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Qualitätszirkel Umweltmedizin Rhein-Neckar

BeitragVerfasst: Freitag 30. Dezember 2005, 23:19
von Alex
Protokoll Qualitätszirkel Umweltmedizin Rhein-Neckar

Sitzung vom 30.9.1999 in Mannheim

Verschiedenes
Interview der Landärztlichen Nachrichten (Dr.Retzlaff) mit Dr.Bilger über Umweltmedizin im Allgemeinen, u.a. Verdienstmöglichkeiten.
Südbadische Umweltärzte im DGN präsent, von uns eher keine Präsenz im DGN geplant.

Fall aus der umweltmedizinischen Praxis: "Fibromyalgie" und "PCB-Intoxikation" eines 46a alten Karosseriespenglers
Seit 1993 krank, chronische Rückenschmerzen, Gelenk- und Kreislaufprobleme, innere Unruhe, Hypertonus (ess.), Koronarbefund unauffällig, seit 6/94 Dauer-AU, psychosomatisches Heilverfahren 94 nichts gebracht (Konflikte am Arbeitsplatz bearbeitet). HLA B27 pos., neurologisach keine wesentlichen Auffälligkeiten, unbeobachtet normale Beweglichkeit. 1996 Dg."Fibromyalgie" mit 35 positiven "Triggerpunkten" (Patientenangabe von "Schmerz"). Psychosomatische Klinik Heidelberg: SOMATOFORME STÖRUNG. Rheumaklinik Bad Säckingen "Fibromyalgie". Amalgamentfernung und Elektrosmog-Sanierung ohne Effekt. Huber (Nephrologie, Kurpfalzklink): PCB-Spiegel erhöht, max. das Doppelte der oberen Norm. SPECT: "Perfusionsstörung Gehirn", privat bezahlter Neurologe konstatiert PNP, "schwere Ataxie", Gedächtnisschwäche. Strebt im Sozialgerichtsverfahren EU-Rente, u.U. BG-Rente an. Keine bewiesenen neurotoxischen oder immunotoxischen Effekte. Randinformation: Mit ½ a Schädelbasisfraktur bei schwerer Kindesmißhandlung. Mit acht Jahren Meningitis durchgemacht (stat. Aufenthalt).
Mögliche Relevanz umweltmedizinischer Befunde an diesem Beispiel erörtert, Dilemma der Wirklichkeit in der täglichen Praxis. "Guter", weil typischer Fall für die Probleme in der Umweltmedizin.
Mehrere Kollegen beklagen, im Alltag vor solchen Fällen ratlos und allein zu stehen.
Ergebnis des "Konsils": Arbeitsmedizinischen Befund des Werksarztes von DB einholen. Quelle der PCB-Belastung unklar (Kühlmittel - Öle an den Dreher- und Spenglermaschinen?), Relevanz der nur rel. Gering erhöhten Werte? Allgemeines Problem der Beweislast beim Arbeitnehmer erörtert, muß sich ändern! Untere soziale Schichten haben deutlich geringere Lebenserwartung wg. Lifestyle - Unterschieden, aber u. a. auch wg. belasteteren Arbeitsplätzen.
Resumee: Am ehesten schwere somatoforme Persönlichkeitsstörung mit fataler Fixierung durch eine in diesem Fall kontraproduktive "Umweltsubstruktur" (Selbsthilfegruppen, willige Privatärzte..).

http://www.bilger.de/qz/qz12.htm

Qualitätszirkel Umweltmedizin Rhein-Neckar

BeitragVerfasst: Freitag 30. Dezember 2005, 23:21
von Alex
Protokoll Qualitätszirkel Umweltmedizin Rhein-Neckar
Sitzung vom 03.02.2000 in Mannheim

Teilnehmer: M. Cremer, M. Manigault, C. Tomalla, B. Musselmann, W. Bitzer, W. Bär, P. Ziegelmüller, M. Fischer-Pokora, S. Bilger


Psychosomatische Aspekt umweltmedizinischer Erkankungen

Das Ende 1999 mehrheitlich gewünschte Thema wurde sehr konzentriert und mir fortschreitender innerer Logik diskutiert. Zu Beginn berichtete der Protokollant von den Vorbereitungen zu diesem Thema: von verschiedenen Seiten seien "Fachleute" als Referenten empfohlen worden, was wohl auf Unsicherheiten der Teilnehmer schließen lasse. Allerdings hätten bisherige Vorträge von Psychosomatikern zur Umweltmedizin (z. B. auf der gemeinsam besuchten Fortbildung in Freiburg) keine wesentliche Aufklärung oder praktische Hilfe gebracht. Wir alle seien, weil mit den Patienten vor Ort konfrontiert, die eigentlichen Experten der Praxis. Bevor man externe Referenten einlade, solle Klarheit darüber herrschen, welche Fragen man habe und welche Antworten man von ihnen erwarte.

Ausgangsfrage war die Unterscheidung organisch – psychisch. Kollege Ziegelmüller erläuterte die typische Situation, daß von ihm immer wieder eine Diagnostik zum Ausschluß organischer Erkankungen erwartet werde. Darauf ergänzte Frau Tomalla, daß in der Umweltmedizin organische Ursachen häufig nicht ausreichend geklärt werden könnten, und nannte als besonderes Krankheitsbild die "Infektanfälligkeit". Herr Musselmann forderte eine erweiterte Ausschlußdiagnostik. Herr Cremer wies auf die damit einhergehende Unsicherheit hin: wodurch könne eine Kausalität bewiesen werden? Erschwerend sei, daß "Umweltpatienten" häufig auch psychisch auffällig seien. Hierfür seien unterschiedliche Kausalitäten denkbar: Psychogenese oder Neurotoxizität von Schadstoffen. Frau Bär verwies auf historische Paralellen: früher seinen die psychisch Auffälligen in der katholischen Kirche gewesen, heute bei Selbsthilfegruppen (was weder gegen die Inhalte der einen wie der anderen Organisation angeführt werden kann. S. B.). Herr Musselmann wies darauf hin, daß Patienten durch Erklärungsmodelle der Ärzte in Umweltkliniken auf bestimmte Kausalitäten fixiert würden. Die Unklarheiten führten bei den Kollegen zu dem Gefühl, die komplexen Probleme nicht kompetent genug beurteilen zu können. Gefordert wurde, Leitsymptome für umweltmedizinische Erkrankungen zu formulieren. Ein Hinweis sei das plötzliche Auftreten der Symptome. Neben der Frage "Was ist ein Umweltpatient?" wurde formuliert: "Was sind Kriterien für psychosomatische Erkankungen?" (positive Diagnosestellung)

Bis zu diesem Punkt scheint mir im Nachhinein die Fragestellung weitgehend klar und verständlich. Die weiteren Diskussionsbemerkungen bezogen sich auf Einzelaspekte und müßten weiter bearbeitet werden. Hierzu nur Stichworte:

Betrachtung von Patientenkarrieren: Wie verlaufen sie? Was ist typisch, verallgemeinerbar?

Patienten, die selbst "Umwelt" als Erklärung anbieten, vs. Patienten, bei denen der Arzt aufgrund anamnestischer Hinweise eher zufällig auf umweltmedizinische Ursachen stößt.

Umweltmedizinische Pflichtfragen, die bei jeder chronischen Erkankung (insbesondere der Schleimhäute, Atemwege und toxisch-neurologischen Erkankungen) gestellt werden müßten. (Fragenkatalog)

Nochmals: Warum Trennung Körper – Geist (res cogitans – res extensa, Descartes)? Dafür (zur organischen Abklärung) sind wir ausgebildet!

Therapie umweltmedizinischer Patienten: welche Ziele sind erreichbar? Welches Vorgehen ist angemessen? (etwa Weiterüberweisung zum Psychotherapeuten?)



Termin des nächsten Treffens: 16. März 2000 in Mannheim (20 Uhr c.t.)


Dann weitere Bearbeitung des Themas "Psychosomatik" mit Erarbeitung einzelner Listen oder Kataloge (z. B. in Kleingruppen) zu den oben genannten Fragen. Fallvorstellungen zum Einstieg erwünscht!


Protokoll: Bilger
http://www.bilger.de/qz/qz14.htm

Qualitätszirkel Umweltmedizin Rhein-Neckar

BeitragVerfasst: Freitag 30. Dezember 2005, 23:29
von Alex
Protokoll des Qualitätszirkels Umweltmedizin Rhein-Neckar

Sitzung vom 16.03.2000 in Mannheim

Teilnehmer: M. Mayer, J. Braun, K. Fuchs, C. Eicher, B. Musselmann, W. Bitzer, M. Jansen, M.-T. Eisele, S. Bilger


Psychosomatische Aspekt umweltmedizinischer Erkankungen

1. In Fortsetzung der Diskussion der letzten Sitzung zunächst folgende Hinweise:

Studie Quecksilberbelastung bei andrologischen Patienten – keine Kausalität nachgewiesen (Jansen)
Suizidhäufigkeit von Elektrikern (Musselmann)
Studie zu Quecksilberbelastungen des Klinikum Mannheim (Prof. Pohlmann-Eden) – Schreiben an die Mannheimer niedergelassenen Neurologen mit Bitte um Teilnahme; Kontakt für Interessierte: Dipl. Psych. Schneeweiß, Neurol. Klnik Tel 0621 / 383 – 3077 (Mo-Fr. 8.30-9, Mo 14-15 Uhr); Text des Schreibens bei Interesse per Fax!
2. Fallvorstellung (Musselmann)

Tomsit (Neoprenkleber) im Kindergarten; Beratung der Mutter eines 5-jährigen Kindes; Informations-politik der untersten Umweltbehörde (Gemeinde); zuständig Gemeinde, ev. Gesundheitsamt

3. Fallvorstellung (Jansen)

34-jährige Patientin mit Chloasma postpartal, weitere dermatologische Inanspruchnahme zur allergologischen Testung (Hg). Besonderheit des Falls: Patientin ist bei Frau des Kollegen in psychotherapeutischer Behandlung wegen chron. Schmerzen (Fibromyalgie-Syndrom, bei 10 Orthopäden in Mannheim gewesen!), dadurch wesentliche Hinweise zu biographischen Hintergrund und zur sozialen Problematik (Einzelkind, gescheiterte Partnerschaften, zahlreiche Arztkontakte). Diskutiert wurden vor diesem Hintergrund die diagnostische Einordnung und mögliche therapeutische Ansätze: Boderline-Störung ?, Depression, somatoforme Störung. Patientin wird als sehr suggestibel wahrgenommen, hatte viele Ausgaben für privatärztliche Inanspruchnahme. Ziel der Psychotherapie: Stärkung der Autonomie (nicht bei jedem Impuls zu anderem Arzt gehen).

Die Diskussion ging von Erörterung der psychischen Dynamik (Bedeutung der ständigen Beschäftigung mit Krankheit, Funktionalisierung des Arztes durch den Patienten) zur üblichen Frage, ob auch organisch alles genügend abgeklärt sei. Zugespitzt wurde gefragt: inwieweit unterscheiden sich klassische medizinische Diagnostik und umweltmedizinische Diagnostik?

Im weiteren wurden folgende

4. "Rezepte" für den Umgang mit schwierigen (Umwelt-)Patienten formuliert:


Die eigene Rolle im Gesamtsystem reflektieren (auch Einfluß und Bedeutung anderer Ärzte wie des Hausarztes im vorliegenden Fall)!
Positive Anteile des Patienten aufgreifen und verstärken!
Realistische Therapieziele anstreben (kleine Schritte)!
Sich klarmachen, daß der Organspezialist mit dem vorgetragenen Symptom nur die "Spitze des Eisbergs" sieht (meist schwer gestörte Persönlichkeit).
Fragen nach impliziten, unausgespochenen Motiven der Patienten.
Die Frage "Wie soll ich mich verhalten angesichts des (möglicherweise) geringen Einflusses?" wurde kontrovers diskutiert: Wahnsystem nicht bestätigen / konfrontieren – Sicht des Patienten teilen -Rückzug auf organische Diagnostik.

Nächster Termin: Donnerstag, 25. Mai 2000, 20 Uhr c.t. (KV Abrechnungsstelle Mannheim)

Hinweise: Lesenswerter Artikel zu unserer Thematik Röttgers, Psychisch Kranke in der Umweltmedizin, Dt. Ärzteblatt 97, 31.3.2000, A-835-840

Wegweise Umweltmedizin (Hrsg. Landeshauptstadt München) wurde von mir für die AG bestellt und wird beim nächsten Treffen verteilt.

http://www.bilger.de/qz/qz15.htm

Qualitätszirkel Umweltmedizin Rhein-Neckar

BeitragVerfasst: Freitag 30. Dezember 2005, 23:30
von Alex
Protokoll des Qualitätszirkels Umweltmedizin Rhein-Neckar



Sitzung vom 25.05.2000 in Mannheim


Teilnehmer: M. Mayer, J. Braun, C. Eicher, B. Musselmann, M. Fischer-Pokora, W. Bitzer, M. Cremer, C. Tomalla, M. Jansen, M.-T. Eisele, S. Bilger;
entschuldigt: K. Fuchs, G. Eisermann, H. Henning, M. Beumer, M. Manigault, A. Thimm, V. Mersch-Sundermann.

Psychosomatische Aspekt umweltmedizinischer Erkankungen (Fortsetzung)

Vorab Vorstellung der IGEL-Liste der Mannheimer Ärzte (Mayer)
Eingangsfrage: Muß ich bei psychosomatischen Patienten komplett alles abklären? (Jansen)
Fallvorstellung 1 (J. Braun): etwa 50-jähriger Patient im Allgemeinkrankenhaus, Aufnahmegrund: Sanierung der Wohnung; internist. Diagnose: V. a. Aspergillose; konsiliarische Hinzuziehung des Psychiaters; psychiatrische Diagnose: coenesthetische Schizophrenie (bereits früher diagnostiz.)
Fallvorstellung 2 (M. Jansen): Pat. Nach Zahnsanierung zur Testung auf Palladium; Symptome: Antriebsstörung, Mattigkeit, Infektanfälligkeit etc. internistisch und orthopädisch durchuntersucht, benutzt nur biologische Produkte, Magnetfelder, Wasserader (Beschwerdens seit 1996); Diskussion über die Frage: Was ist mit ihr zu machen? Überweisung zur psychiatrischen bzw. psychosomatischen Diagnostik? Vorschläge: Statt erneuter Zahnsanierung, weniger schädlichen (und billigeren) Weg anstreben, z. B. zur TCM (traditionell-chinesischen Medizin), EAP (Elektroakupunktur nach Voll); Gefahr der "Abzockerei"
Fallvorstellung 3 (B. Musselmann): 41-jähr. Frau, stark vorgealtert; Exposition gegenüber Lösungsmitteln am Arbeitsplatz (Chemielabor): Toluol, Aceton; Symptome: Durchschlafstörungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, trockene Haut; Wie gegen Arbeitgeber vorgehen, ohne daß er ihr kündigt? Vorschläge: Meldung an die BG; Ambulanz Arbeits-Umweltmedizin (Prof. Triebig); neuropsychologische Testung
Nachtrag zum Fall PH Heidelberg (Umbaumaßnahmen mit Freisetzung von Glaswollfasern): Begutachtung durch TÜV und Dr. Gagelmann; Meldung an Unfallversicherung der Beamten (nach dem Bundeswehr-Motto: "Melden macht frei.")


Nächster Termin: Donnerstag, 13. Juli 2000, 20 Uhr c.t. (KV Abrechnungsstelle Mannheim)
Vorschläge zur Tagesordnung:

Bericht vom Kongreß Allergologie/Umweltmedizin (Mai 2000)
Vorstellung aktueller Fälle
Evaluation unserer QZ-Arbeit

Protokoll: Stefan Bilger

http://www.bilger.de/qz/qz16.htm

Qualitätszirkel Umweltmedizin Rhein-Neckar

BeitragVerfasst: Samstag 31. Dezember 2005, 12:11
von Betty Zett
Hallo Alex,

das ist ja so ziemlich die Höhe was Du da ausgegraben hast.
Was für eine lächerliche Stimmungsmache ohne wissenschaftliches
Fundament.
Was ist mit den Leuten zu machen? So eine Frage ist schon ein Hohn.
Dann die Antwort: ... billigeren Weg anstreben
und im nächsten Fall zu Triebig in die Umweltambulanz....
Das ist eine ziemliche Ungeheuerlichkeit, die sich da hinter
verschlossenen Türen abspielt. Mich wundert es nicht mehr, wenn dann
Amts- und MDK Ärzte mit bestärkter Brust gegen Chemikaliensensible zu
Felde ziehen nach dem Motto "Nieder mit dem Feind".

Sowas gehört veröffentlicht!

Grüße von einer wütenden
Betty Zett