Prospektive Studie zur Ätiologie und Symptom...MCS

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Zentralinstitut für seelische Gesundheit
Prospektive Studie zur Ätiologie und Symptomspezifität des Multiple Chemical Sensitivity (MCS) Syndroms
Förderung: DFG, 2002-2005
Das Multiple Chemical Sensitivity (MCS) Syndrom ist definiert als eine Störung mit multiplen körperlichen und psychischen Symptomen, die auf alltägliche chemische Substanzen in der Umwelt zurückgeführt werden. Ätiologie und diagnostische Zuordnung des MCS-Syndroms sind wissenschaftlich umstritten. Im Rahmen dieser Studie wurde geprüft, inwieweit sich das MCS-Syndrom hinsichtlich Symptomatik, Persönlichkeitsmerkmalen und Informationsverarbeitungsprozessen von somatoformen Störungen abgrenzen lässt. Hierzu wurden die Werte von 54 MCS, 54 somatoformen und 44 nicht somatoformen Personen in Symptomskalen, Persönlichkeitsfragebogen, Attributionsskalen und strukturierten Interviews für MCS, affektive, Angst- und somatoforme Störungen verglichen. Ferner wurden experimentelle Daten zur Aufmerksamkeitsfokussierung auf MCS-bezogene Begriffe (z.B. Lackgeruch, Wohngifte) und körperliche Beschwerdebegriffe (z.B. Atemnot, Herzrasen) erhoben. Die beiden klinischen Gruppen erzielten signifikant höhere Werte auf allen Symptomskalen und in den meisten Symptomattributionsskalen als die Kontrollgruppe. Die beiden klinischen Gruppen selbst unterschieden sich jedoch nicht nennenswert in diesen Skalen. Nur die Skalen, die eine allgemeine Umweltsensitivität und einen umweltbezogenen Attributionsstil erfassen, trennten signifikant zwischen MCS und somatoformen Personen. Die experimentellen Befunde zur Aufmerksamkeitsfokussierung zeigten eine stärkere Absorption der Aufmerksamkeit durch beschwerdebezogene Informationen in beiden klinischen Gruppen und stehen im Einklang mit kognitiv-behavioralen Störungsmodellen, die Veränderungen in der Informationsverarbeitung (Wahrnehmung und Bewertung) eine zentrale Rolle in der Aufrechterhaltung und Chronifizierung funktioneller Beschwerden beimessen. Nach den vorliegenden Ergebnissen kann MCS als somatoformes Syndrom mit umweltbezogenem Attributionsstil konzeptualisiert werden.
Entwicklung und Validierung von Selbst- und Fremdbeurteilungsskalen zur Erfassung von idiopathischer Umweltintoleranz
In der Allgemeinbevölkerung berichten bis zu 15% der Befragten über Intoleranzreaktionen gegenüber alltäglichen in der Umwelt vorhandenen Chemikalien. Diese umweltbezogenen Befindlichkeitsstörungen werden in der Literatur als Multiple Chemische Sensitivität (MCS) oder Idiopathische Umweltintoleranz (IUI) bezeichnet. Wir haben zu Forschungszwecken drei standardisierte Selbstbeurteilungsskalen entwickelt, die zentrale Merkmale von IUI ökonomisch, reliabel, valide und ätiologiefrei erfassen. Die insgesamt 50 Items der IUI-Skalen erfragen a) Umweltsubstanzen, die von Betroffenen häufig mit der Auslösung von Beschwerden in Zusammenhang gebracht werden, b) umweltbezogene Beschwerden und c) störungsbedingte Funktionsbeeinträchtigungen. Die psychometrischen Eigenschaften der Skalen wurden an verschiedenen Stichproben (Studenten, Normalpersonen, Personen mit IUI sowie Personen mit somatoformen Störungen) überprüft.
Entwicklung und Validierung von Selbstbeurteilungsskalen zur Erfassung von Krankheitsangst
Die übersteigerte Angst oder Sorge ernsthaft (körperlich oder psychisch) zu erkranken bzw. die Überzeugung bereits an einer bedrohlichen Krankheit zu leiden, die bislang noch nicht diagnostiziert wurde, bezeichnet man als „Hypochondrie\". Das Störungsbild beruht kognitiven Theorien zufolge auf einer Fehlinterpretation von Körpersensationen (z.B. beschleunigter Herzschlag) als Zeichen einer (lebensbe-)drohenden Katastrophe (z.B. Herzinfarkt). Krankheitsängste sind in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet und verursachen einen hohen Leidensdruck. Multiple Arztbesuche und ergebnislose wiederholte Untersuchungen sind hierbei nicht nur kostenintensiv, sondern erhöhen mittel- und langfristig das Leiden der Betroffenen. Gleichzeitig besteht im deutschen Sprachraum ein Mangel an qualitativ hochwertigen Fragebogeninstrumenten zur Identifikation von Personen mit starken Krankheitsängsten. Aus diesem Grund wurden von unserer Arbeitsgruppe bislang zwei Instrumente aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt (HAI von Salkovskis et al.; MIHT von Longley et al.) und an einer großen Stichprobe von Studierenden der Universität Mannheim erprobt. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass beide Instrumente in der Lage sind, verschiedene Merkmale der Hypochondrie in der Allgemeinbevölkerung reliabel und valide abzubilden.
Psychologische Risikofaktoren und selektive Aufmerksamkeitslenkung bei Personen mit Krankheitsängsten
Kognitive Theorien der Krankheitsängstlichkeit und Hypochondrie postulieren eine selektive Aufmerksamkeitslenkung auf gesundheitsbedrohliche Informationen als zentrales Element der Angst-Aufrechterhaltung und Chronifizierung. Details und Moderatoren einer derartig verzerrten Informationsverarbeitung sind bislang jedoch weitgehend unbekannt. Wir untersuchten verschiedene Stadien der Informationsverarbeitung (Hinwendung und Abwendung) bei hoch krankheitsängstlichen und gesunden Personen mit Hilfe der emotionalen Stroop-Aufgabe und mit Hilfe eines modifizierten Posner-Paradigmas. In der emotionalen Stroop-Aufgabe zeigte sich eine erhöhte initiale Absorption der Aufmerksamkeit durch krankheitsbezogene Wörter in der Gruppe der hoch krankheitsängstlichen Personen zu Beginn des Experiments. Innerhalb des Posner-Paradigmas zeigte sich, dass hoch krankheitsängstliche Personen auf eine akustische Stressinduktion mit einer verlängerten Verweildauer der Aufmerksamkeit auf gesundheitsbedrohlichen Begriffen reagierten, während die gesunde Vergleichsgruppe einen entgegensetzten Effekt (geringere Verweildauer) im Sinne einer effizienten Emotionsregulation zeigte. Die Ergebnisse lassen Veränderungen in der Informationsverarbeitung als Ergebnis einer Dispositions-Situations-Interaktion erscheinen und verweisen auf die mögliche Beteiligung von Defiziten in der Emotionsregulation bei der Aufrechterhaltung von Krankheitsängstlichkeit.
Neuropsychologische Auffälligkeiten und selektive Aufmerksamkeitslenkung bei Sexualstraftätern, Zwangspatienten und Gesunden
Mit dieser Studie soll die Frage geklärt werden, ob pädophilie Sexualstraftäter spezifische Defizite im Bereich der Aufmerksamkeitsleistung und der exekutiven Funktionen aufweisen. Hierzu wird die Leistung von pädophilien Sexualstraftätern mit jener von gesunden Kontrollpersonen sowie zwei klinischen Kontrollgruppen (Zwangspatienten und Erwachsenen mit ADHD) in speziellen neuropsychologischen Verfahren miteinander verglichen.
Ausgewählte Publikationen
Bailer J, Rist F, Witthöft M, Paul C (2004) Validierung eines Screening-Instruments zur Identifikation von Multiple Chemical Sensitivitiy (MCS): Die Chemische Geruchssensitivitätsskala (CGSS). Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 54: 396-404
Bailer J, Rist F, Witthöft M, Paul C, Bayerl C (2004) Symptom patterns and perceptual and cognitive styles in subjects with multiple chemical sensitivity (MCS). Journal of Environmental Psychology 24: 517-525
Bailer J, Rist F, Witthöft M, Paul C, Bayerl C (2005) Evidence for overlap between multiple chemical sensitivity syndrome and somatoform disorders. Psychosomatic Medicine 67: 921-929
Bailer J, Volz M, Diener C, Rey ER (2004) Reliabilität und Validität der deutschsprachigen Schizotypie-Skalen von Chapman. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 33: 15-23
Dolic M, Bailer J, Staehle HJ, Eickholz P (2005). Psychosocial factors as risk indicators of periodontitis. Journal of Clinical Periodontology 32: 1134-1140.
Zentralinstitut für seelische Gesundheit
Prospektive Studie zur Ätiologie und Symptomspezifität des Multiple Chemical Sensitivity (MCS) Syndroms
Förderung: DFG, 2002-2005
Das Multiple Chemical Sensitivity (MCS) Syndrom ist definiert als eine Störung mit multiplen körperlichen und psychischen Symptomen, die auf alltägliche chemische Substanzen in der Umwelt zurückgeführt werden. Ätiologie und diagnostische Zuordnung des MCS-Syndroms sind wissenschaftlich umstritten. Im Rahmen dieser Studie wurde geprüft, inwieweit sich das MCS-Syndrom hinsichtlich Symptomatik, Persönlichkeitsmerkmalen und Informationsverarbeitungsprozessen von somatoformen Störungen abgrenzen lässt. Hierzu wurden die Werte von 54 MCS, 54 somatoformen und 44 nicht somatoformen Personen in Symptomskalen, Persönlichkeitsfragebogen, Attributionsskalen und strukturierten Interviews für MCS, affektive, Angst- und somatoforme Störungen verglichen. Ferner wurden experimentelle Daten zur Aufmerksamkeitsfokussierung auf MCS-bezogene Begriffe (z.B. Lackgeruch, Wohngifte) und körperliche Beschwerdebegriffe (z.B. Atemnot, Herzrasen) erhoben. Die beiden klinischen Gruppen erzielten signifikant höhere Werte auf allen Symptomskalen und in den meisten Symptomattributionsskalen als die Kontrollgruppe. Die beiden klinischen Gruppen selbst unterschieden sich jedoch nicht nennenswert in diesen Skalen. Nur die Skalen, die eine allgemeine Umweltsensitivität und einen umweltbezogenen Attributionsstil erfassen, trennten signifikant zwischen MCS und somatoformen Personen. Die experimentellen Befunde zur Aufmerksamkeitsfokussierung zeigten eine stärkere Absorption der Aufmerksamkeit durch beschwerdebezogene Informationen in beiden klinischen Gruppen und stehen im Einklang mit kognitiv-behavioralen Störungsmodellen, die Veränderungen in der Informationsverarbeitung (Wahrnehmung und Bewertung) eine zentrale Rolle in der Aufrechterhaltung und Chronifizierung funktioneller Beschwerden beimessen. Nach den vorliegenden Ergebnissen kann MCS als somatoformes Syndrom mit umweltbezogenem Attributionsstil konzeptualisiert werden.
Entwicklung und Validierung von Selbst- und Fremdbeurteilungsskalen zur Erfassung von idiopathischer Umweltintoleranz
In der Allgemeinbevölkerung berichten bis zu 15% der Befragten über Intoleranzreaktionen gegenüber alltäglichen in der Umwelt vorhandenen Chemikalien. Diese umweltbezogenen Befindlichkeitsstörungen werden in der Literatur als Multiple Chemische Sensitivität (MCS) oder Idiopathische Umweltintoleranz (IUI) bezeichnet. Wir haben zu Forschungszwecken drei standardisierte Selbstbeurteilungsskalen entwickelt, die zentrale Merkmale von IUI ökonomisch, reliabel, valide und ätiologiefrei erfassen. Die insgesamt 50 Items der IUI-Skalen erfragen a) Umweltsubstanzen, die von Betroffenen häufig mit der Auslösung von Beschwerden in Zusammenhang gebracht werden, b) umweltbezogene Beschwerden und c) störungsbedingte Funktionsbeeinträchtigungen. Die psychometrischen Eigenschaften der Skalen wurden an verschiedenen Stichproben (Studenten, Normalpersonen, Personen mit IUI sowie Personen mit somatoformen Störungen) überprüft.
Entwicklung und Validierung von Selbstbeurteilungsskalen zur Erfassung von Krankheitsangst
Die übersteigerte Angst oder Sorge ernsthaft (körperlich oder psychisch) zu erkranken bzw. die Überzeugung bereits an einer bedrohlichen Krankheit zu leiden, die bislang noch nicht diagnostiziert wurde, bezeichnet man als „Hypochondrie\". Das Störungsbild beruht kognitiven Theorien zufolge auf einer Fehlinterpretation von Körpersensationen (z.B. beschleunigter Herzschlag) als Zeichen einer (lebensbe-)drohenden Katastrophe (z.B. Herzinfarkt). Krankheitsängste sind in der Allgemeinbevölkerung weit verbreitet und verursachen einen hohen Leidensdruck. Multiple Arztbesuche und ergebnislose wiederholte Untersuchungen sind hierbei nicht nur kostenintensiv, sondern erhöhen mittel- und langfristig das Leiden der Betroffenen. Gleichzeitig besteht im deutschen Sprachraum ein Mangel an qualitativ hochwertigen Fragebogeninstrumenten zur Identifikation von Personen mit starken Krankheitsängsten. Aus diesem Grund wurden von unserer Arbeitsgruppe bislang zwei Instrumente aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt (HAI von Salkovskis et al.; MIHT von Longley et al.) und an einer großen Stichprobe von Studierenden der Universität Mannheim erprobt. Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass beide Instrumente in der Lage sind, verschiedene Merkmale der Hypochondrie in der Allgemeinbevölkerung reliabel und valide abzubilden.
Psychologische Risikofaktoren und selektive Aufmerksamkeitslenkung bei Personen mit Krankheitsängsten
Kognitive Theorien der Krankheitsängstlichkeit und Hypochondrie postulieren eine selektive Aufmerksamkeitslenkung auf gesundheitsbedrohliche Informationen als zentrales Element der Angst-Aufrechterhaltung und Chronifizierung. Details und Moderatoren einer derartig verzerrten Informationsverarbeitung sind bislang jedoch weitgehend unbekannt. Wir untersuchten verschiedene Stadien der Informationsverarbeitung (Hinwendung und Abwendung) bei hoch krankheitsängstlichen und gesunden Personen mit Hilfe der emotionalen Stroop-Aufgabe und mit Hilfe eines modifizierten Posner-Paradigmas. In der emotionalen Stroop-Aufgabe zeigte sich eine erhöhte initiale Absorption der Aufmerksamkeit durch krankheitsbezogene Wörter in der Gruppe der hoch krankheitsängstlichen Personen zu Beginn des Experiments. Innerhalb des Posner-Paradigmas zeigte sich, dass hoch krankheitsängstliche Personen auf eine akustische Stressinduktion mit einer verlängerten Verweildauer der Aufmerksamkeit auf gesundheitsbedrohlichen Begriffen reagierten, während die gesunde Vergleichsgruppe einen entgegensetzten Effekt (geringere Verweildauer) im Sinne einer effizienten Emotionsregulation zeigte. Die Ergebnisse lassen Veränderungen in der Informationsverarbeitung als Ergebnis einer Dispositions-Situations-Interaktion erscheinen und verweisen auf die mögliche Beteiligung von Defiziten in der Emotionsregulation bei der Aufrechterhaltung von Krankheitsängstlichkeit.
Neuropsychologische Auffälligkeiten und selektive Aufmerksamkeitslenkung bei Sexualstraftätern, Zwangspatienten und Gesunden
Mit dieser Studie soll die Frage geklärt werden, ob pädophilie Sexualstraftäter spezifische Defizite im Bereich der Aufmerksamkeitsleistung und der exekutiven Funktionen aufweisen. Hierzu wird die Leistung von pädophilien Sexualstraftätern mit jener von gesunden Kontrollpersonen sowie zwei klinischen Kontrollgruppen (Zwangspatienten und Erwachsenen mit ADHD) in speziellen neuropsychologischen Verfahren miteinander verglichen.
Ausgewählte Publikationen
Bailer J, Rist F, Witthöft M, Paul C (2004) Validierung eines Screening-Instruments zur Identifikation von Multiple Chemical Sensitivitiy (MCS): Die Chemische Geruchssensitivitätsskala (CGSS). Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie 54: 396-404
Bailer J, Rist F, Witthöft M, Paul C, Bayerl C (2004) Symptom patterns and perceptual and cognitive styles in subjects with multiple chemical sensitivity (MCS). Journal of Environmental Psychology 24: 517-525
Bailer J, Rist F, Witthöft M, Paul C, Bayerl C (2005) Evidence for overlap between multiple chemical sensitivity syndrome and somatoform disorders. Psychosomatic Medicine 67: 921-929
Bailer J, Volz M, Diener C, Rey ER (2004) Reliabilität und Validität der deutschsprachigen Schizotypie-Skalen von Chapman. Zeitschrift für Klinische Psychologie und Psychotherapie 33: 15-23
Dolic M, Bailer J, Staehle HJ, Eickholz P (2005). Psychosocial factors as risk indicators of periodontitis. Journal of Clinical Periodontology 32: 1134-1140.