Heute wurde mir folgender Zeitungsartikel bezüglich der Finanzlage der Stadt Nideggen zugemailt:
http://www.aachener-nachrichten.de/lokales/dueren-detail-an/2261612?_link=&skip=&_g=Die-letzte-Chance-Sparen-als-Kraftakt.html
Die letzte Chance: Sparen als Kraftakt
Von Burkhard Giesen 02.04.2012, 18:16
NIDEGGEN
Man mag es kaum glauben, aber es gibt tatsächlich Menschen, die den Nideggener Politikern durchaus eine «sachliche Gesprächskultur» attestieren. Dr. Klaus-Peter Timm-Arnold und Olaf Schwickardi von der Gemeindeprüfungsanstalt NRW (GPA) müssen den Nideggener Politikern quasi berufsbedingt auf die Finger klopfen.
Timm-Arnold ist Leiter der so genannten Task Force «Stärkungspakt Finanzen», also der Abteilung, die in NRW 32 klamme Kommunen bei dem Unterfangen berät, so viel Geld einzusparen, dass sie allerspätestens in zehn Jahren die Verschuldungspolitik gestoppt haben und wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Schwickardi leitet die Gruppe der Berater in Nideggen, die alle Einnahmen und Ausgaben der Stadt auf den Prüfstand stellt und dann die entsprechenden Empfehlung für die Politiker im Stadtrat abgibt.
«Ich war überrascht, dass über alle Parteigrenzen hinweg auch zu strittigen Fragen die sachliche Ebene in der Diskussion nicht verlassen wurde», berichtet Schwickardi von der ersten Beratungsrunde. Ein eindeutiges Lob. Dabei haben die Gemeindeprüfer, die sich in diesem Sondereinsatz als Berater verstehen, keinen leichten Job. Immerhin drängt die Zeit.
Bis zum 30. Juni muss Nideggen der Bezirksregierung einen Haushaltssanierungsplan vorlegen, mit dem deutlich wird, wie die hoffnungslos überschuldete Kommune das Haushaltsdefizit abbauen will. Nicht leicht wird der Job aber auch deshalb, weil die Berater schnell in die Rolle des Buhmanns gedrängt werden könnten. Im Jahr 2007, als die GPA die Finanzsituation der Stadt letztmals untersuchte, warfen die Prüfer eine einfache Frage auf: Muss eine finanziell klamme Kommune 18 Spielplätze, fünf Sportplätze, drei Sportheime, neun Friedhöfe, sechs Leichenhallen, fünf Sporthallen, sechs Feuerwehrgerätehäuser, fünf Bürgerhäuser und zwei Lehrschwimmbecken unterhalten?
Die Antwort aus GPA-Sicht lag auf der Hand. «Mindestens die Hälfte der Themen wird wieder auf unserer Liste stehen», sagt Olaf Schwickardi. «Unpopulär sind aber alle Maßnahmen, die wir vorschlagen.» Wohl gemerkt: Es sind nur Vorschläge, entscheiden muss die Politik selbst. «Für viele Kommunen ist das die letzte Chance, in einem geordneten Prozess die Handlungsfähigkeit zurück zu erlangen», sagt Dr. Klaus-Peter Timm-Arnold. Vielleicht ist das mit eine Aufgabe der Berater: Den Zeigefinger zu heben und deutlich zu machen, wie ernst die Lage ist.
Schwickardi und Timm-Arnold geht es in vielen Fällen um Grundsatzbeschlüsse, die den Weg zur Konsolidierung ebnen sollen. Schwickardi: «In einer Diskussion ist jedem klar, dass eine Vielzahl an Trauerhallen und Sportplätzen allein aufgrund der demografischen Entwicklung auf Dauer nicht mehr genutzt werden.» Soll heißen: Sobald man ins Detail einsteigt besteht die Gefahr, dass diese Erkenntnis ignoriert wird, weil jeder den eigenen Sportplatz behalten will.
Fertige Lösungen haben die Berater der Gemeindeprüfungsanstalt nicht parat. «Man muss quer denken, kreativ denken», sagt Schwickardi und nennt ein allgemeines Beispiel. «Man muss heute darüber nachdenken, welche Schulen wir in fünf bis zehn Jahren noch brauchen.» Draus könnte man zum Beispiel ableiten, ob es nicht sinnvoller wäre, alle Grundschulen in einer zusammenzufassen, oder Grundschulen mit Kindergärten in einem statt in zwei Gebäuden unterzubringen.
Dass der Abbau von Infrastruktur problematisch sein kann, darüber sind sich die Berater im Klaren. Schwickardi: «Natürlich ist es nicht sinnvoll, wenn eine Kommune, die gezielt um junge Familien wirbt, gleichzeitig viele Spielplätze abbaut.» Aber: «Wenn die Bevölkerung immer weiter schrumpft, muss sich das auch im Abbau der Infrastruktur niederschlagen.»
Zumindest dann, wenn eine Kommune sich die Infrastruktur nicht mehr leisten könne. Zumal die Alternative auch nicht verlockend klingt. «Man kann jetzt in einem Kraftakt mit Rat und Verwaltung die Handlungsfähigkeit wiederherstellen», sagt Timm-Arnold. Und: «Die Alternative, dass der Sparkommissar kommt, kann niemand wollen.»