Dissertation
zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin
an der Medizinischen Fakultät der
Ludwig-Maximilians-Universität zu München
vorgelegt
von
Florian Pilger
Psychoneuroimmunologische Marker und
Aminosäure-Spektrum bei Patienten mit
Somatisierungs-Syndrom und/oder Major
Depression versus Kontrollgruppe
\"2.4.2.3 Umweltbezogene Körperbeschwerden (UBK)
Laut AWMF-Leitlinien (AWMF, 2001, Leitlinie 9) steht UBK als Oberbegriff für eine Reihe definitionsgemäß
ähnlicher Symptomenkomplexe. Dazu gehören Krankheitskonzepte wie
•
das Multiple-Chemical-Sensitivity-Syndrom (MCS oder Chemisches Hypersensitivitätssyndrom),
das vor ca. 40 Jahren in den USA beschrieben wurde
•
die Idiopathic Environmental Intolerance (IEI) 76 oder
•
das Sick-Building-Syndrome (SBS) 77, möglicherweise infolge ungenügender Klimatisierung
von Räumen.
Überschneidungen bestehen mit sog.
Amalgam-bezogenen Beschwerden, sog. elektrischer Hypersensitivität,
Beschwerden nach Exposition mit Holzschutz- oder Lösungsmitteln, Insektiziden,
Schwermetallen u.ä. (alle nicht Gegenstand der ICD-10 oder des DSM-IV). In der Laienpresse
werden derartige Störungsbilder z.T. auch als
Ökohysterie und Ökohypochondrie oder 20th century
disease
bezeichnet.
Umweltbezogene Körperbeschwerden liegen laut
AWMF-Leitlinien 78 vor, wenn …
•
der Betroffene über verschiedene körperlich attribuierte Beschwerden spezifischer (z.B.
Schleimhautirritationen) oder unspezifischer Art (z.B. Müdigkeit) klagt
•
er die Ursache der Beschwerden in der Umwelt sieht - verbunden mit Ängsten hinsichtlich des
weiteren Beschwerdeverlaufs speziell bei anhaltender Exposition und
•
er sich zur Abklärung (wiederholt) an Ärzte wendet, die Untersuchung aber keinen Nachweis
einer Exposition
erbringt.
Csef spezifiziert den typischen
MCS-Beschwerdekomplex wie folgt (Csef, 2000, S.34f):
•
ZNS-Symptome: Kopfschmerzen, Müdigkeit, allgemeine Schwäche, Konzentrations- und
Merkfähigkeitsstörungen, Schlafstörungen, Schwindel und Ohnmacht
•
Reiz-Symptome: z.B. Augenbrennen oder Reizhusten und
•
Gastrointestinale Symptome: z.B. Völlegefühl, Blähungen, Durchfälle oder Bauchkrämpfe.
Zur
Ätiologie schreibt Csef weiter: „Hinter Umweltängsten, ‚Umweltkrankheiten\' und Vergiftungsängsten
verbergen sich nicht selten psychische Störungen: In den meisten Fällen liegt
keine
Intoxikation
vor\", d.h. beim Biomonitoring oder bei Schadstoffmessungen in der Wohnung und am
Arbeitsplatz finden sich
keine nachweisbaren Belastungen, obwohl der Autor im gleichen Zug Lösungsmittel, Pestizide, Holzschutzmittel, einige Schwermetalle, PCB 79 und Dioxine als prinzipiell
neurotoxische Substanzen kennzeichnet. Csef nennt entsprechend zwei Möglichkeiten für die
„Entstehung\" der Störung: Entweder führt das Umweltsyndrom zu psychischen Störungen oder
(primär) psychische Störungen werden irrtümlich auf Umweltgifte zurückgeführt. Bailer beschreibt
beim MCS bzw. der IEI jeweils erhöhte Angstskalen, Umweltsensibilitäts-Skalen und Skalen zu
Kognitionen über Körper und Gesundheit sowie eine starke Assoziation mit der Diagnose Somatoforme
Störung (Bailer et al., 2002).
Über grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Behandlung berichtet Rudolf: Die Ursache wird ja in
der Umwelt (häufig am Arbeitsplatz) gesehen (z.B. in Form von „Elektrosmog\"), dabei ist selten
eine Objektivierung der Ursachenattribution möglich. Häufig kommt es zu phobisch anmutendem
Vermeidungsverhalten, das wiederum leider oftmals auf explizite Empfehlungen entsprechender
Behandler bzw. Unterstützer zurückgeht (sog. „Iatrogene Phobie\"). Mögliche psychische Hintergründe
für die Beschwerden werden hingegen abgelehnt, es bestehen Ängste hinsichtlich des weiteren
Beschwerdeverlaufs, speziell bei anhaltender Exposition (Rudolf, 2000, S.311f). Ein guter
Therapieansatz besteht grundsätzlich in Beratung und „Re-Exposition\".\"
http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=974315028&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=974315028.pdf
- Editiert von Juliane am 11.08.2008, 09:53 -