"Energiewahn in der Wachstumswirtschaft
09.05.2011
von Rico Albrecht
„Wir brauchen keine Atomkraft, denn der Strom kommt aus der Steckdose…“ ist ein gern gebrauchtes Schlagwort, wenn man sich über Atomkraftgegner lustig machen will. Und dann fragt man sie, wo der ganze Strom denn herkommen soll. Viel intelligenter wäre jedoch die Frage, wo er eigentlich hingeht… Die Lüge vom Atomausstieg – und wie er wirklich geht.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gilt als Indikator für unseren Wohlstand. Wächst das BIP, dann geht es uns angeblich gut, bleibt es einmal „nur“ gleich, dann soll dies eine große Krise sein. Dabei gibt das BIP jedoch nur den Wert aller Waren und Dienstleistungen an, die innerhalb eines Jahres verbraucht werden. Neben den notwendigen Dingen, die den Menschen dienen, wird das BIP also auch dadurch erhöht, dass z.B. Waffen und Munition verbraucht werden, immer mehr kranke Menschen Medizin verbrauchen, sich immer mehr Menschen gegenseitig betrügen und dann verklagen, gigantische Propaganda- und Verwaltungsapparate die Menschen drangsalieren, immer mehr Ressourcen zu Müll verarbeitet werden und bei alldem immer mehr Energie verbraucht wird. All das schafft zwar jede Menge Arbeit, aber ist das etwa sozial?
Theoretisch gibt es auch Möglichkeiten, Einkommen zu generieren, das vom Wirtschaftswachstum und dem damit verbundenen Arbeitseinsatz und Energieverbrauch unabhängig ist. Man findet solche Lösungen jedoch leider nur jenseits des Tellerrandes unserer herrschenden Finanz- und Wirtschaftssysteme, weshalb sie bisher in Medien, Bildungswesen und Politik kaum diskutiert werden. Der Ausweg aus der Energieproblematik liegt in der Umstellung des Wirtschaftssystems, das auf ewiges Wachstum ausgelegt ist, auf eine Neuordnung, die einer ethisch einwandfreien Bedürfnisbefriedigung dient und Wohlstand auch ohne Wachstum ermöglicht. Solche Systeme gibt es in der Theorie schon lange – und sie würden auch praktisch funktionieren, wenn man sie nur zuließe.
Doch bevor solche Ansätze von den Machthabern überhaupt diskutiert werden, schlittern wir von einer Umweltkatastrophe in die nächste, denn der ewige Wachstumswahn zwingt uns, immer größere Risiken bei der Energiegewinnung einzugehen. Kaum ist die bisher größte Ölkatastrophe aus unserer Wahrnehmung verschwunden, haben wir nun – auch wenn dies inzwischen ebenfalls kein öffentliches Thema mehr ist – den nuklearen Super-GAU in Japan.
Während Fukushima noch lange nicht unter Kontrolle ist, muss in Tschernobyl nach 25 Jahren bereits ein neuer Sarkophag gebaut werden. Das dort in eine Betonhülle eingemauerte Strahlenmonster ist bei weitem nicht besiegt und muss von uns und unseren Nachkommen noch mindestens 100.000 Jahre lang in Schach gehalten werden.
Die Ukraine ist heute schon nicht mehr in der Lage, die Kosten für die Sanierung von Tschernobyl alleine zu stemmen, daher bekommt diese ehemalige Sowjet-Republik nun Finanzhilfen, unter anderem von uns. Und wir alle sind gut beraten, der Ukraine diese Hilfe zu gewähren, denn sobald man die Reaktor-Ruine auch nur einen Moment außer Acht lässt, fliegt der strahlende Staub erneut um die Erde und zerstört Leben. Vom vermeintlich billigen Strom hat damals nur die Sowjetunion profitiert, die Kosten tragen heute wir alle – und zwar nicht nur die finanziellen!
Ähnlich sieht es natürlich auch bei „unseren“ Atomkraftwerken aus, die ja nicht uns gehören sondern ihren privaten Betreibern. Die immensen Gewinne, die aus dem kurzfristig betrachtet „billigen“ Strom entstehen, stecken sich die Eigentümer der Konzerne in ihre eigenen Taschen – und in die der ihnen zugeneigten Politiker. Mit den entsprechenden Geldmengen fällt es ihnen leicht, die teuren Massenmedien so einzusetzen, dass diese die veröffentlichte Meinung zugunsten der gewünschten Politiker gestalten. Trotzdem gelten derartige Begünstigungen bis heute leider nicht offiziell als Korruption, denn das Geld bekommen die begünstigten Politiker dann nur indirekt vom Steuerzahler in Form von Diäten, Privilegien und Pensionen.
Die Installation atomkraftfreundlicher Politikdarsteller mag zwar heute, so kurz nach Fukushima etwas schwieriger sein als sonst, doch wir werden sehen, ob dieses Thema bis zur nächsten Wahl noch eine Rolle spielen wird und welche Versprechen dann wieder alternativlos gebrochen werden. Notfalls könnte man das Wahlvolk aber auch mit höheren Energiepreisen „zur Vernunft bringen“.
Während die Konzerneigentümer und ihre Politiker immer weiter absahnen, steht schon heute fest, wer die Folgekosten tragen soll. 100.000 Jahre Lagerung von Atommüll und Instandhaltung von Katastrophen-Reaktoren (mindestens so lange sind diese noch höchst gefährlich) werden den Steuerzahlern und ihren Nachkommen für die nächsten mindestens 4000 Generationen aufgebürdet.
Strahlende Hinterlassenschaften muss man jedoch als echte Verschuldung betrachten, denn im Gegensatz zu den Geldmengen, die moderne Staaten durch „Staatsverschuldung“ erzeugen und in Umlauf zu bringen, handelt es sich beim Strahlenmüll um echte Schulden, die nicht nur dazu dienen dem Steuerzahler das Geld für die Zinsen aus den Taschen zu ziehen.
Würde man die heute geschaffenen Reaktor-Ruinen und vorübergehenden „Endlager“ in die offiziell ausgewiesene Staatsverschuldung einkalkulieren, dann sähen die echten Kosten der Kernenergie ganz anders aus."
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http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/7784-energiewahn-in-der-wachstumswirtschaft