Dr. Herr Uni Giessen in der Patsche

Dr. Herr Uni Giessen in der Patsche

Beitragvon Janik » Mittwoch 14. Februar 2007, 22:28

Streit um Referentin und Grenzwerte
Mobilfunk: In aufgeheizter Atmosphäre im Kurfürstensaal ist keine Annäherung von Gegnern und Befürwortern möglich

HEPPENHEIM. Buhrufe für Bürgermeister Gerhard Herbert (SPD) und demonstratives Klatschen für kritische Frager begleiteten am Donnerstagabend die Mobilfunkveranstaltung, zu dem der Magistrat der Stadt Heppenheim in den Kurfürstensaal eingeladen hatte. Umweltmedizinerin Dr. Caroline Herr hatte als einzige Referentin einen schweren Stand. Die Mobilfunkgegner, die gut die Hälfte der 80 Zuhörer ausmachten, werfen der stellvertretenden Direktorin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an der Universität Gießen Befangenheit wegen von der Mobilfunkindustrie mitfinanzierten Studien vor und unterbrachen sie häufig. Zur Einstimmung verteilten Bürgerinitiativen im Foyer Zeitungsartikel.
Der Magistrat habe die Referentin wegen ihrer wissenschaftlichen Qualifikation ausgewählt, weil sie als Fachärztin mit der aktuellen Forschung vertraut sei, betonte Herbert. Es sei schwierig, Experten zu finden, die der geforderten Definition von Unabhängigkeit standhielten. Diese verträten dann entweder eine Außenseiterposition oder hätten noch nicht über das Gebiet publiziert, sagte der Bürgermeister. Er appellierte, lieber die Referentin zu befragen, statt am Modus der Veranstaltung „rumzukritteln“.

Die vorgeschlagenen Zweitreferenten seien alle keine Mediziner gewesen, führte Herbert aus. Man habe sich bewusst gegen eine Podiumsdiskussion entschieden, bei dem sich nur Experten die Bälle zuspielen. Stattdessen habe man einen kurzen Vortrag mit langer Diskussion geplant. Mitten in der Einleitung des Bürgermeisters klingelte dessen Handy und verdeutlichte so die Allgegenwärtigkeit der Technik.

Caroline Herr ging auf verschiedene Strahlungsarten ein: niederfrequente wie bei Hausstrom, hochfrequente wie bei Mobilfunk, Fernsehen, Rundfunk und Mikrowelle und ionisierende, radioaktive Strahlung. Eine von Jörg Michaelis (Mainz) geleitete Studie komme zu dem Ergebnis, dass niederfrequente Felder von Nachtspeicheröfen bei über 0,4 Mikrotesla Feldstärke erhöhtes Leukämierisiko bei Kindern bewirkten. Nach seiner Berechnung könnten drei bis vier von 620 kindlichen Leukämien in Deutschland auf solche Felder zurückgehen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufe extrem niederfrequente Strahlen als möglicherweise krebserzeugend ein.

Die Umweltmedizinerin warnte davor, Korrelationen zwischen zwei Ereignissen mit ursächlichen Zusammenhängen zu verwechseln. Scheinkorrelationen gebe es auch zwischen der Zahl der Störche in einem Gebiet und der Zahl der Kinder pro Familie. Auf diesen Vergleich reagierte ein Teil der Gäste mit Missfallen.

Kernpunkt des Streits ist die Festlegung von Grenzwerten für Mobilfunkstrahlung in Deutschland, die bisher ausschließlich sogenannte thermische (Wärme-) Effekte der Strahlung berücksichtigt. Diese seien die einzigen, die im Labor nachzuvollziehen seien, sagte Herr. Mobilfunkgegner bezweifeln dies und verweisen auf Studien. Beim Telefonieren dürfe sich der Kopf nicht um mehr als 0,1 Grad erwärmen, so Herr. Dies ergebe Feldstärken von 61 Volt pro Meter bei UMTS, 58 im E-Netz und 42 im D-Netz.

Zu den diskutierten nichtthermischen Wirkungen der Mobilfunkstrahlung gehörten Auswirkungen auf Zentralnervensystem, Blutbild, die Entstehung von Krebs und Befindlichkeitsstörungen. Laut Herr soll die Energie der Strahlung aber zu gering sein, um Tumore auszulösen. Eine Förderung vorhandener Tumore werde diskutiert. Versuche mit Zellkulturen, die eine genschädigende Wirkung gezeigt hätten, seien nicht wiederholbar gewesen und deshalb „nicht valide“ (gültig).

Kritisch setzte sich die Medizinerin auch mit der Naila-Studie von Hausärzten in der oberfränkischen Stadt auseinander. Diese hatten fünf Jahre nach Aufstellung eines Mobilsenders eine Verdreifachung der Krebsfälle im 400-Meter-Radius im Vergleich zum Fernbereich festgestellt.

Im Vergleich zum saarländischen Krebsregister gebe es in dem Gebiet aber keine erhöhte Krebsrate, kritisierte Herr. Es seien zudem alle Krebsfälle erfasst worden, auch solche, die mit anderen Umweltfaktoren zusammenhingen.

„Sie sind nicht ganz objektiv“, warf ihr ein Mann vor, der dafür Beifall erhielt. „Das ist alles einseitig“, kritisierte eine Frau. Auf den einstündigen Vortrag folgten 1,5 Stunden Diskussion. Viele Zuhörer, von denen einige bis aus Wald-Michelbach kamen, zitierten weitere Studien und verwiesen auf die ihrer Ansicht nach vorbildliche Mobilfunkveranstaltung von acht Odenwald-Bürgermeistern im April 2006 in Mörlenbach.

Eine Annäherung war in der aufgeheizten Atmosphäre nicht möglich. „Es ist nicht gut, dass Frau Herr heute alleine dieser Stimmung ausgesetzt war“, bilanzierte die Grüne Stadtverordnete Rosemarie Sutholt.

Vortrag „Mobilfunk – ein Gesundheitsrisiko“, Bürgerinitiative Lorsch am 6. Februar 2007(Dienstag) um 19.30 Uhr, Gasthaus „Stiftschänke“, Stiftstraße 7, Lorsch.
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Dr. Herr Uni Giessen in der Patsche

Beitragvon Anne » Mittwoch 14. Februar 2007, 23:12

Hallo,

dass nicht alle Umweltmediziner so leichtfertig denken wie Frau Herr von der Uni Gießen, habe ich heute in einer Sendung des BR Bürgerforum live erlebt. Dr. Scheiner aus München hat sehr kompetent Stellung zu Mobilfunk genommen.
Wie kommt es, dass selbst unter gleich ausgebildeten Leuten solche unterschiedlichen Meinungen bestehen? Könnte man diesbezüglich nicht doch zu der Befürchtung kommen, dass bei einem "umweltmedizinischen" [b]Mobilfunkbefürworter[/b] evtl. ein finanzieller Anreiz dahinterstecken könnte? Merkwürdigerweise sind es ja die gleichen "Umweltmediziner" aus Gießen, die wider besseres Wissen Müllverbrennungsanlagen gutachterlich befürworten.

Für mich liegt es eigentlich klar auf der Hand, wie die "Forschungsergebnisse" in Gießen zustande kommen.

LG Anne
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Prof. Dr. Herr Uni Giessen

Beitragvon Alex » Freitag 11. Mai 2007, 21:34

Caroline Herr - 2006 Verleihung des Titels „außerplanmäßige Professorin“
Justus-Liebig-Universität Gießen

Stellvertretende Europabeauftragte und Erasmus
den Fachbereich Medizin der JLU-Gießen
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