Hallo Juliane,
da hast du ja etwas ganz Tolles gefunden!
München kann Frau Prof. Herr wirklich empfehlen.
Nochmal einige Gedanken zu dem Artikel "Klinische Umweltmedizin"
http://www.aerzteblatt-international.de/v4/archiv/artikel.asp?id=60994
Der ICD-10 Code ist den Autoren, auch bei selektiver Literatur, bekannt.
Er wird bei den Erkrankungen, die den Autoren genehm sind, angeführt. Beispiele siehe unten.
Warum wird er bei MCS (T78.4) nicht angegeben?
Wohl kaum, weil die Autoren MCS im ICD-10 Code nicht gefunden haben. Wohl doch deshalb, weil auch damit ein Eindruck bei nicht informierten Lesern erzeugt werden soll: MCS- Das ist eine ganz "unklare Sache".
Ich hasse Spielchen auf dieser Ebene, wenn es um konkrete Fakten geht. Das sind Spielchen aus dem Bereich der Polemik, und die haben in wissenschaftlichen Arbeiten nichts zu suchen!
(Übrigens, wie euch sicher auch aufgefallen ist, ist das nicht die einzige Polemik.)
Angeblich umweltbedingte Krankheitserscheinungen sollen auf andere (sozusagen wirklich konkrete) Diagnosen zurückgeführt werden.
"Dies sind beispielsweise respiratorische Erkrankungen, (ICD J; circa 55 %), Hauterkrankungen (ICD L; 30 %) und MagenDarm-Erkrankungen (ICD K; circa 20 %)."
Kam es den Autoren schon mal in den Sinn, dass
1. diese "anderen klinischen Diagnosen" genau einige Phänomene der Krankheit MCS beschreiben?
2. diese "anderen klinischen Diagnosen" bei MCS-Patienten leider - ohne MCS-Kenntnis - auf keine der allgemein üblichen Ursachen zurückgeführt werden können, anders als bei anderen Patienten mit diesen Diagnosen?
Was ich damit meine?
Zu 1. Wer käme auf die Idee zu sagen:
"Scharlach? Gibt es nicht! Da wollen wir doch lieber diagnostizieren: Hauterkrankung. Erkrankung im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Fieberhafte Erkrankung."- Das ist doch Irrsinn!
Hier wird versucht, Krankheitserscheinungen, die zusammengehören, auseinander zu reden.
Zu 2. MCS: Beispiele: Leider lässt sich für die Hals- und Mandelentzündung keine Ursache feststellen. Ja, sie ist deutlich da, aber das Keimspektrum ist ganz normal. Verdauungsstörung? Ja, und auch deutlich geschwollene Schleimhaut, aber keine Erreger, keine Allergie.
Blutungen im Magen-Darm-Bereich? Ja, aber warum? Keine Ursache feststellbar. Und so weiter.
Nun, mir ist schon klar, wohin das eingeordnet gehört. Und das sollten die Ärzte schnellstens erfahren!
(Übrigens weiß ich das Einordnen nicht, weil ich so schlau bin, sondern weil es darüber Literatur gibt.
Der Versuch, zu zerreden, wird sich allerdings wegen der nicht zu klärenden Ursachen der "anderen Einzeldiagnosen" auf Dauer nicht durchhalten lassen.)
Zu MCS und Krebs:
Krebs, auch eine konkrete Erkrankung, die laut Autoren anstelle von Umwelterkrankungen diagnostiziert werden kann. Ist das die Frage: Wer war eher da, das Ei oder das Huhn?
Und wenn die Wissenschaft nicht bald weitermacht in Sachen Umwelt, werden wir noch viel mehr Krebsfälle haben.
Macht nichts! Herr Otto hat ja schon festgestellt, dass Krebs nichts mit Umweltfaktoren zu tun hat.
Zum Schluss noch ein Vorschlag zur Qualitätssicherung:
Nicht nur Angabe der verwendeten Literatur sondern auch Angabe der nicht verwendeten Literatur.
Dies ist in Zeiten umfangreicher Informationsbeschaffungsmöglichkeiten durchführbar und dürfte für Übersichtsartikel wie "Klinische Umweltmedizin" zwingend nötig sein zum richtigen Einordnen des Artikels durch den Leser.
Alternativ: Anpassen der Überschrift an das, was wirklich zu Grunde lag. Da würde sich anbieten: "Was einige deutsche Unikliniken über Umwelterkrankungen wissen und erzählen wollen".
Annamaria