren Quark zu bezahlen.
Anne
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Freitag 19. August 2005, 14:59
von Westi
Hallo Anne,
nach meiner Erinnerung wurde nach einee Anhörung zum Thema MCS vor der SPD-Landtagsfraktion (in Bayern) von der Staatsregierung dieser Auftrag an den Humoristen Zilker vergeben.
Das war gut gemeint, aber leider Pech für die Betrofenen!
Die SPD hat mit sehr gutem Willen die Sache angeleiert, weil 1. eine damalige SPD-Abgeordnete MCS-Betroffene ist, 2. ein ehemaliger SPD-Abgeordneter sich wegen vieler im Dienst erkrankter Eisenbahner der Sache angenommen und gegenüber der BG vertreten hat.
Zilker ein Stern am Himmel der dt. Umweltmedizin

Verfasst:
Mittwoch 28. September 2005, 15:08
von bender123
[quote]Ich kenne keine Ärzte die sich "Klinischen Ökologen" in Deutschland nennen. [/quote]
Hallo, diese Bezeichnung ist in den USA gebräuchlich.
DAS zumindest scheint Z gelesen zu haben ;)
grüße von Ben der