Symptomprofil, Komorbidität und psychische Risikofaktoren bei
Multipler Chemischer Sensitivität
Autor: Christine Paul
Institut / Klinik: Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Mannheim (ZI)
Doktorvater: Prof. Dr. J. Bailer
"Multiple Chemische Sensitivität (MCS) ist definiert als eine Störung mit multiplen körperlichen und
psychischen Symptomen, die auf alltägliche chemische Substanzen zurückgeführt werden. Ätiologie
und Pathogenese der MCS sind ebenso umstritten wie die diagnostische Zuordnung des Syndroms.
Unklar ist, ob es sich bei der MCS um eine eigenständige Krankheitsentität mit organischer bzw.
toxischer Ätiologie oder um ein somatoformes Beschwerdebild mit primär psychischen Ursachen
handelt.
Im Rahmen der Studie wurde geprüft, inwieweit sich das MCS-Syndrom hinsichtlich Symptomatik,
Persönlichkeitsmerkmalen und Risikofaktoren von somatoformen Störungen abgrenzen lässt. Hierzu
wurden die Werte von 54 MCS, 44 somatoformen und 54 nicht-somatoformen Kontrollprobanden in
Symptomskalen, Persönlichkeitsfragebogen, Attributionsskalen und strukturierten Interviews für MCS,
affektive. Angst- und somatoforme Störungen miteinander verglichen. Daneben wurde eine
orientierende körperliche Untersuchung durchgeführt und die allgemeine Allergieneigung (Gesamt-
IgE) bestimmt. Zur Erfassung der Syndromstabilität und prospektiven Vorhersage der Beschwerden
durch psychologische Risikofaktoren wurden die Probanden ein Jahr später erneut einer
psychologischen Untersuchung unterzogen.
Auf allen Syndromskalen und in den meisten Symptomattributionsskalen erzielten die beiden
klinischen Gruppen bei der Erstuntersuchung signifikant höhere Werte als die Kontrollgruppe. Nur die
Skalen, die eine allgemeine Umweltsensitivität und einen umweltbezogenen Attributionsstil erfassen,
trennten signifikant zwischen MCS und somatoformen Probanden. Die MCS-Probanden hatten
daneben eine stärkere Ausprägung des Traits Suggestibilität. Die drei Untersuchungsgruppen
unterschieden sich nicht hinsichtlich des objektiven Maßes der allgemeinen Allergieneigung (Gesamt-
IgE) und auch nicht in der Anzahl bisher erlebter Traumata.
MCS zeigte sich bei den MCS-Probanden als höchst stabil über die Zeit von 12 Monaten. In
Übereinstimmung mit dem kognitiv-behavioralen Modell für somatoforme Störungen kann die Summe
somatischer und somatoformer Beschwerden im Quer- als auch im Längsschnitt durch erhöhte TraitÄngstlichkeit,
somatische Symptomattribution und dysfunktionale Kognitionen zu Körper und
Gesundheit vorhergesagt werden. Nach den vorliegenden Ergebnissen kann MCS als somatoformes
Syndrom mit umweltbezogenem Attributionsstil konzeptualisiert werden."
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/volltexte/2010/10937/pdf/diss10_095.pdf
Erstellungsjahr: 2007 Publikationsdatum: 31.08.2010
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/frontdoor.php?source_opus=10937