Umwelt: Allergie gegen Klimawandel
Eine Harvard-Studie hat ergeben, dass der Treibhauseffekt Allergien und Atemnot verschärfen kann.
An Studien zum Klimawandel herrscht kein Mangel, der kürzlich in New York vorgestellte Report "Climate Change Futures" (CCF) birgt allerdings besondere Brisanz. Drei Jahre lang haben Wissenschaftler des "Center for Health and the Global Environment" an der Harvard Medical School Szenarien und Fallstudien zur Luftveränderung erarbeitet, unterstützt vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und der "Swiss Re", die als zweitgrößte Rückversicherung der Welt Expertisen einholt, welche neuen Risiken auf die Branche zukommen.
Ein alarmierendes Ergebnis betrifft allergische Krankheiten von Heuschnupfen bis Asthma. Denn offenbar regt die beständig steigende CO2-Konzentration in der Luft das Pflanzenwachstum an - und damit die Pollenproduktion. Die mit der Studie betraute Biologin Christine Rogers hat diesen Zusammenhang an einer Pflanze untersucht, die den verführerischen Namen Ambrosia artemisiifolia trägt, aber mit der legendären Speise der olympischen Götter wenig gemein hat. Das Gewächs wuchert in den USA häufig auf Brachflächen. In Mitteleuropa zählt es zur Gruppe der eingeschleppten Pflanzenarten, die sich hier mittlerweile unkontrolliert ausbreiten.
Ein extrem unbeliebter Import, denn der von diesem "Beifußblättrigen Traubenkraut" freigesetzte Pollen ist ein besonders wirksames Allergen. "Bereits kleinste Mengen von fünf Pollen pro Kubikmeter Luft genügen, um bei empfindlichen Personen zu einer allergischen Reaktion zu führen", warnt das Schweizerische Bundesamt für Umwelt, Wald und Landwirtschaft.
Die Harvard-Studie hat nun ermittelt, wie die Ambrosia-Art reagiert, wenn sich die CO2-Konzentration von gegenwärtig 350 ppm (parts per million) verdoppeln würde. Die Biomasse der Pflanzen legt um 61 Prozent zu, in gleichem Maße steigt die Pollenproduktion. Da mit zunehmender Kohlendioxid-Konzentration auch eine Temperaturerhöhung einhergeht, droht ein zweiter Effekt: Die Vegetationsperiode verlängert sich - was eine zusätzliche Belastung für Allergiker bedeuten würde.
Schon jetzt nehmen Allergien und Asthma weltweit dramatisch zu. In den USA hat sich der Anteil der Asthmatiker in der Bevölkerung zwischen 1980 und 1998 um zwei Drittel auf jetzt 7,5 Prozent erhöht, fast identische Zahlen nennt eine Studie des Robert-Koch-Instituts für Deutschland. Noch ist umstritten, ob bisher Gesunde häufiger allergische Reaktionen aufweisen, wenn mehr Blütenstaub in der Luft liegt. Sicher scheint jedoch, dass bereits bestehende Symptome sich unter diesen Umständen verstärken.
Dass der CO2-Gehalt der Luft tatsächlich beständig steigt, bestätigten mittlerweile Forscher, die an einem Eisbohrkern in der Antarktis die globale Klimageschichte rekonstruiert haben: Der Kohlendioxid-Wert ist in den letzten zwei Jahrhunderten von 280 auf 380 ppm geklettert - den höchsten Stand seit 650000 Jahren.
http://www.geo.de/GEO/mensch/medizin/4913.html