Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Juliane » Montag 11. August 2008, 09:42

Dissertation
zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin
an der Medizinischen Fakultät der
Ludwig-Maximilians-Universität zu München
vorgelegt
von
Florian Pilger

Psychoneuroimmunologische Marker und
Aminosäure-Spektrum bei Patienten mit
Somatisierungs-Syndrom und/oder Major
Depression versus Kontrollgruppe


\"2.4.2.3 Umweltbezogene Körperbeschwerden (UBK)

Laut AWMF-Leitlinien (AWMF, 2001, Leitlinie 9) steht UBK als Oberbegriff für eine Reihe definitionsgemäß

ähnlicher Symptomenkomplexe. Dazu gehören Krankheitskonzepte wie



das Multiple-Chemical-Sensitivity-Syndrom (MCS oder Chemisches Hypersensitivitätssyndrom),
das vor ca. 40 Jahren in den USA beschrieben wurde



die Idiopathic Environmental Intolerance (IEI) 76 oder


das Sick-Building-Syndrome (SBS) 77, möglicherweise infolge ungenügender Klimatisierung
von Räumen.

Überschneidungen bestehen mit sog.

Amalgam-bezogenen Beschwerden, sog. elektrischer Hypersensitivität,
Beschwerden nach Exposition mit Holzschutz- oder Lösungsmitteln, Insektiziden,

Schwermetallen u.ä. (alle nicht Gegenstand der ICD-10 oder des DSM-IV). In der Laienpresse

werden derartige Störungsbilder z.T. auch als

Ökohysterie und Ökohypochondrie oder 20th century
disease

bezeichnet.
Umweltbezogene Körperbeschwerden liegen laut

AWMF-Leitlinien 78 vor, wenn …


der Betroffene über verschiedene körperlich attribuierte Beschwerden spezifischer (z.B.
Schleimhautirritationen) oder unspezifischer Art (z.B. Müdigkeit) klagt



er die Ursache der Beschwerden in der Umwelt sieht - verbunden mit Ängsten hinsichtlich des
weiteren Beschwerdeverlaufs speziell bei anhaltender Exposition und



er sich zur Abklärung (wiederholt) an Ärzte wendet, die Untersuchung aber keinen Nachweis
einer Exposition

erbringt.
Csef spezifiziert den typischen

MCS-Beschwerdekomplex wie folgt (Csef, 2000, S.34f):


ZNS-Symptome: Kopfschmerzen, Müdigkeit, allgemeine Schwäche, Konzentrations- und
Merkfähigkeitsstörungen, Schlafstörungen, Schwindel und Ohnmacht



Reiz-Symptome: z.B. Augenbrennen oder Reizhusten und


Gastrointestinale Symptome: z.B. Völlegefühl, Blähungen, Durchfälle oder Bauchkrämpfe.
Zur

Ätiologie schreibt Csef weiter: „Hinter Umweltängsten, ‚Umweltkrankheiten\' und Vergiftungsängsten
verbergen sich nicht selten psychische Störungen: In den meisten Fällen liegt

keine
Intoxikation

vor\", d.h. beim Biomonitoring oder bei Schadstoffmessungen in der Wohnung und am
Arbeitsplatz finden sich

keine nachweisbaren Belastungen, obwohl der Autor im gleichen Zug Lösungsmittel, Pestizide, Holzschutzmittel, einige Schwermetalle, PCB 79 und Dioxine als prinzipiell
neurotoxische Substanzen kennzeichnet. Csef nennt entsprechend zwei Möglichkeiten für die

„Entstehung\" der Störung: Entweder führt das Umweltsyndrom zu psychischen Störungen oder

(primär) psychische Störungen werden irrtümlich auf Umweltgifte zurückgeführt. Bailer beschreibt

beim MCS bzw. der IEI jeweils erhöhte Angstskalen, Umweltsensibilitäts-Skalen und Skalen zu

Kognitionen über Körper und Gesundheit sowie eine starke Assoziation mit der Diagnose Somatoforme

Störung (Bailer et al., 2002).

Über grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Behandlung berichtet Rudolf: Die Ursache wird ja in

der Umwelt (häufig am Arbeitsplatz) gesehen (z.B. in Form von „Elektrosmog\"), dabei ist selten

eine Objektivierung der Ursachenattribution möglich. Häufig kommt es zu phobisch anmutendem

Vermeidungsverhalten, das wiederum leider oftmals auf explizite Empfehlungen entsprechender

Behandler bzw. Unterstützer zurückgeht (sog. „Iatrogene Phobie\"). Mögliche psychische Hintergründe

für die Beschwerden werden hingegen abgelehnt, es bestehen Ängste hinsichtlich des weiteren

Beschwerdeverlaufs, speziell bei anhaltender Exposition (Rudolf, 2000, S.311f). Ein guter

Therapieansatz besteht grundsätzlich in Beratung und „Re-Exposition\".\"




http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=974315028&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=974315028.pdf



- Editiert von Juliane am 11.08.2008, 09:53 -
Juliane
Alleswisser
 
Beiträge: 9305
Registriert: Freitag 16. Februar 2007, 21:54

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Juliane » Montag 11. August 2008, 09:56

Auch aus dieser Arbeit:

"5. Neue (pharmako-)therapeutische Ansätze „leuchten auf“: neben denen im Bereich der HPAAchse,
des serotonergen wie des Aminosäuren-Systems und der Neurogenese-Signalkaskaden
auch auf Ebene der Interleukine, aber eher integrativ-unterstützend als mono-pragmatisch.

6. Der Einfluss von persönlichem Denkstil, Stressempfänglichkeit und Emotionen auf das neurobiologische
Gesamtgeschehen scheint (als Gegenstand der Psychoneuroimmunologie) sowohl
für die Entstehung und Aufrechterhaltung, als auch die Heilung psychosomatischpsychiatrischer
Erkrankungen von zentraler Bedeutung. Ein chinesisches Sprichwort lautet:
„Du kannst nicht verhindern, dass die Vögel der Besorgnis über Deinem Kopf fliegen, aber Du
kannst verhindern, dass sie sich in Deinem Kopf ein Nest bauen.“"
Juliane
Alleswisser
 
Beiträge: 9305
Registriert: Freitag 16. Februar 2007, 21:54

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Annamaria » Montag 11. August 2008, 12:59

Liebe Juliane,

dieses letzte Zitat habe ich früher mal bei meiner Großmutter gelesen. Es dürfte tatsächlich ein sehr altes und weises "Wort" sein. Dieses fundierte Wissen freut mich natürlich für München. Aber ob man deshalb einen Doktortitel bekommen soll?
Der Rest der Dissertation ist ja wohl nicht dazu geeignet.

Ich würde gerne mal etwas Richtiges und Gescheites und Neues lesen. Müssen wir dazu wirklich "außerhalb" suchen, in Skandinavien, Japan, USA, Kanada, Australien ...

Liebe Grüße
Annamaria
Annamaria
Forenjunkie
 
Beiträge: 826
Registriert: Mittwoch 1. August 2007, 23:29

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Juliane » Montag 11. August 2008, 13:26

Zitat:"Ich würde gerne mal etwas Richtiges und Gescheites und Neues lesen."

Liebe Annamaria,

wenn ich so was finde, dann brauchen wir hier einen neuen Themenbereich.
Wie nennen wir den am Besten?
Wir müssen uns etwas ausdenken, was die zukünftigen Doktoren lockt.

Liebe Grüße Juliane
Juliane
Alleswisser
 
Beiträge: 9305
Registriert: Freitag 16. Februar 2007, 21:54

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Lucca » Montag 11. August 2008, 13:54

@ Annamaria

Leider muss man sich wirklich außer Landes orientieren, um an
wissenschaftlich relevantes Wissen über MCS und Umweltkrankheiten
ranzukommen.
Lucca
Forenjunkie
 
Beiträge: 1371
Registriert: Samstag 20. Januar 2007, 21:42

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Annamaria » Dienstag 12. August 2008, 01:57

Folgenden Spruch, groß auf der Rückscheibe eines Autos, sah ich heute:
"Fehlende PS werden durch Wahnsinn ersetzt"

Warum ich ihn in diesem Thread schreibe ?
Annamaria
Forenjunkie
 
Beiträge: 826
Registriert: Mittwoch 1. August 2007, 23:29

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Annamaria » Dienstag 12. August 2008, 08:43

Weil die deutsche "Forschung" wirre Ideen hervorbringt.
Annamaria
Forenjunkie
 
Beiträge: 826
Registriert: Mittwoch 1. August 2007, 23:29

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Juliane » Dienstag 12. August 2008, 09:11

Zitat:"Folgenden Spruch, groß auf der Rückscheibe eines Autos, sah ich heute:
"Fehlende PS werden durch Wahnsinn ersetzt"

Liebe Annamaria,


"Ist’s Wahnsinn auch, so hat es doch Methode"

Liebe Grüße Juliane
Juliane
Alleswisser
 
Beiträge: 9305
Registriert: Freitag 16. Februar 2007, 21:54

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Juliane » Dienstag 12. August 2008, 09:15

Und da fällt mir noch ein Zitat jenes Dichters ein:

"Something is rotten in the state of Denmark".

Heute müsste es heißen:

"Something is rotten in the state of Germany".
Juliane
Alleswisser
 
Beiträge: 9305
Registriert: Freitag 16. Februar 2007, 21:54

Eine Disseration der Ludwig-Maximilians-Universitä

Beitragvon Annamaria » Dienstag 12. August 2008, 11:59

Vorschlag für eine Dissertation an der LMU München


"Thema: Schilddrüsenszintigraphie bei MCS-Erkrankten. Wird das verwendete markierte Kontrastmittel ordnungsgemäß ausgeschieden?

Vorgehen: t-MCS-Erkrankte* , bei denen früher eine Schilddrüsenszintigraphie durchgeführt wurde, sollen daraufhin untersucht werden, ob die markierten Kontrastmittel wieder vollständig ausgeschieden wurden.
Dabei soll auch auf die unterschiedlichen verwendeten Kontrastmittel eingegangen und, soweit möglich, der Zeitfaktor berücksichtigt werden.
Geeignete Meßmethoden sind zu ermitteln und darzustellen.
Es sollten mindestens 100 MCS-Patienten nach Szintigraphie untersucht werden, damit ein einigermaßen repräsentatives Untersuchungsergebnis erwartet werden kann.
Aus gegebenem Anlass weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dieser Arbeit nicht um eine hypothesengestützte Umfrageaktion handelt.

Ergebnis: Als Ergebnis der Arbeit wird eine klare, durch Meßmethoden ermittelte und belegte Aussage zu der gestellten Frage erwartet."


Annamaria schlägt als Doktorvater, der dieses Thema vergibt (d.h. "ausschreibt" und betreut und "gegenzeichnet"), Herrn Prof. Dr. Dennis Nowak, Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München vor.

Die Umweltzentren der Universitäten Aachen, Berlin und Gießen mögen mir dies verzeihen.
Ich habe mich für ein Vorgehen von Süd nach Nord entschieden und bin sicher, dass sich noch 3 weitere geeignete Dissertationsthemen finden lassen, damit kein Zentrum leer ausgeht.

So wäre zum Beispiel sofort die noch näher auszuarbeitende Frage zu klären, ob und inwiefern das Kontrastmittel bei MCS-Erkrankten körperlich anderes bewirken kann als bei Gesunden, unabhängig von der Frage der Ausscheidungsmenge und -zeit.


* t-MCS-Erkrankte steht für tatsächlich MCS-Erkrankte. Dies stellt eine Grundvoraussetzung dar und wird deshalb im Folgenden, wie bei jeder Erkrankung, nicht mehr extra betont.


Annamaria für die LMU München
Annamaria
Forenjunkie
 
Beiträge: 826
Registriert: Mittwoch 1. August 2007, 23:29


Zurück zu Goldene Zitrone der Umweltmedizin

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 12 Gäste